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Hersteller manipulierbarer Kassensysteme haften persönlich für hinterzogene Steuern ihrer Kunden

FG Rheinland-Pfalz 7.1.2015, 5 V 2068/14

Der Ge­schäftsführer ei­ner Firma, die Kas­sen­sys­teme nebst Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware her­stellt und ver­treibt, kann für die Steu­ern haf­ten, die ein Kunde (hier: der In­ha­ber ei­nes Eis­cafés) hin­ter­zo­gen hat. Der Ge­schäftsführer wir in die­sem Fall für die vorsätz­li­che Be­tei­li­gung an ei­ner frem­den Steu­er­hin­ter­zie­hung in An­spruch ge­nom­men.

Der Sach­ver­halt:
Der An­trag­stel­ler ist Ge­schäftsführer ei­ner GmbH, die Kas­sen­sys­teme her­stellt und ver­treibt. Im No­vem­ber 2002 hatte der In­ha­ber ei­nes Eis­cafés (A.) ein Kas­sen­sys­tem, das ne­ben di­ver­ser Hard­ware auch eine Soft­ware zur Ma­ni­pu­la­tion der im Kas­sen­sys­tem er­fass­ten Da­ten um­fasste, vom An­trag­stel­ler er­wor­ben. Im Zuge ei­ner Außen- und Steu­er­fahn­dungsprüfung bei A wur­den die Ma­ni­pu­la­tio­nen an den im Kas­sen­sys­tem er­fass­ten Da­ten auf­ge­deckt. Diese hat­ten zu ei­ner er­heb­li­chen Min­de­rung der tatsäch­lich er­ziel­ten Umsätze geführt.

Der A. räumte später die Ma­ni­pu­la­tio­nen im Steu­er­straf­ver­fah­ren ge­gen ihn ein. Er gab an, der An­trag­stel­ler habe ihm das Kas­sen­sys­tem ver­kauft und ihn auch in die Be­nut­zung der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware ein­ge­wie­sen. Da­bei sei ihm ver­si­chert wor­den, die Soft­ware könne völlig ri­si­ko­los ein­ge­setzt wer­den. Das LG ver­ur­teilte den A. we­gen Steu­er­hin­ter­zie­hung zu ei­ner Frei­heits­strafe von drei Jah­ren. Das Ur­teil und die ent­spre­chend geänder­ten Steu­er­fest­set­zun­gen sind mitt­ler­weile be­stands- bzw. rechtskräftig.

An­schließend wurde ge­gen den An­trag­stel­ler ein Ver­fah­ren we­gen Bei­hilfe zur Steu­er­hin­ter­zie­hung ein­ge­lei­tet. Außer­dem er­ließ das Fi­nanz­amt einen Haf­tungs­be­scheid, mit dem der An­trag­stel­ler für die Steu­errückstände des A. i.H.v. rund 2,8 Mio € auf­kom­men sollte, da die Voll­stre­ckungsmaßnah­men ge­gen die­sen bis­lang er­folg­los ge­blie­ben wa­ren. Hier­ge­gen wandte sich der An­trag­stel­ler. Er be­haup­tete, das Ma­ni­pu­la­ti­ons­pro­gramm habe ein Mit­ar­bei­ter ent­wi­ckelt, er selbst habe keine Kennt­nis da­von ge­habt. Al­les sei so ver­steckt ge­we­sen, dass selbst die Steu­er­fahn­der sie bei der ers­ten Durch­su­chung nicht ent­deckt hätten. Er selbst habe nur im Ver­trieb aus­ge­hol­fen und habe A. nicht in die Be­nut­zung der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware ein­ge­wie­sen.

Das Fi­nanz­amt änderte den an­ge­foch­te­nen Haf­tungs­be­scheid und min­derte die Haf­tungs­summe auf rund 1,6 Mio. €, da in der Zwi­schen­zeit bei A. Gelder ein­ge­trie­ben wer­den konn­ten. Hier­ge­gen klagte der An­trag­stel­ler und stellte einen An­trag auf Gewährung vorläufi­gen Rechts­schut­zes. Das FG lehnte den Eil­an­trag je­doch mit un­an­fecht­ba­rem Be­schluss ab.

Die Gründe:
Wer eine Steu­er­hin­ter­zie­hung be­geht oder an ei­ner sol­chen teil­nimmt, haf­tet nach § 71 AO für die verkürz­ten Steu­ern und kann gem. § 191 AO durch Haf­tungs­be­scheid in An­spruch ge­nom­men wer­den.

Auf­grund des Geständ­nis­ses und der rechtskräfti­gen Ver­ur­tei­lung des A. ging das Fi­nanz­amt zu­tref­fend da­von aus, dass A. die streit­be­fan­ge­nen Steu­ern hin­ter­zo­gen hatte. Zu die­ser Steu­er­hin­ter­zie­hung hatte der An­trag­stel­ler ob­jek­tiv und sub­jek­tiv Bei­hilfe ge­leis­tet und da­mit i.S.v. § 71 AO an des­sen Tat teil­ge­nom­men. Er hatte das mit der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware ver­bun­dene Kas­sen­sys­tem als Ge­schäftsführer der GmbH an A. ver­kauft, was durch die Rech­nung der GmbH nach­ge­wie­sen wer­den konnte.

Es war so­mit nicht ent­schei­dend, wann ge­nau und durch wen die In­stal­la­tion und Ein­wei­sung in das Pro­gramm er­folgt wa­ren. Ebenso we­nig, ob der An­trag­stel­ler selbst oder ein Drit­ter die Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware ent­wi­ckelt hatte. Die Bei­hilfe zur Steu­er­hin­ter­zie­hung be­stand im vor­lie­gen­den Fall viel­mehr darin, dass der An­trag­stel­ler ein kom­plet­tes Sys­tem an A. ver­kauft hatte, und zwar mit Wis­sen, wel­che Möglich­kei­ten die­ses Sys­tem bot, und mit dem Ziel, A. eine Steu­er­verkürzung zu ermögli­chen. Der An­trag­stel­ler hatte A. das Kas­sen­sys­tem ausdrück­lich als völlig ri­si­ko­lo­ses In­stru­ment zur Verkürzung von Steu­ern an­ge­bo­ten und ver­kauft.

Die Tat­sa­che, dass das Fi­nanz­amt einen Ge­hil­fen als Haf­ten­den in An­spruch ge­nom­men hatte, stellte eine er­mes­sens­ge­rechte Ent­schei­dung dar, und zwar un­abhängig von der Höhe der Haf­tungs­schuld und/oder den fi­nan­zi­el­len Möglich­kei­ten des Ge­hil­fen. § 71 AO hat in­so­fern Scha­den­er­satz­cha­rak­ter und soll eine Scha­dens­er­satz­pflicht in Höhe der verkürz­ten Beträge begründen. Der An­trag­stel­ler wurde des­halb nicht für sein Fehl­ver­hal­ten als Ge­schäftsführer der GmbH in An­spruch ge­nom­men, son­dern für die vorsätz­li­che Be­tei­li­gung an ei­ner frem­den Steu­er­hin­ter­zie­hung.

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