Der Sachverhalt:
Klägerin ist eine grundbesitzende KG. Gesellschafter der Klägerin waren zunächst Y als Kommanditist mit einer Einlage von 1 Mio. DM und die vermögensmäßig nicht beteiligte X-GmbH als Komplementärin. Im April 2000 verkaufte der Y eine Kommandit- und Hafteinlage i.H.v. 490.000 DM (= 49 % des Kommanditkapitals) sowie 51 von 100 Gesellschafterstimmen an die E-GmbH & Co. KG. Die Abtretung der Kommandit- und Hafteinlage wurde in das Handelsregister (HR) eingetragen. Im Januar 2001 übertrug Y einen weiteren Teil der an der Klägerin bestehenden Kommandit- und Hafteinlage i.H.v. 10.000 DM (= 1 % des Kommanditkapitals) - ohne die damit verbundenen Gesellschafterstimmen - auf die E-GmbH & Co. KG. Auch diese Abtretung wurde in das HR eingetragen.
Das Darlehen war während seiner Laufzeit tilgungsfrei. Es sollte mit der Annahme des Angebots auf Erwerb der Kommanditbeteiligung durch die F-GmbH & Co. KG zur Rückzahlung fällig und durch Verrechnung mit dem Kaufpreisanspruch des Y aus der Veräußerung des Kommanditanteils getilgt werden. Zur Sicherung des Darlehens sollte Y die Kommanditbeteiligung an der Klägerin an die F-GmbH & Co. KG abtreten. Im privatschriftlichen Sicherungsabtretungsvertrag über eine Kommanditbeteiligung aus Dezember 2004 vereinbarten Y als Sicherungsgeber und die F-GmbH & Co. KG als Sicherungsberechtigte, dass Y die Kommanditbeteiligung an der Klägerin von 50 % einschließlich 49 Gesellschafterstimmen an die F-GmbH & Co. KG abtritt.
Die Sicherungsabtretung wurde weder in das HR eingetragen noch dem Finanzamt mitgeteilt. Dieses ging davon aus, dass durch die Sicherungsabtretung der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt sei. Die F-GmbH & Co. KG sei als Treuhänderin handels- und zivilrechtlich Gesellschafterin der Klägerin geworden. Innerhalb von fünf Jahren habe sich der Gesellschafterbestand der Klägerin zu 100 % geändert. Feststellungen zum Rückerwerb des Kommanditanteils durch Y enthielt der Bescheid nicht. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.
Gründe:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Sicherungsabtretung des Kommanditanteils von 50 % an der Klägerin vom 30.12.2004 zu einer steuerbaren Änderung des Gesellschafterbestandes der Klägerin geführt hatte und die Verletzung der Anzeigepflicht die Berücksichtigung des Rückerwerbs und damit eine Aufhebung der Feststellung des grunderwerbsteuerbaren Rechtsvorgangs ausgeschlossen hat.
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG als ein auf die Übereignung dieses Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes liegt vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der grundbesitzenden Personengesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht. Die Änderung des Gesellschafterbestandes nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG kann in einem einzelnen Rechtsvorgang oder in Teilakten über einen Zeitraum von längstens fünf Jahren erfolgen.
Neue Mitglieder einer grundbesitzenden Personengesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG können natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften sein. Ein Gesellschafter ist neu i.S.d. § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG, wenn er zivilrechtlich erstmals ein Mitgliedschaftsrecht an einer bestehenden grundbesitzenden Personengesellschaft erwirbt oder wenn er innerhalb von fünf Jahren nach dem erstmaligen Erwerb des Mitgliedschaftsrechts seine Beteiligung durch den Erwerb weiterer Anteile am Gesellschaftsvermögen aufstockt. § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG stellt für die maßgebliche Änderung des Gesellschafterbestandes auf einen Fünfjahreszeitraum ab.
Demzufolge sind grunderwerbsteuerrechtlich Änderungen des Gesellschafterbestandes innerhalb dieses Zeitraums maßgeblich. Wegen der zeitraumbezogenen Betrachtung kann auch die Änderung der Beteiligung eines neuen Mitglieds der Personengesellschaft innerhalb des Fünfjahreszeitraums zur Verwirklichung des Tatbestands beitragen, selbst wenn sich dadurch der Gesellschafterbestand als solcher zivilrechtlich nicht ändert.
Ein Gesellschafter verliert grunderwerbsteuerrechtlich die Eigenschaft als neuer Gesellschafter erst mit Ablauf von fünf Jahren; er wird zu diesem Zeitpunkt in Bezug auf das während des Fünfjahreszeitraums zum Gesellschaftsvermögen gehörende Grundstück Altgesellschafter. Insoweit unterscheidet sich die grunderwerbsteuerrechtliche von der zivilrechtlichen Betrachtungsweise. Zivilrechtlich ist ein Gesellschafter neu, wenn er erstmals ein Mitgliedschaftsrecht an der Personengesellschaft erwirbt. Insofern führte im vorliegenden Fall der Sicherungsabtretungsvertrag zu einer steuerbaren Änderung des Gesellschafterbestandes nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG innerhalb des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums. Die gesonderte Feststellung des steuerbaren Vorgangs nach § 1 Abs. 2a GrEStG konnte auch nicht wegen eines Rückerwerbs i.S.d. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG unterbleiben. Denn die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG war schon deshalb ausgeschlossen, weil es an einer ordnungsgemäßen Anzeige des Erwerbsvorgangs i.S.d. § 16 Abs. 5 GrEStG fehlte.
Nach § 16 Abs. 5 GrEStG gelten die Vorschriften der Abs. 1 bis 4 des § 16 GrEStG nicht, wenn einer der in § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt war (§§ 18, 19 GrEStG). Im Streitfall war die Anwendung von § 16 Abs. 2 GrEStG deshalb ausgeschlossen da die Klägerin den Erwerbsvorgang aufgrund des Sicherungsabtretungsvertrags der Grunderwerbsteuerstelle nicht angezeigt hatte, obwohl sie dazu als Steuerschuldnerin nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a i.V.m. § 13 Nr. 6 GrEStG verpflichtet war.
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