Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Streitjahr 2006 mit seiner Ehefrau ein beiden Ehegatten gehörendes Einfamilienhaus bewohnt. Er erklärte für das Streitjahr aus der Vermietung mehrerer Objekte Mieteinnahmen i.H.v. 94.047 € und Werbungskosten i.H.v. insgesamt 99.852 €. Mit seinem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 machte der Kläger erstmals für ein häusliches Arbeitszimmer in dem Einfamilienhaus Aufwendungen i.H.v. 804 € bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, da das Zimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bilde. Er verwies dabei auf einen "Tätigkeitsbericht" über die Arbeiten, die er in diesem Raum verrichtet habe, sowie auf Fotos u.a. eines Schreibtisches, diverser Büroschränke und Regale sowie diverser Leitzordner. Im Arbeitszimmer steht ein Computer.
Auf die Revision des Finanzamtes hat der IX. Senat des BFH dem Großen Senat des BFH folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:
- Setzt der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraus, dass der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird?
- Sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer entsprechend den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats vom 21.9.2009 (Az.: GrS 1/06) aufzuteilen?
Der Große Senat hat nun festgestellt, dass der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird.
Die Gründe:
Der Große Senat teilt nicht die Auffassung des vorlegenden Senats. Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebundenen Raum, der sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch - in mehr als nur untergeordnetem Umfang - zu privaten Zwecken genutzt wird, sind insgesamt nicht abziehbar.
Ein häusliches Arbeitszimmer setzt neben einem büromäßig eingerichteten Raum voraus, dass es ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird. Fehlt es hieran, sind die Aufwendungen hierfür insgesamt nicht abziehbar. Damit scheidet eine Aufteilung und anteilige Berücksichtigung im Umfang der betrieblichen oder beruflichen Verwendung aus.
Neben dem allgemeinen Wortverständnis ist zu beachten, dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzgebungsmotive ausdrücklich an den herkömmlichen Begriff des "häuslichen Arbeitszimmers" angeknüpft hat. Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt aber seit jeher voraus, dass der Raum wie ein Büro eingerichtet ist und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einnahmen genutzt wird. Diese Auslegung dient dazu, den betrieblich/beruflichen und den privaten Bereich sachgerecht voneinander abzugrenzen, Gestaltungsmöglichkeiten zu unterbinden und den Verwaltungsvollzug zu erleichtern. Im Fall einer Aufteilung sind diese Ziele jedoch nicht zu erreichen, da sich der Umfang der jeweiligen Nutzung innerhalb der Wohnung des Steuerpflichtigen nicht objektiv überprüfen lässt.
Auch die Nutzung eines Zeitenbuchs kann nicht als geeignete Grundlage für eine Aufteilung angesehen werden, da die darin enthaltenen Angaben keinen über eine bloße Behauptung des Steuerpflichtigen hinausgehenden Beweiswert haben. Ebenso mangelt es an Maßstäben für eine schätzungsweise Aufteilung der jeweiligen Nutzungszeiten. Im Fall einer Aufteilung ist vor allem keine sachgerechte Abgrenzung des betrieblichen/beruflichen Bereichs von der privaten Lebensführung gewährleistet.
Diese Ansicht steht in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Großen Senats vom 21.9.2009 (Az.: GrS 1/06). Danach sind Reiseaufwendungen bei gemischt beruflich/betrieblichen und privat veranlassten Reisen nach Maßgabe der Zeitanteile der Reise aufteilbar. Dem kam hier keine Bedeutung zu, da § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG eine allgemeinen Grundsätzen vorgehende Spezialregelung ist. Offen bleiben konnte die vom X. Senat aufgeworfene Frage, ob es sich bei derartigen Aufwendungen mangels objektiv nachprüfbarer Kriterien dem Grunde nach überhaupt um anteilige Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt. Geklärt ist dagegen, dass Aufwendungen für eine sog. "Arbeitsecke" nicht abzugsfähig sind, da derartige Räume schon ihrer Art und ihrer Einrichtung nach erkennbar auch privaten Wohnzwecken dienen.
Hintergrund:
Die Grundsatzentscheidung betrifft die durch das Jahressteuergesetz 1996 eingeführte Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer. In seiner heute geltenden Fassung sind Aufwendungen hierfür nur unter der Voraussetzung abziehbar, dass für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Höhe der abziehbaren Aufwendungen ist dabei grundsätzlich auf 1.250 € begrenzt; ein weiter gehender Abzug ist nur möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 1 EStG).
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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