Der Sachverhalt:
Der Kläger war in den Streitjahren 2005 bis 2008 freiberuflich als Kabarettist tätig. In dieser Zeit absolvierte er jährlich etwa 120 öffentliche Auftritte. Dafür erhielt er außer den Gagen Zahlungen der GEMA und der VG-Wort. Losgelöst von den Auftritten erzielt der Kläger Einnahmen aus CD-Verkäufen.
Der Kläger ermittelte den Gewinn aus seiner freiberuflichen Tätigkeit durch Überschussrechnung. Nach einer Betriebsprüfung stellte sich das Finanzamt nachträglich auf den Standpunkt, dass das Büro einkommensteuerrechtlich nicht als Betriebsstätte sondern als häusliches Arbeitszimmer zu behandeln sei. Es bilde ferner nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage überwiegend statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt war nicht berechtigt, die Betriebsausgaben für das Büro aufgrund der Betriebsprüfung zu streichen. Es war bereits bei der Veranlagung bekannt, dass das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 Hs. 2 EStG bildete. Abzustellen war auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung, nicht auf die Vorstellung des betroffenen Steuerpflichtigen.
Das Wort "Kabarett" stammt vom französischen "cabaret" (Schänke oder Kneipe) und beschreibt eine Form der darstellenden (Klein-)Kunst. Die für seinen Beruf wesentliche und prägende Leistung erbringt ein Kabarettist auf der Bühne, wo er auftritt und seine Kunst dem Publikum in Gestalt eines Vortrags präsentiert. Das gilt auch, wenn er ‑ wie hier - seine Vorträge von der ersten Idee über das Verfassen der Texte bis zu den letzten Details der Darbietung selbst produziert. Zwar sah sich der Kläger als "vortragenden" Autor. Da sich seine Autorentätigkeit im Arbeitszimmer aber ganz überwiegend auf seine eigenen Vorträge bezog, trat sie in ihrer Bedeutung hinter seinen Auftritten zurück und diente ebenso wie das Einüben lediglich der Vorbereitung. Der Kläger konnte nicht mit einem Buchautor verglichen werden, der abgesehen von gelegentlichen Lesungen nicht vom Vortrag seiner Texte, sondern alleine von deren Verkauf lebt. Dass der Kläger in den Streitjahren aus dem Verkauf von CDs Einnahmen erzielt hatte, die eigenständige und von den Auftritten losgelöste Leistungen waren, änderte an dem vorstehenden Ergebnis nichts. Denn diese gewerbliche Tätigkeit hatte der Kläger keinesfalls im Arbeitszimmer ausgeübt.
Ein Arbeitszimmer ist häuslich, wenn der betreffende Raum seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, also zur Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehört. Das war bei dem angemieteten Büro nicht der Fall. Denn es handelte sich um eine gesonderte Wohneinheit, die der Kläger für seine freiberufliche Tätigkeit als Kabarettist nutzte und die von seiner Privatwohnung vollständig getrennt war. Dass sich beide Wohnungen auf derselben Etage direkt gegenüber befanden, änderte an der rechtlichen Beurteilung nichts.
Nach BFH-Rechtsprechung liegt eine innere häusliche Verbindung mit der privaten Lebenssphäre regelmäßig nicht vor, wenn der Steuerpflichtige in einem Mehrfamilienhaus zusätzlich zu seiner privaten Wohnung eine weitere Wohnung anmietet und diese vollständig als Arbeitszimmer nutzt. Gleiches hat auch zu gelten, wenn sich der Sachverhalt - wie hier - in einem Geschäftshaus mit einer Wohnetage im Dachgeschoss abspielt. Die erforderliche Verbindung zur häuslichen Sphäre ist in diesem Fall nicht allein deshalb gegeben, weil sich Arbeitszimmer und Privatwohnung im selben Haus und unter demselben Dach befinden. Die rechtliche Bewertung ist in solchen Gebäuden grundsätzlich anders als bei Arbeitszimmern in einem privaten Ein- oder Zweifamilienhaus, das dem Steuerpflichtigen womöglich selbst gehört.
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