Grundsätzlich ist ein Gegenstand nach § 39 Abs. 1 AO dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer zuzurechnen. Ausnahmsweise kann das Grundstück nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO dem sog. wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen sein. Ein Grundstückserwerber erlangt das wirtschaftliche Eigentum am Grundstück regelmäßig ab dem Zeitpunkt, ab dem er wirtschaftlich über das Grundstück verfügen kann. Dies ist der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber übergegangen sind.
Im Streitfall schloss eine Grundstückseigentümerin mit einer KG einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über ein Grundstück. Der Übergang von Nutzen und Lasten auf die KG sollte zum xx.01.2006 erfolgen. Aufgrund eines bestehenden Vorkaufsrechts, gegen dessen Ausübung die KG erfolglos klagte, erwarb jedoch der Vorkaufberechtigte das Grundstück. Abweichend vom ursprünglich mit der KG geschlossenen Kaufvertrag wurde darin der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten zum xx.09.2010 vereinbart, da die KG bis zu diesem Datum im Besitz des Grundstücks gewesen sei. Das Finanzamt hatte zunächst Einheitswertbescheide und Grundsteuermessbescheide auf den 01.01.2007 gegenüber der KG erlassen. Nach Kenntnis von der rechtskräftigen Ausübung des Vorkaufsrechts erließ das Finanzamt entsprechende Grundsteuermessbescheide auf den 01.01.2007 gegenüber der Vorkaufberechtigten.
Laut Urteil des BFH vom 23.02.2021 (Az. II R 44/17) sind diese Bescheide aufzuheben. Zwar könnten Grundstücke für Zwecke der Grundsteuer gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ausnahmsweise dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen sein. Die Vorkaufsberechtigte sei jedoch zum 01.01.2007 noch nicht wirtschaftlicher Eigentümer gewesen. Der Grundstückseigentümer und die Vorkaufsberechtigter konnten - wie vorliegend erfolgt - den Übergang von Nutzen und Lasten abweichend von den in dem ursprünglichen Kaufvertrag festgelegten Bedingungen auf einen späteren Zeitpunkt festlegen.