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Steuerberatung

Grunderwerbsteuer: Drohende Mehrfachbesteuerung und Inkrafttreten des MoPeG

Das Grund­er­werb­steu­er­recht kommt seit Jah­ren nicht zur Ruhe: Seit 2021 ha­ben meh­rere Ge­set­zesände­run­gen zu Ver­schärfun­gen bei Trans­ak­tio­nen via „Share deal“ geführt. Ne­ben den Ab­sen­kun­gen der maßgeb­li­chen Be­tei­li­gungs­quo­ten und deut­li­chen Verlänge­rung von Be­hal­tens­zeiträumen wur­den zu­letzt die Steu­er­fol­gen nicht ord­nungs­gemäßer An­zei­gen mas­siv ver­schärft (§ 16 Abs. 4a und 5 GrEStG). Mit gleich­lau­ten­den Er­las­sen vom 16.10.2023 hat die Fi­nanz­ver­wal­tung nun auf zwei Ent­schei­dun­gen des BFH (über)rea­giert.

Sie kommt darin zu dem Er­geb­nis, dass ein Grundstück meh­re­ren Ge­sell­schaf­ten grund­er­werb­steu­er­lich zu­ge­rech­net wer­den und da­mit auch mehr­fach be­steu­ert wer­den kann. Er­freu­li­cher ist die Ent­wick­lung im Zu­sam­men­hang mit dem Mo­PeG: Durch eine Überg­angs­re­ge­lung wird si­cher­ge­stellt, dass Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten bis 2026 wei­ter­hin für Zwecke der Grund­er­werb­steuer als Ge­samt­hand gel­ten und insb. grund­er­werb­steu­er­li­che Begüns­ti­gun­gen wei­ter­hin in An­spruch neh­men können.

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Zu­rech­nungs­er­lasse

Die Grund­er­werb­steuer be­steu­ert Er­werbs­vorgänge an Grundstücken. Die sog. Ergänzungs­tat­bestände des § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG er­wei­tern den Be­steue­rungs­ge­gen­stand auf An­teilsüber­tra­gun­gen, wenn sich diese (mit­tel­bar) auf grund­be­sit­zende Ge­sell­schaf­ten be­zie­hen. Die Frage, wann eine Ge­sell­schaft „grund­be­sit­zend“ ist, be­stimmt sich da­bei nicht nach dem Zi­vil­recht, son­dern nach der „grund­er­werb­steu­er­li­chen Zu­rech­nung“, die auf der Recht­spre­chung des BFH be­ruht. Bei Trans­ak­tio­nen, die sich auf mehrstöckige Struk­tu­ren be­zie­hen, be­darf es da­her der Be­stim­mung der grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft. Hier­aus er­gibt sich der grund­er­werb­steu­er­bare Vor­gang, der Steuer- und da­mit An­zei­ge­pflich­tige als auch das zuständige Fi­nanz­amt.

Der BFH hat in zwei Ent­schei­dun­gen (Az. II R 44/18 und II R 40/20) ent­schie­den, ab wann Grundstücke ei­ner Ge­sell­schaft je­den­falls nicht bzw. nicht mehr zu­zu­rech­nen sind. Die Fi­nanz­ver­wal­tung greift in den gleich­lau­ten­den Er­las­sen vom 16.10.2023 die vom BFH ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen zur Zu­rech­nung von Grundstücken auf und kommt zu dem Er­geb­nis, dass ein Grundstück in mehrstöcki­gen Struk­tu­ren gleich­zei­tig meh­re­ren Ge­sell­schaf­ten zu­zu­rech­nen sein kann. Ein Share deal kann so­mit hin­sicht­lich die­ses Grundstücks mehr­fach der Grund­er­werb­steuer un­ter­lie­gen. Ein Grundstück ist ei­ner Ge­sell­schaft u.a. zu­zu­rech­nen, wenn sie einen Er­werbs­vor­gang nach § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG ver­wirk­licht. Diese Zu­rech­nung be­en­det al­ler­dings nicht die Zu­rech­nung des Grundstücks bei der (zi­vil­recht­lich) grundstücks­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft selbst (Er­werb des Grundstücks i. S. v. § 1 Abs. 1 oder 2 GrEStG). Ein nach­fol­gen­der Ge­sell­schaf­ter­wech­sel an der Ge­sell­schaft, die den Tat­be­stand gem. § 1 Abs. 3 oder 3a GrEStG ver­wirk­licht hat, soll das Grundstück dann auf zwei Ebe­nen er­fas­sen: bei ihr selbst und der ori­ginär grundstücks­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft. Die Er­lasse se­hen kei­ner­lei Bil­lig­keits­re­ge­lun­gen vor und sol­len in al­len of­fe­nen Fällen an­zu­wen­den sein. Vorgänge nach § 1 Abs. 2a oder 2b GrEStG führen hin­ge­gen nicht zu ei­ner Grundstücks­zu­ord­nung beim Neu­ge­sell­schaf­ter nach die­sen Grundsätzen.

Hin­weis: Die Er­lasse führen zu er­heb­li­chen (Be­triebsprüfungs-)Ri­si­ken. Die Steu­er­fol­gen im Rah­men von Share deals müssen im Vor­feld ge­nau ana­ly­siert wer­den, um die An­zei­ge­pflich­ten frist­ge­recht zu erfüllen. Ge­gen die Dop­pel­be­steue­rung kann nur auf dem Rechts­weg vor­ge­gan­gen wer­den. Es ist zwei­fel­haft, dass sich die Ge­richte der An­sicht der Fi­nanz­ver­wal­tung hier an­schließen wer­den.

Mo­PeG

Das im Jahr 2021 be­schlos­sene Ge­setz zur Mo­der­ni­sie­rung des Per­so­nen­ge­sell­schafts­rechts (Mo­PeG) wird nun­mehr zum 01.01.2024 in Kraft tre­ten. Mit der Einführung des (Ge­sell­schafts-)Vermögens bei Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten wird der Ge­samt­hands­be­griff weit­ge­hend ab­ge­schafft. Die­ser ist al­ler­dings die Ba­sis für meh­rere grund­er­werb­steu­er­li­che Be­frei­ungs­tat­bestände. Es war und ist stark um­strit­ten, wel­che Fol­gen dies für künf­tige Grundstücksüber­tra­gun­gen von oder auf Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten aber auch für be­reits lau­fende Sperr­fris­ten auslösen wird. Zunächst war im Rah­men des Wachs­tums­chan­cen­ge­set­zes eine Re­ge­lung ge­plant, wo­nach Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten für Zwecke der Grund­er­werb­steuer bis 2026 wei­ter­hin als Ge­samt­hand und de­ren Vermögen als Ge­samt­hands­vermögen gel­ten sol­len. Zwar konnte das Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren zum Wachs­tums­chan­cen­ge­setz bis Ende 2023 nicht zum Ab­schluss ge­bracht wer­den. Die Re­ge­lung wurde al­ler­dings in das Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren zum Kre­ditz­weit­marktförde­rungs­ge­setz über­tra­gen und in die­sem Zuge be­schlos­sen. Da­mit können insb. die grund­er­werb­steu­er­li­chen Be­frei­ungs­tat­bestände für Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten bis Ende 2026 wei­ter­hin ge­nutzt wer­den. Es bleibt ab­zu­war­ten, was dann ab 2027 gilt. Der Ge­setz­ge­ber hat hierzu be­reits ver­lau­ten las­sen, dass er an ei­ner um­fas­sen­den Über­ar­bei­tung des Grund­er­werb­steu­er­rechts ar­bei­ten wird.

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