Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Abgeordnete zum Nationalrat in Österreich, Klubobfrau der "Grünen" im Parlament und Bundessprecherin der Partei. Sie verklagte Facebook Irland vor den österreichischen Gerichten und beantragte, dass Facebook aufgetragen wird, einen von einem Nutzer veröffentlichten Kommentar, der sie in ihrer Ehre beleidigt, sowie wort- und/oder sinngleiche Behauptungen zu löschen.
Der User hatte auf seiner Profilseite einen Artikel des österreichischen Online-Nachrichtenmagazins oe24.at mit dem Titel "Grüne: Mindestsicherung für Flüchtlinge soll bleiben" geteilt, was auf dieser Seite eine "Thumbnail-Vorschau" von der ursprünglichen Website generierte, die den Titel dieses Artikels, eine kurze Zusammenfassung davon sowie ein Foto von der Klägerin enthielt. Der Nutzer postete außerdem einen Kommentar zu diesem Artikel, der nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts geeignet ist, die Klägerin in ihrer Ehre zu beleidigen, sie zu beschimpfen und zu diffamieren. Dieser Beitrag konnte von jedem Nutzer von Facebook Service abgerufen werden. Vor diesem Hintergrund ersucht der Oberste Gerichtshof den EuGH um Auslegung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (Richtlinie 2000/31/EG).
Nach der Richtlinie ist ein Hosting-Anbieter wie Facebook nicht für eine gespeicherte Information verantwortlich, wenn er keine Kenntnis von ihrem rechtswidrigen Charakter hat oder wenn er, sobald er davon Kenntnis erlangt, unverzüglich tätig wird, um diese Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren. Dieser Ausschluss hindert jedoch nicht daran, dass einem Hosting-Anbieter aufgegeben wird, eine Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, u.a. durch die Entfernung rechtswidriger Informationen oder der Sperrung des Zugangs zu ihnen. Hingegen ist es nach der Richtlinie verboten, einen Hosting-Anbieter zu verpflichten, allgemein die von ihm gespeicherten Informationen zu überwachen, oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.
Die Gründe:
Die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, die ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen beteiligten Interessen schaffen soll, verwehrt es dem Gericht eines Mitgliedstaats nicht, einem Hosting-Anbieter aufzugeben
- die von ihm gespeicherten Informationen, die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der Informationen gegeben hat;
- die von ihm gespeicherten Informationen, die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sofern die Überwachung und das Nachforschen der von einer solchen Verfügung betroffenen Informationen auf solche beschränkt sind, die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu dem Inhalt, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat, im Wesentlichen unverändert geblieben ist, und die die Einzelheiten umfassen, die in der Verfügung genau bezeichnet worden sind, und sofern die Unterschiede in der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu der Formulierung, die die zuvor für rechtswidrig erklärte Information ausmacht, nicht so geartet sind, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen, eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen (so kann der Hosting-Anbieter auf automatisierte Techniken und Mittel zur Nachforschung zurückgreifen);
- im Rahmen des einschlägigen internationalen Rechts, dessen Berücksichtigung Sache der Mitgliedstaaten ist, weltweit die von der Verfügung betroffenen Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.
Linkhinweis:
- Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.