Der Sachverhalt:
Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der von ihr errichteten Y1-GmbH. Die Y2-GmbH war in derselben Branche tätig. 2005 wurden verschiedene notariell beurkundete Vereinbarungen geschlossen (UR-Nr. 0001 bis 0004/2005). In dem Vertrag UR-Nr. 0001/2005 verkaufte die Y2-GmbH der Y1-GmbH einen bestimmten Geschäftsbereich mit den dazugehörigen, näher beschriebenen Wirtschaftsgütern zu einem mit einer Gleitklausel versehenen Gesamtkaufpreis. Zu dem Geschäftsbetrieb gehörte auch ein Grundstück. Dazu hieß es im Vertrag, der Verkäufer verkaufe das in einer Anlage näher bezeichnete Grundstück; der Käufer nehme hiermit das Verkaufsangebot an. Welcher Teil des Kaufpreises auf das Grundstück entfiel, war nicht festgelegt. Der Vertragsvollzug war im Wege der aufschiebenden Bedingung an den Abschluss ergänzender Vereinbarungen geknüpft, zu denen ein notariell beglaubigter Vertrag über die Übertragung des Grundstücks sowie der Anteilsübertragungsvertrag gehörte.
Mit dem Vertrag unter UR-Nr. 0002/2005 kaufte die Y2-GmbH von der Klägerin einen Geschäftsanteil von 24,9 % an der Y1-GmbH. In der Urkunde UR-Nr. 0003/2005 regelten die Klägerin und die Y2-GmbH ihre Rechtsverhältnisse als Mitgesellschafter der Y1-GmbH und vereinbarten u.a. beidseitige Optionsrechte für den Rückkauf des vorgenannten Geschäftsanteils an der Y1-GmbH durch die Klägerin. Die Klägerin konnte die ihr zustehende "Call Option" jederzeit durch notariell beglaubigte Erklärung abgeben. In derselben Urkunde (0003/2005) erklärten die Parteien den Abschluss des Kaufvertrags über den Geschäftsanteil mit wirtschaftlicher Wirkung zum Optionsstichtag. Die Y2-GmbH erklärte die Abtretung unter der aufschiebenden Bedingung des Optionsclosingtages. Unter der UR-Nr. 0004/2005 schlossen die Parteien den in der UR-Nr. 0001/2005 vorgesehenen Grundstückskaufvertrag mit Auflassung. 2007 (Urkunde UR-Nr. 1/2007) übte die Klägerin die Call Option aus und nahm die Abtretung an.
2012 führte ein anderes Finanzamt eine Prüfung betreffend die Grunderwerbsteuer bei der Klägerin durch. Es kam zu der Auffassung, dass die Ausübung der Option im Zusammenhang mit dem Vertrag von 2005 (UR-Nr. 0003/2005) ein Rechtsgeschäft nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG begründe (Vereinigung von 100 % der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft unmittelbar in der Hand der Klägerin). § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG greife entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ein. Das Finanzamt setzte daraufhin Grunderwerbsteuer fest. Die Klägerin focht beide Bescheide an. Mit ihrer Klage berief sie sich auf § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG und stellte vorsorglich den danach erforderlichen Antrag.
Das FG gab der Klage aus formellen Gründen statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn u.a. der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG). Die Vorschrift ist über ihren Wortlaut hinaus auch auf Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG anwendbar.
Die Vorschrift ist einschlägig, wenn auf einen steuerbaren Erwerb durch Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ein Rückerwerb folgt, der zwar für sich nicht steuerbar ist, der aber bewirkt, dass das für die Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung maßgebende Quantum von 95 % unterschritten wird. Den im Streitfall vorliegende umgekehrte Fall (fehlende Steuerbarkeit des ersten Erwerbs, Steuerbarkeit des Rückerwerbs) hat der BFH bisher noch nicht entschieden. Voraussetzung wäre jedenfalls, dass bei dem vorausgegangenen Erwerbsvorgang, auf den sich die wirkliche oder vermeintliche Rückgängigmachung bezieht, das betreffende Grundstück dem Veräußerer grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen war, mithin wenigstens eine logische Sekunde vor dem Erwerbsvorgang in den grunderwerbsteuerlichen Zurechnungsbereich des Veräußerers gelangt ist. Fehlt es daran, so liegt kein Rückerwerb, sondern ein Ersterwerb vor.
So verhielt es sich vorliegend, denn der Anspruch auf Übereignung wurde entweder zeitgleich oder danach, jedenfalls aber nicht davor begründet. Gleichwohl war der Streitfall an die Vorinstanz zur weiteren Sachverhaltsermittlung und erneuten Entscheidung zurückzuverweisen, da das FG keine Feststellungen zu etwaigen verjährungshemmenden oder verjährungsunterbrechenden Tatbeständen getroffen hatte.
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