Das deutsche und europäische Umsatzsteuerrecht
Die deutsche Wirtschaft lebt vom Export. Alljährlich werden mehr Güter in andere Staaten geliefert als importiert. Ähnlich verhält es sich mit Dienstleistungen. Die meisten in Deutschland ansässigen Unternehmen sind über die Staatsgrenzen hinweg tätig. Die mit den grenzüberschreitenden Geschäften einhergehenden wirtschaftlichen Fragestellungen werden in den allermeisten Fällen gut gelöst. Geschäfte ins Ausland bringen aber auch zahlreiche umsatz- und ertragsteuerliche Aufgabenstellungen mit sich. Diese zu vernachlässigen, bedeutet letztlich die Rendite aufs Spiel zu setzen.
Ertragsteuerlich rücken Verrechnungspreise sowie die Frage der Begründung von Betriebsstätten mehr und mehr in den Fokus in- und ausländischer Finanzverwaltungen. Zudem stellt sich bei grenzüberschreitenden Sachverhalten häufig die Frage der Einbehaltung von Quellensteuern bzw. wie diese vermieden oder angerechnet werden können.
Umsatzsteuerlich gilt es sowohl das deutsche als auch das europäische Umsatzsteuerrecht im Auge zu behalten. Angesichts der sich schnell wandelnden Gesetzgebung und umfangreichen Rechtsprechung in diesem Bereich, fällt das selbst ausgewiesenen Praktikern in den Unternehmen schwer. Formalien und Meldepflichten sowie Verschärfungen bei Straf-, Haftungs- und Bußgeldvorschriften erschweren die Abwicklung von Geschäftsvorfällen und behindern die Effizienz unternehmensinterner Prozessabläufe.
Auch führt die immer stärker ausgeprägte Fokussierung von steuerlichen Außenprüfungen sowie der Steuerfahndung auf umsatzsteuerliche Sachverhalte zu erheblichen Risiken. Das ist nicht zuletzt auf den verstärkten Einsatz von Prüfungssoftware sowie auf die restriktive Anwendung des Gesetzes durch die Verwaltung (z. B. bei Rechnungsangaben) zurückzuführen. Schwerpunktmäßig werden insbesondere Leistungsbeziehungen mit Auslandsbezug geprüft. Dabei gehen die Prüfer immer öfter sehr formalistisch vor und verwehren beispielsweise bei Nichterfüllung der Buch- und Belegnachweisführung die Steuerfreiheit von grenzüberschreitenden Lieferungen, bei Konsignationslagerbestückungen oder bei „Ausstellung von Nullrechnungen“ im Rahmen grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Neben hohen Margenverlusten durch meist definitive Steuernachzahlungen drohen Zinszahlungen und Sanktionen im In- und (zusätzlich) im Ausland.
Allein im vergangenen Jahr 2013 erzielten bundesweit eingesetzte 1.908 Umsatzsteuer-Sonderprüfer ein Mehrergebnis von 1,97 Milliarden Euro. Dies bedeutet 1,0 Millionen Euro pro eingesetzten Prüfer (Mitteilung des BMF vom 28. April 2014). Hierbei sind die Mehrergebnisse im Bereich der Umsatzsteuer im Rahmen regulärer Betriebsprüfungen noch gar nicht berücksichtigt.