Das umfangreiche Abkommen, das zwischenzeitlich in allen Sprachen der EU veröffentlicht wurde, regelt die unterschiedlichsten Bereiche zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, damit auch den Warenverkehr.
Das Abkommen wird zunächst vorläufig angewendet. Die vorläufige Anwendung endet frühestens am 28.2.2021, eine Verlängerung ist jedoch bereits in Diskussion. Eine Ratifizierung durch das Europäische Parlament steht noch aus, wird aber derzeit im ersten Halbjahr 2021 erwartet.
Mit Blick auf den Warenverkehr wurde kein „Frei“handel im eigentlichen Sinne vereinbart, sondern ein Präferenzabkommen erzielt. Somit wird Ursprungsware des jeweils anderen Vertragspartners bevorzugt behandelt. Im Ergebnis kann Ware regelmäßig ohne Erhebung von Zöllen importiert werden. Einfuhrumsatzsteuer wird hingegen dennoch fällig. Die Regelungen ähneln damit denen, die im Warenverkehr mit der Schweiz oder Kanada gelten.
Auch wenn keine Zölle auf Ursprungsware erhoben werden, ist dennoch für jede Ein- und Ausfuhr aus dem Gebiet der EU in das Vereinigte Königreich und umgekehrt eine Zollanmeldung abzugeben. Darauf basierend wird geprüft, ob tatsächlich Ursprungsware vorliegt, auf die kein Zoll entrichten ist, ober ob es sich um Ware mit Ursprung außerhalb dieser Gebiete handelt und somit Zoll anfällt.
Im Detail erscheinen in Bezug auf den Warenhandel zudem vor allem folgende ausgewählte Regelungen des Abkommens von besonders hoher Relevanz:
- Im Rahmen der Tarifierung von Waren wird das „Harmonisierte System“ angewendet, d.h. die ersten 6 Stellen einer Zolltarifnummer werden von beiden Parteien als identisch anerkannt.
- Unabhängig vom Ursprung werden keine Abgaben auf Waren des zollrechtlich freien Verkehrs erhoben, die nach vorübergehender Ausfuhr zur Reparatur re-importiert werden.
- Hinsichtlich des Zollwertes einigt man sich auf die Einhaltung der GATT Prinzipien (General Agreement on Tariffs and Trade). Die bekannten Zollwertprinzipien werden demnach auch zwischen der EU und UK angewendet.
- Der Status des Authorised Economic Operator (AEO) wird gegenseitig anerkannt.
Hinsichtlich des Warenursprungs wurde u. a. Folgendes festgelegt:
- Die Ursprungsregeln folgen grundsätzlich dem, was wir von anderen Freihandelsabkommen kennen. Ware, die von der Begünstigung profitieren soll, muss entweder vollständig in einer der Abkommens-Parteien hergestellt oder dort ausreichend be- oder verarbeitet worden sein.
- Die Verarbeitungsregeln sind in einem gesonderten Anhang des Abkommens je nach Ware unterschiedlich definiert. In den Verarbeitungsregeln finden sich Verarbeitungskriterien, Positionswechsel (change of tariff heading, CTH), Wertkriterien (Wert des Vormaterials ohne Ursprung im Verhältnis zum Ab-Werk-Preis, MaxNOM (EWX)) und Kombinationen aus den vorgenannten Kriterien.
- Es werden - wie in anderen Abkommen - Minimalbehandlungen festgelegt, die keinen Ursprung begründen.
- Hinsichtlich der Einführung eines Draw Back-Verbotes wird zunächst eine Monitoring-Phase eingeführt, um dann über weitere Maßnahmen entscheiden zu können.
- Das Prinzip der Lieferantenerklärung (LE) und Langzeitlieferantenerklärung (LLE) wird dem Grunde nach deckungsgleich zu anderen Abkommen übernommen.
Eine erste Bewertung des Abkommens gibt Eva Rehberg, Diplom-Finanzwirtin und Partnerin bei Ebner Stolz in ihrem Beitrag „Der Post-Brexit-Handelspakt: Ein guter Deal für die deutsche Wirtschaft?“ in JUVE Steuermarkt März/April 2021, Seite 30.