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Grunderwerbsteuerliche Ersatzbemessungsgrundlage ab 1.1.2009 nicht mehr anwendbar

In Fällen des Er­werbs ei­ner Im­mo­bi­lie, in de­nen keine Ge­gen­leis­tung vor­han­den oder zu er­mit­teln ist, so­wie in Fällen von Um­struk­tu­rie­run­gen oder Ände­run­gen des Ge­sell­schaf­ter­be­stands, durch die Grund­er­werb­steuer aus­gelöst wird, ist der Er­mitt­lung der Steuer eine Er­satz­be­mes­sungs­grund­lage zu Grunde zu le­gen. Die Re­ge­lung dazu ist laut ei­ner Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ver­fas­sungs­wid­rig und auf Er­werbs­vorgänge ab dem 1.1.2009 nicht mehr an­zu­wen­den.

Das BVerfG erklärt mit Be­schluss vom 23.6.2015 (Az. 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11) die Re­ge­lung über die Er­satz­be­mes­sungs­grund­lage nach § 8 Abs. 2 GrEStG für ver­fas­sungs­wid­rig. Die man­gels Ge­gen­leis­tung her­an­zu­zie­hende Er­satz­be­mes­sungs­grund­lage (sog. Be­darfs­wert) müsse, um mit dem Gleich­heits­satz nach Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar zu sein, der Re­gel­be­mes­sungs­grund­lage weit­ge­hend an­genähert sein. Die mit Hilfe der Be­wer­tungs­vor­schrif­ten (§§ 138 ff BewG) er­mit­telte Er­satz­be­mes­sungs­grund­lage führe aber z. B. bei be­bau­ten Grundstücken im Durch­schnitt zu einem Wert von 50 % un­ter dem ge­mei­nen Wert. Bei un­be­bau­ten Grundstücken werde durch­schnitt­lich ein Be­wer­tungs­ni­veau von rund 70 % der Ver­kehrs­werte er­reicht.

Auf Grund der fest­ge­stell­ten Ver­fas­sungs­wid­rig­keit und man­gels nen­nens­wer­ter Ge­fahr für eine verläss­li­che Fi­nanz- und Haus­halts­pla­nung der Länder erklärt das BVerfG die Re­ge­lung über die Er­satz­be­mes­sungs­grund­lage rück­wir­kend für nicht mehr an­wend­bar. Die Er­satz­be­mes­sungs­grund­lage darf so­mit für Er­werbs­vorgänge ab dem 1.1.2009 nicht mehr an­ge­wen­det wer­den, lau­fende Steu­er­fest­set­zungs­ver­fah­ren sind aus­zu­set­zen. Der Ge­setz­ge­ber wird ver­pflich­tet, bis spätes­tens 30.6.2016 rück­wir­kend zum 1.1.2009 eine Neu­re­ge­lung zu tref­fen.

Be­trof­fen von der Ent­schei­dung des BVerfG sind alle Er­werbs­vorgänge ab dem 1.1.2009,

  • bei de­nen keine Ge­gen­leis­tung vor­han­den oder zu er­mit­teln war,
  • bei Um­wand­lun­gen, Ein­brin­gun­gen oder an­de­ren Er­werbs­vorgängen auf ge­sell­schafts­ver­trag­li­cher Grund­lage,
  • in den Fällen des Ge­sell­schaf­ter­wech­sels nach § 1 Abs. 2a GrEstG, der An­teils­ver­ei­ni­gung nach § 1 Abs. 3 GrEStG oder der Ände­rung der wirt­schaft­li­chen Be­tei­li­gung von min­des­tens 95 % nach § 1 Abs. 3a GrEStG.

Hinweis

Un­klar ist mo­men­tan, wie die Fi­nanz­ver­wal­tung nun bis zu ei­ner Ge­set­zesände­rung in den Fällen (Ein­brin­gun­gen, An­wachs­un­gen und Um­wand­lungsfälle, die sich un­mit­tel­bar auf das Grundstück aus­wir­ken) ver­fah­ren wird, in de­nen eine Un­be­denk­lich­keits­be­schei­ni­gung für die Ände­rung im Grund­buch benötigt wird.

Laut gleich­lau­ten­dem Länder­er­lass vom 17.6.2011 (BStBl. I 2011, S. 575 bzw. zu­vor Länder­er­lass vom 1.4.2010, BStBl. I 2010, S. 266) sind bis­lang Steu­er­fest­set­zun­gen, in de­nen die Er­satz­be­mes­sungs­grund­lage zur An­wen­dung kommt, vorläufig nach § 165 AO er­gan­gen. Folg­lich ist hier mit ei­ner Ände­rung der Steu­er­fest­set­zun­gen zu rech­nen, so­bald der Ge­setz­ge­ber eine rück­wir­kend an­zu­wen­dende Neu­re­ge­lung ge­fasst hat. So­fern Be­scheide nicht mit Vorläufig­keits­ver­merk er­gan­gen und for­mell be­standskräftig sind, dürfte eine Ände­rung ver­fah­rens­recht­lich nicht mehr möglich sein.

Er­werbs­vorgänge bis 31.12.2008 blei­ben von der Ent­schei­dung des BVerfG un­berührt. Die Un­an­wend­bar­keit der Er­satz­be­mes­sungs­grund­lage steht zu­dem nicht der Steu­er­er­he­bung un­ter An­wen­dung der Re­gel­be­mes­sungs­grund­lage nach § 8 Abs. 1 GrEStG ent­ge­gen.  

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