deen

Aktuelles

Hessisches FG entscheidet zum Zugriff des Finanzamtes auf Daten einer Apotheke

Urteil des Hessischen FG vom 24.04.2013 - 4 K 422/12

Führt ein Apo­the­ker über die nach der Recht­spre­chung zulässige Er­mitt­lung der Ta­ges­ein­nah­men durch Ta­ge­send­sum­men­bons hin­aus frei­wil­lig eine von sei­ner PC-Kasse er­stellte Da­tei mit Ein­zel­auf­zeich­nun­gen der Bar­verkäufe, ist er in der Re­gel nicht ver­pflich­tet, diese Da­tei dem Fi­nanz­amt bei ei­ner Be­triebsprüfung vor­zu­le­gen. Das hat das Hes­si­sche Fi­nanz­ge­richt (Hes­si­sches FG) ent­schie­den (Az.: 4 K 422/12).

Ge­klagt hatte eine Apo­the­ke­rin, die die Bar­ein­nah­men ih­rer Apo­theke mit ei­ner sog. PC-Kasse er­fasste. Die ba­ren Ta­ges­ein­nah­men stellte sie durch fort­lau­fende Ta­ge­send­sum­men­bons (Z-Bons) mit an­schließender Null­stel­lung des Kas­sen­spei­chers fest. Die Summe der tägli­chen Bar­ein­nah­men wurde ma­nu­ell in das Kas­sen­buch über­tra­gen, das Grund­lage der Buchführung war. Der Auf­for­de­rung des Be­triebsprüfers, auch die elek­tro­ni­sche Da­tei mit den Ein­zel­auf­zeich­nun­gen der Bar­verkäufe vor­zu­le­gen, kam sie nicht nach. Zwar legte sie dem Be­triebsprüfer eine CD mit Da­ten aus ih­rem Kas­sen­sys­tem vor; die Da­tei mit der Ein­zel­do­ku­men­ta­tion der Verkäufe hatte sie da­bei je­doch ent­fernt.

Das Hes­si­sche Fi­nanz­ge­richt ent­schied, dass für die Auf­for­de­rung des Fi­nanz­am­tes, auch die Da­tei mit den Ein­zel­auf­zeich­nun­gen der Bar­verkäufe vor­zu­le­gen, keine Rechts­grund­lage be­stehe. Denn für die Kläge­rin, die nicht an an­dere ge­werb­li­che Un­ter­neh­men, son­dern an End­ver­brau­cher lie­fere, habe auf­grund der Größe und der Ein­ze­lum­satzhäufig­keit we­der nach dem Han­dels­ge­setz­buch noch nach der Ab­ga­ben­ord­nung oder nach be­rufs­recht­li­chen Be­stim­mun­gen eine Ver­pflich­tung be­stan­den, die ein­zel­nen Bar­verkäufe ma­nu­ell oder auf einem Da­tenträger auf­zu­zeich­nen. Die Kläge­rin könne sich da­bei auch auf die Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs stützen, wo­nach es aus Gründen der Zu­mut­bar­keit und Prak­ti­ka­bi­lität für eine ord­nungs­gemäße Buchführung auch im Com­pu­ter­zeit­al­ter nicht er­for­der­lich sei, Ein­zel­auf­zeich­nun­gen zu führen, wenn der Un­ter­neh­mer - wie die kla­gende Apo­the­ke­rin - ge­gen Bar­zah­lung Wa­ren von ge­rin­gem Wert an eine un­be­stimmte Viel­zahl von Kun­den im of­fe­nen La­den­ge­schäft ver­kaufe. Aus­rei­chend sei in sol­chen Fällen, auf Ein­zel­auf­zeich­nun­gen zu ver­zich­ten und die fest­ge­stell­ten Ta­ge­send­sum­men täglich-fort­lau­fend in ein Kas­sen­buch zu über­tra­gen. Die Führung des Kas­sen­buchs solle die strei­ti­gen Ein­zel­auf­zeich­nun­gen ge­rade er­set­zen.

Dass die Kläge­rin gleich­wohl zusätz­lich die ein­zel­nen Bar­verkäufe frei­wil­lig und pro­gramm­ge­steu­ert in ei­ner ge­son­der­ten Da­tei mit­ge­schrie­ben und ge­spei­chert habe, ändere hieran nichts und führe nicht zu ei­ner Vor­la­ge­pflicht bei der Be­triebsprüfung. Denn die Da­tei sei grundsätz­lich nicht Be­stand­teil der nach § 147 Ab­ga­ben­ord­nung auf­zu­be­wah­ren­den Grund­auf­zeich­nun­gen. Dass die Da­tei für das Fi­nanz­amt bei ei­ner Ver­pro­bung der Pflicht­auf­zeich­nun­gen hilf­reich und in­ter­es­sant sein könne, sei un­er­heb­lich.

Für den Be­trieb der Apo­the­ke­rin sei die ge­son­derte Auf­zeich­nung des Wa­ren­aus­gangs und der Ein­nah­men ge­rade nicht rfor­der­lich. Dem Ge­setz­ge­ber stehe es al­ler­dings frei, nach öster­rei­chi­schem Vor­bild ein ge­setz­li­ches Zu­griffs­recht auch für die außer­halb ei­ner ge­setz­li­chen Auf­zeich­nungs­pflicht vom Steu­er­pflich­ti­gen ge­schaf­fe­nen Da­ten zu schaf­fen.

Das Hes­si­sche Fi­nanz­ge­richt hat ab­schließend und durch­aus pra­xis­re­le­vant aber auch klar­ge­stellt, dass die hier strei­tige Frage des Be­ste­hens ei­ner Vor­la­ge­pflicht nach § 147 AO von der Frage ei­ner im Übri­gen er­kenn­ba­ren Nicht­ord­nungsmäßig­keit der Buchführung und der da­durch eröff­ne­ten Schätzungs­be­fug­nis des Fi­nanz­am­tes nach § 162 AO strikt zu tren­nen sei. So ließen nicht ord­nungs­gemäße Kas­sen­auf­zeich­nun­gen (z.B. Dif­fe­ren­zen zwi­schen den Ta­ges­sum­men laut Z-Bons und den Ein­tra­gun­gen im Kas­sen­buch oder die nicht zeit­ge­rechte Führung des Kas­sen­buchs) den Schluss zu, dass nicht alle Bar­ein­nah­men ver­bucht wor­den sind und be­rech­tig­ten das Fi­nanz­amt zu Zu­schätzun­gen.

Das Ur­teil vom 24.04.2013 ist vorläufig nicht rechtskräftig.

Quelle: Pres­se­mit­tei­lung des Hes­si­schen FG vom 13.05.2013

Das Ur­teil des Hes­si­schen FG im Voll­text fin­den Sie hier.

nach oben