Demgegenüber beschreiten die Standards der Global Reporting Initiative (GRI) zur freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattung einen anderen Weg. So sieht der GRI 207 seit dem Geschäftsjahr 2021 eine Integration von qualitativen und quantitativen steuerlichen Angaben in den Nachhaltigkeitsbericht als wesentliche Weiterentwicklung des Country by Country Reporting, kurz CbCR, vor. Der GRI 207 gilt seit dem Berichtsjahr 2021 für alle Unternehmen, die sich bei der Erstellung ihres Nachhaltigkeitsberichts am GRI-Standard orientieren und das Thema „Steuern“ als wesentlich für ihr Unternehmen identifizieren.
GRI 207: Tax 2019 - Verknüpfung von Steuertransparenz und Nachhaltigkeit
Der GRI 207: Tax 2019 (kurz: GRI 207) ist ein Teil des Global Reporting Standards (kurz: GRI), dem globalen Rahmenwerk, das Unternehmen freiwillig für ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung nutzen können. Der Leitfaden wurde von der weltweit anerkannten Global Reporting Initiative herausgegeben und konzentriert sich auf die dezidierte Offenlegung von steuerbezogenen Informationen. Damit liegt erstmals eine Empfehlung vor, die die steuerliche Transparenz von Unternehmen mit nachhaltigem Unternehmenshandeln verbindet.
Hinweis: Da es sich bei der Anwendung der GRI-Standards für die nichtfinanzielle Berichterstattung lediglich um eine Empfehlung handelt, besteht derzeit keine Pflicht zur Anwendung des GRI 207.
Warum der Standard für Unternehmen relevant ist
Auch wenn Unternehmen ihre nichtfinanzielle Berichterstattung nicht nach dem GRI-Standard erstellen, kann es sich lohnen, sich mit den Anforderungen an eine steuerliche Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinanderzusetzen. Interne und externe Stakeholder erwarten zunehmend Transparenz über die Steuerpraktiken von Unternehmen. Die Offenlegung von Steuerpraktiken kann daher als Teil des Reputationsmanagements Vertrauen und Glaubwürdigkeit schaffen und dem Unternehmen so einen Wettbewerbsvorteil am Markt sichern.
Unternehmen, die sich mit dem GRI 207 auseinandersetzen, bereiten sich zudem auf die weltweit steigenden regulatorischen Anforderungen an ESG-konformes Handeln vor. Denn auch wenn es im Steuerbereich derzeit noch keine gesetzlichen Vorgaben gibt, zeigen die internationalen Entwicklungen deutlich, dass auch die Steuerfunktion eines Unternehmens zukünftig in die Pflicht genommen werden könnte. US-GAAP (ASC 740) fordert bspw. die Offenlegung von unsicheren Steuerpositionen, weil dies als Indiz für aggressive Steuerplanung gewertet wird. Entsprechend weist auch GRI 207 darauf hin, dass unsichere Steuerpositionen in Übereinstimmung mit konsolidierten Finanzberichten offengelegt werden können.
Nicht zuletzt leistet eine Nachhaltigkeitsberichterstattung im Steuerbereich einen Beitrag zum Risikomanagement. Denn ein klares Verständnis und Management von Steuerrisiken ist entscheidend für die finanzielle Stabilität und Nachhaltigkeit eines Unternehmens.
Die Berichterstattung nach GRI 207 im Überblick
Der GRI 207 fordert von Unternehmen eine systematische Berichterstattung zu steuerlichen Themen. Er gliedert sich in zwei Komponenten, den Managementansatz, in dem Ausführungen zur Steuerstrategie, das steuerliche Risikomanagement und die Einbindung der Stakeholder zu machen sind, sowie eine themenspezifische Offenlegung quantitativer Informationen in Form von sog. CbCRs. Konkret sind Angaben zu den folgenden vier Regelungsbereichen erforderlich.
Steuerkonzept
Unter dieser Überschrift sollen Unternehmen ihr Steuerkonzept und dessen Umsetzung offenlegen. Dabei soll nicht nur beschrieben werden, wie das Unternehmen die Einhaltung der steuerrechtlichen Vorschriften sicherstellt, sondern auch, wie die Steuerstrategie mit der Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens verknüpft ist und inwiefern steuerliche Entscheidungen soziale und ökonomische Auswirkungen haben.
