Insbesondere bei der Immobilienbewertung im Ertrags- und Sachwertverfahren führen die Neuregelungen zu Änderungen der Wertermittlung.
Ertragswertverfahren
Konkret sind Änderungen bei dem Ertragswertverfahren vorgesehen mittels dem Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke zu bewerten sind.
Bislang erfolgt die Ermittlung des Gebäudereinertrags ausgehend von der Jahresmiete abzüglich pauschaler Bewirtschaftungskosten.
Dabei sieht das Gesetz im ersten Schritt bei den Bewirtschaftungskosten den Ansatz von Erfahrungssätzen, welche von den zuständigen Gutachterausschüssen ermittelt und veröffentlicht werden, vor. Da diese in der Praxis regelmäßig mangels Ermittlung nicht vorliegen, kommt es zum Ansatz gesetzlich vorgegebener pauschalisierter Bewirtschaftungskosten, die in Abhängigkeit von Grundstücksart und Restnutzungsdauer zwischen 18 % und 26 % der Jahresmiete liegen.
Zukünftig werden die Bewirtschaftungskosten detaillierter in Abhängigkeit von wesentlich mehr Parametern ermittelt. Der Gesetzentwurf sieht eine Unterscheidung von Bewirtschaftungskosten für Wohnnutzung und für gewerbliche Nutzung vor. Die Bewirtschaftungskosten für eine zu bewertende Immobilie werden dann auf Basis der Wohn- bzw. Nutzfläche und des Rohertrages unter Unterteilung in Verwaltungs-, Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis berechnet. Dafür werden in einer neuen Anlage zum Bewertungsgesetz pauschale Werte je Einheit bzw. je Quadratmeter sowie Prozentsätze des jährlichen Rohertrages aufgeführt. Es wird erwartet, dass diese Berechnung der Bewirtschaftungskosten zu einem geringeren Abzugsbetrag bei der Ermittlung des Gebäudereinertrags und somit zu einem höheren Grundbesitzwert führen wird. Außerdem ist die Ermittlung aufwendiger als bislang.
Für die Ermittlung des Ertragswertes einer Immobilie werden außerdem Liegenschaftszinssätze benötigt. Hier sieht das Gesetz im ersten Schritt ebenfalls den Ansatz von durch die Gutachterausschüsse ermittelten und veröffentlichten Werten vor. Insoweit keine veröffentlichten Werte vorliegen, werden pauschale, gesetzlich vorgegebene Liegenschaftszinssätze verwendet. Diese Sätze liegen künftig in Abhängigkeit von der Art des Grundstücks um 0,5 bis 1,5 Prozentpunkten unterhalb der bisherigen Vorgaben, so dass sich auch aus diesem Grunde regelmäßig höhere Grundbesitzwerte ergeben dürften.
Sachwertverfahren
Beim Sachwertverfahren, mit dem u. a. Ein- und Zweifamilienhäuser, Wohnungseigentum und Teileigentum zu bewerten sind, sofern keine geeigneten Vergleichswerte vorliegen, soll das Berechnungsschema um zwei zusätzliche Faktoren ergänzt werden. So sollen die ermittelten durchschnittlichen Gebäudeherstellungskosten mit einem Regionalfaktor und einem Alterswertminderungsfaktor multipliziert werden. Durch den Regionalfaktor werden Unterschiede zwischen dem regionalen Baukostenniveau und dem bundesweit durchschnittlichen Baukostenniveau berücksichtigt. Die Regionalfaktoren werden wiederum durch die Gutachterausschüsse ermittelt.
Bei der Bewertung im Sachwertverfahren ist bislang bereits die Berücksichtigung einer Alterswertminderung vorgesehen. Diese wird nun durch den Alterswertminderungsfaktor - laut Begründung des Gesetzentwurfs wertneutral - ersetzt.
Des Weiteren erfolgt eine deutliche Anhebung der bisher bereits verwendeten Sachwertfaktoren, was wiederum zu deutlich höheren Grundbesitzwerten führen wird. Mit dem Sachwertfaktor wird der anhand des bewertungsrechtlichen Berechnungsschemas ermittelte, vorläufige Sachwert einer Immobilie multipliziert, um den finalen Grundbesitzwert zu berechnen.
Beispiel: Bei einem Einfamilienhaus ergibt sich ein vorläufiger Sachwert von 400.000 Euro. Der Bodenrichtwert beträgt 1.000 Euro.
Grundbesitzwert nach bisheriger Regelung (Wertzahl 1,1) | 440.000 Euro |
Grundbesitzwert nach geplanter Regelung (Wertzahl 1,5) | 600.000 Euro |
Differenz | 160.000 Euro |
Steigerung von | 36,36 % |
Erbbaurecht
Ebenso sind Änderungen bei der Bewertung eines Erbbaurechts zu erwarten. Auch hier ist eine Erweiterung des Berechnungsschemas um einen neuen Erbbaurechtskoeffizienten sowie eine Reduzierung des pauschal gesetzlich vorgegebenen Vervielfältigers vorgesehen, so dass mit höheren Werten zu rechnen ist.
Zeitliche Anwendung
Die Modifizierungen gelten für Grundstücksbewertungen mit einem Bewertungsstichtag nach dem 31.12.2022.
Praxishinweis
Da sich bereits durch die steigenden Bodenrichtwerte in den meisten Gebieten in Deutschland höhere Grundbesitzwerte nach dem Bewertungsgesetz ergeben und die dargestellten Änderungen zu einer weiteren Erhöhung führen werden, könnte es sich anbieten, etwaig vorgesehene Schenkungen noch vor dem 31.12.2022 vorzunehmen.