Der Sachverhalt:
Der Kläger ist als Logopäde in angemieteten Räumen tätig. Im Rahmen der Gewinnermittlungen für die Einkommensteuererklärungen hatte er Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer 2010 in der Wohnung und ab 2011 im privat genutzten Einfamilienhaus geltend gemacht. Die Betriebsprüferin war der Ansicht, dass für Bürotätigkeiten ein anderer Arbeitsplatz als im häuslichen Arbeitszimmer zur Verfügung stehe und daher nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG die Kosten des Arbeitszimmers nicht als Betriebsausgabe anerkannt werden könnten.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az.: III R 9/16 anhängig.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Unrecht die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers nicht steuermindernd berücksichtigt.
Nach Überzeugung des Senats steht dem Kläger für die Ausübung seiner erforderlichen Büro- und Verwaltungstätigkeiten kein anderer Arbeitsplatz im konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise zur Verfügung, so dass die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers bis zu dem gesetzlichen Höchstbetrag von 1250 € in Abzug gebracht werden können. Zunächst kann von ihm nicht erwartet werden, dass er seine Bürotätigkeiten in den Praxisräumen erledigt. Denn zum einen wohnt er in einer anderen Stadt und müsste insoweit regelmäßige nicht unerhebliche Fahrleistungen (einfache Entfernung: ca. 47 km, Fahrtdauer ca. ¾ Stunde) auf sich nehmen, zum anderen ist er nach eigenen Angaben in der Praxis nicht tätig, hält sich demnach nicht regelmäßig vor Ort auf, und wird die dortige Praxis mit einem Therapieraum sowie einem Hörraum von einer Angestellten genutzt, die dort auch die fachliche Leitung hat.
Soweit das Finanzamt der Ansicht war, dass der Kläger seine Praxisräume nutzen könne, folgte der Senat dem nicht. Der Kläger hatte dargestellt, dass in der Praxis drei Therapieräume vorhanden sind, die aufgrund der Schallisolierung und der Einrichtung mit PC mit logopädischer Spezialsoftware sowie teilweise mit Aktenschränken, in denen sich ausschließlich Therapiematerialien befinden, gesondert ausgestattet sind und einem besonderen Praxiskonzept unterliegen. Es handelt sich damit um Betriebsräume, die nur eingeschränkt für andere Tätigkeiten nutzbar sind. Darüber hinaus beschäftigt der Kläger in seiner Praxis drei angestellte Arbeitskräfte, so dass die Räume weitestgehend dauerhaft genutzt werden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Patienten teilweise während der Therapiestunde die Räume wechseln, um spezielle Trainings durchzuführen.
Dem Kläger war zuzugestehen, dass die Vornahme von Bürotätigkeiten, insbesondere Abrechnungen für Patienten sowie Lohnabrechnungen der angestellten Mitarbeiter, vertraulich zu behandeln sind und demzufolge entsprechender Schriftverkehr und notwendige Akten nicht oder nur sehr begrenzt offen in der Praxis aufbewahrt werden können. Insoweit finden die vorhandenen Räume auch eine Einschränkung dadurch, dass die Patienten während der Therapiestunden teilweise unterschiedliche Räume nutzen. Dem Kläger ist es daher nicht unbeschränkt möglich, über einen längeren Zeitraum einen Raum für seine Verwaltungs- und Bürotätigkeiten zu nutzen. Der Kläger kann auch nicht darauf verwiesen werden, die Bürotätigkeiten in den Abendstunden oder am Wochenende außerhalb der Praxisöffnungszeiten in der Praxis auszuführen. Allerdings ist die Frage der Zumutbarkeit der Nutzung betrieblicher Räume durch Selbstständige außerhalb der üblichen Praxiszeiten vom BFH noch nicht abschließend entschieden worden.
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