Tax Governance, Kontrolle und Risikomanagement
Weiter fordert der Berichtsstandard eine Darstellung der internen Prozesse zur Steuerung von Steuerrisiken und zur Sicherstellung der Tax Compliance. Konkret soll erläutert werden, wie solche Risiken identifiziert, gesteuert und überwacht werden und welche Reputationsrisiken sich aus dem Steuerbereich für das Unternehmen ergeben können.
Einbeziehung von Stakeholdern und Management
Neben der Darstellung von internen Prozessen sieht GRI 207 auch die Dokumentation der Interaktion mit externen Stakeholdern vor. Dazu gehören neben der Offenlegung der steuerpolitischen Einflussnahme einschließlich der Lobbyarbeit und Verbandsmitgliedschaften auch die Beschreibung der Zusammenarbeit mit Finanzbehörden, des Austauschs mit weiteren externen Stakeholdern und dem Umgang mit den von diesen vertretenen Ansichten und Bedenken.
Länderbezogene Berichterstattung
Ergänzend zu den zuvor genannten Erläuterungen zum Managementansatz des Unternehmens erfordert der vierte Regelungsbereich eine Aufschlüsselung der wirtschaftlichen Aktivitäten und Steuerbeiträge für alle Länder, in denen das Unternehmen einen Sitz oder Ort der Geschäftsleitung hat. U. a. sind dabei neben Namen der ansässigen Gesellschaften und der Haupttätigkeit der Organisationen Angaben zur Anzahl und Vergütung der Angestellten und zu den gezahlten und entstandenen Ertragsteuern zu machen und eine qualitative steuerliche Überleitungsrechnung zu erstellen.
Hinweis: Die in diesem Teilbereich geforderten Informationen lehnen sich an das Country-by-Country Reporting nach den Vorgaben der OECD an, sind aber nicht mit diesem identisch. Die qualitativen Angaben des länderbezogenen Berichts nach § 138a AO können daher nur eingeschränkt für die Offenlegung nach den Anforderungen des GRI 207 verwendet werden.
Zusätzlich zu diesen spezifischen Anforderungen müssen Unternehmen, die den GRI 207 anwenden, eine Wesentlichkeitsanalyse durchführen, um festzustellen, welche ökonomischen, ökologischen und sozialen Themen die größten Auswirkungen durch ihre Geschäftstätigkeit haben.
Kritische Würdigung
Unternehmen haben sich zwischenzeitlich mit zahlreichen Berichtspflichten auseinander zu setzen, die jeweils unterschiedliche inhaltliche Anforderungen vorgeben.
Abgesehen von einer Flut an nicht mehr einzuordnenden Informationen wäre es wünschenswert, im Sinne eines Bürokratieabbaus und im Hinblick auf höheres Maß an Übersichtlichkeit die geforderten Angaben zu konsolidieren und nach Möglichkeit in einen Bericht zu fassen.
Was Unternehmen tun sollten
Mit Blick auf die voraussichtlich zunehmenden Berichterstattungspflichten auch im Steuerbereich sollten sich Unternehmen frühzeitig mit dem GRI 207 Standard vertraut machen und eine Bestandsaufnahme ihrer aktuellen Steuerpraktiken und -berichterstattung durchführen. Anschließend ist es ratsam, interne Prozesse zur Erhebung und Verwaltung der erforderlichen Daten zu etablieren bzw. anzupassen. Dabei sollte insbesondere auf die Integration bestehender Systeme (bspw. die Verknüpfung des Tax CMS mit dem ESG-Reporting) und auf eine interdisziplinäre Herangehensweise geachtet werden. Schließlich sollten Unternehmen in den Dialog mit ihren Stakeholdern treten, um deren Erwartungen zu verstehen und diese in die Berichterstattung einfließen zu lassen.
Da die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie im Steuerbereich und die Implementierung bzw. Anpassung der dafür notwendigen Prozesse eine komplexe und kapazitätsintensive Aufgabe sein kann, empfiehlt sich die Unterstützung durch ein interdisziplinäres Beraterteam mit Erfahrung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung an. Unsere Experten stehen Ihnen hierbei gerne zur Seite.