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Hinreichende Bestimmtheit der Rückforderbarkeit von Ausschüttungen

KG Berlin v. 18.3.2019 - 23 U 49/17

Der Um­stand, dass der Erläute­rungs­teil ei­nes Ver­kaufs­pro­spek­tes - sys­tem­wid­rig im Ka­pi­tel über die Haf­tung der An­le­ger - nicht alle Fall­ge­stal­tun­gen erwähnt, in de­nen nach dem eben­falls im Ver­kaufs­pro­spekt ab­ge­druck­ten Ge­sell­schafts­ver­trag eine Ver­pflich­tung der An­le­ger zur Rück­zah­lung von vorab getätig­ten Aus­zah­lun­gen (Ent­nah­men) an die Fonds­ge­sell­schaft be­steht, stellt kei­nen Pro­spekt­feh­ler dar. Die For­mu­lie­rung "falls durch un­vor­her­ge­se­hene Umstände ein Li­qui­ditäts­be­darf der Ge­sell­schaft ent­ste­hen sollte" um­schreibt eine sol­che Fall­ge­stal­tung hin­rei­chend be­stimmt.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war im Mai 2012 mit einem Be­trag von 10.000 € als Di­rekt­kom­man­di­tist der P-KG bei bei­ge­tre­ten. De­ren Kom­ple­mentärin und Gründungs­ge­sell­schaf­te­rin ist die ehe­mals u.a. von G. ver­tre­tene Be­klagte. Die Fonds­ge­sell­schaft sollte sich als Li­mited Part­ner, ver­gleich­bar einem Kom­man­di­tis­ten, an ei­ner ka­na­di­schen Li­mited Part­nership, ver­gleich­bar ei­ner deut­schen Kom­man­dit­ge­sell­schaft, be­tei­li­gen. Ge­ne­ral Part­ner die­ser Ob­jekt­ge­sell­schaft, ver­gleich­bar einem Kom­ple­mentär, sollte eine 100%ige Toch­ter der C. sein.

G. wurde im Ver­lauf des Jah­res 2012 in das Re­gis­ter der C. mit Be­tei­li­gun­gen von ins­ge­samt 17,6% ein­ge­tra­gen. Je­den­falls zum 10.1.2012 wa­ren An­teile ent­spre­chend ei­ner Be­tei­li­gung von min­des­tens (ge­run­det) 13,7% ein­ge­tra­gen. Hin­sicht­lich der Rück­for­der­bar­keit von Aus­schüttun­gen ("Vor­ab­au­szah­lun­gen") fan­den sich im Pro­spekt der P-KG u.a. fol­gende An­ga­ben:

"So­fern die vorab getätig­ten Aus­zah­lun­gen (Ent­nah­men) nicht durch die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung nach vor­ste­hen­der Zif­fer 5 ge­neh­migt wer­den oder falls durch un­vor­her­ge­se­hene Umstände ein Li­qui­ditäts­be­darf der Ge­sell­schaft ent­ste­hen sollte, sind die An­le­ger un­verzüglich nach Auf­for­de­rung durch die Ge­schäftsführung zur Rück­zah­lung ver­pflich­tet."

Der Kläger war der An­sicht, die vor­ste­hen­den An­ga­ben zur Rück­for­der­bar­keit von Aus­schüttun­gen seien wi­der­sprüch­lich und un­zu­rei­chend, die Haf­tungs­ri­si­ken der An­le­ger mit­hin nicht er­kenn­bar. Außer­dem lägen wei­tere Pro­spekt­feh­ler - un­zu­rei­chende Dar­stel­lung der un­ter­neh­me­ri­schen Be­tei­li­gung, ins­be­son­dere des Blind-Pool-Ri­si­kos, feh­ler­hafte Dar­stel­lung der Ge­samthöhe der Pro­vi­sio­nen und des In­ves­ti­ti­ons­vo­lu­mens, nicht plau­si­bles Ge­schäfts­kon­zept: Pro­gno­se­feh­ler und Trans­por­tengpässe man­gels aus­rei­chen­dem Aus­bau der ka­na­di­schen Pipe­lines, Fremd­fi­nan­zie­rung - vor. Die Be­klagte er­hob die Ein­rede der Verjährung.

Das LG gab der Klage statt. Die Aufklärung über die Rück­for­der­bar­keit von Aus­schüttun­gen sei un­zu­rei­chend ge­we­sen. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das KG das Ur­teil auf­ge­ho­ben und die Klage ab­ge­wie­sen. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BGH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des LG begründet die Dar­stel­lung der Rück­for­der­bar­keit von Vor­ab­aus­schüttun­gen kei­nen Pro­spekt­feh­ler. Auch im Übri­gen lie­gen keine Pro­spekt­feh­ler vor.

Nicht jede mögli­che Un­si­cher­heit über die Aus­le­gung ei­ner ver­trag­li­chen Re­ge­lung führt zu einem Pro­spekt­feh­ler. Maßgeb­lich ist viel­mehr, ob der An­le­ger die mit ei­ner Re­ge­lung ver­bun­de­nen Ri­si­ken er­ken­nen kann. Der Um­stand, dass der Erläute­rungs­teil ei­nes Ver­kaufs­pro­spek­tes - sys­tem­wid­rig im Ka­pi­tel über die Haf­tung der An­le­ger - nicht alle Fall­ge­stal­tun­gen erwähnt, in de­nen nach dem eben­falls im Ver­kaufs­pro­spekt ab­ge­druck­ten Ge­sell­schafts­ver­trag eine Ver­pflich­tung der An­le­ger zur Rück­zah­lung von vorab getätig­ten Aus­zah­lun­gen (Ent­nah­men) an die Fonds­ge­sell­schaft be­steht, stellt kei­nen Pro­spekt­feh­ler dar. Die For­mu­lie­rung "falls durch un­vor­her­ge­se­hene Umstände ein Li­qui­ditäts­be­darf der Ge­sell­schaft ent­ste­hen sollte" um­schreibt eine sol­che Fall­ge­stal­tung da­bei hin­rei­chend be­stimmt.

Der Se­nat ist in­so­weit nicht an die ab­wei­chende Aus­le­gung der Be­klag­ten ge­bun­den, da der Ge­sell­schafts­ver­trag ob­jek­tiv aus­zu­le­gen ist. Darüber hin­aus droh­ten dem An­le­ger aus ei­ner Pra­xis ent­spre­chend dem Verständ­nis der Be­klag­ten keine Nach­teile, da die Rück­zah­lungs­vor­aus­set­zun­gen en­ger ge­fasst wären. An­ders als etwa in dem der BGH-Ent­schei­dung vom 23.10.2012 (II ZR 294/11) zu­grunde lie­gen­den Sach­ver­halt kann der An­le­ger auf­grund des Wort­lau­tes das Ri­siko er­ken­nen, die Vor­ab­aus­schüttun­gen mögli­cher­weise auch im Falle ih­rer Ge­neh­mi­gung zurück­zah­len zu müssen.

Ebenso kann der An­le­ger er­ken­nen, dass ohne Ge­neh­mi­gung die Ge­schäftsführung die Vor­ab­aus­schüttung mögli­cher­weise ohne wei­te­res zurück­ver­lan­gen kann. Der Wort­laut legt ein sol­ches Verständ­nis nahe. Wenn dem­ge­genüber mit den Be­klag­ten en­gere Rück­zah­lungs­vor­aus­set­zun­gen ver­tre­ten wer­den, so be­darf es kei­nes ge­son­der­ten Hin­wei­ses auf diese Möglich­keit, da hierin kein Ri­siko, son­dern eine Begüns­ti­gung des An­le­gers läge.

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