Bisher höchstrichterlich ungeklärt war, ob der auf den aufstehenden Baumbestand entfallende Kaufpreisanteil beim Erwerb eines Grundstücks auch dann der Grunderwerbsteuer unterliegt, wenn der Bestand zur Bewirtschaftung begründet wurde.
Bis ins Jahr 2019 war diese Frage ersichtlich auch instanzgerichtlich nicht geklärt. In 2019 nahmen dann jedoch mit dem Finanzgericht Düsseldorf in der Rechtssache 7 K 3217/18 GE und dem Finanzgericht Münster in der Rechtssache 7 K 168/19 GrE gleich zwei Finanzgerichte Stellung und gaben den jeweiligen Klägern Recht. In beiden Fällen legte die Finanzverwaltung Revision ein. Die Entscheidung des Finanzgerichts Münster wurde nunmehr durch Beschluss vom 23.02.2022 (Az. II R 45/19) durch den BFH bestätigt. In der Parallelsache des Finanzgerichtes Düsseldorf, die von unserem Partner Stefan Liedtke betreut wurde, gab das Gericht ebenso dem Kläger per Gerichtsbescheid recht.
Der BFH bestätigte nun in der Sache, dass eine Weihnachtsbaumplantage ein Scheinbestandteil eines Grundstücks im Sinne des § 95 BGB ist. Denn der Scheinbestandteil ist nur für einen vorübergehenden Zweck mit der Hauptsache verbunden, selbst wenn die Verbindung eine lange Zeit andauert. Ob die Verbindung vorübergehend ist, ist im Zeitpunkt der Begründung der Verbindung zu beurteilen. Bei der Einbringung von Baumschulpflanzen ist das der Fall, da diese zu späterer Zeit vollständig aus dem Boden entnommen werden. Bei der Einbringung von Weihnachtsbäumen ist das nach der nun vorliegenden Entscheidung zumindest dann der Fall, wenn das nicht lebensfähige Wurzelwerk im Boden verbleibt. Noch nicht entschieden ist letztlich der Fall der Einbringung von Bäumen zur Holzgewinnung. Auch in diesem Fall verbleibt das Wurzelwerk nach der Holzernte im Boden. Wie im Fall der Weihnachtsbäume ist das für die Einordnung des Bestandes als Scheinbestandteil unerheblich. Soweit die Holzproduktion viele Jahrzehnte in Anspruch nimmt, wohingegen die Weihnachtsbaumkultur nur auf wenige Jahre angelegt ist, ist das nach der Rechtsprechung des BFH für die Einordnung als Scheinbestandteil ebenfalls unerheblich.
Das hat zur Folge, dass beim Erwerb von Waldgrundstücke zwei Kaufgegenstände vorliegen; zum einen das Grundstück, also der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes unter einer besonderen Nummer eingetragen ist, und zum anderen der aufstehenden Bestand.
Der Grunderwerbsteuer unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nur der Kaufpreisanteil, der auf den Erwerb des Grundstücks entfällt. Soweit der Kaufpreis auf den Erwerb des aufstehenden Bestandes entfällt, unterliegt dieser nicht der Grunderwerbsteuer.
In typischen Waldkauffällen unterliegt daher nur ein Bruchteil des Gesamtkaufpreises der Grunderwerbsteuer.
Hinweis: In einer Vielzahl von Grundstückskaufverträgen übersieht die zuständige Behörde erfahrungsgemäß, dass neben dem Kaufpreis für das schlichte Grundstück nebst seiner wesentlichen Bestandteile auch Kaufpreise für nicht der Grunderwerbsteuer unterliegende Vertragsgegenstände vereinbart werden und unterwirft den Gesamtkaufpreis der Besteuerung. Es ist daher stets empfehlenswert, Grunderwerbsteuerbescheide prüfen zu lassen - nicht nur im Fall des Erwerbes von land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken.