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Steuerberatung

Hinweis des Finanzamts auf Wegfall der Durchsschnittssatzbesteuerung

BFH 23.8.2017, VI R 70/15

Ei­ner Mit­tei­lung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG (ak­tu­ell: § 13a Abs. 1 S. 4 EStG) be­darf es, wenn die Vor­aus­set­zun­gen für die Ge­winn­er­mitt­lung nach Durch­schnittssätzen zunächst vor­ge­le­gen ha­ben und so­dann in einem späte­ren Wirt­schafts­jahr weg­ge­fal­len sind.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin er­zielte im Streit­jahr 2011 u.a. aus einem im Ne­ben­er­werb be­wirt­schaf­te­ten Wein­bau­be­trieb Einkünfte aus Land- und Forst­wirt­schaft. Eine land­wirt­schaft­li­che Nut­zung darüber hin­aus lag nicht vor (rei­ner Wein­bau­be­trieb). Wirt­schafts­jahr für die Er­mitt­lung der Einkünfte aus dem Wein­bau­be­trieb war der Zeit­raum vom 1.7. bis 30.6. Bis ein­schließlich für das Wirt­schafts­jahr 2009/2010 und ebenso noch für das Wirt­schafts­jahr 2010/2011 er­mit­telte die Kläge­rin ih­ren Ge­winn nach Durch­schnittssätzen gem. § 13a EStG).

In der Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr be­an­tragte die Kläge­rin wie in den Vor­jah­ren die Er­mitt­lung des Ge­winns der Kläge­rin nach Durch­schnittssätzen und setz­ten in der An­lage L für die Wirt­schafts­jahre 2010/2011 und 2011/2012 nach § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 EStG je­weils einen Ge­winn i.H.v. 162 € an. Das Fi­nanz­amt er­mit­telte den Ge­winn für das Wirt­schafts­jahr 2011/2012 dem­ge­genüber im Wege der Schätzung nach § 4 Abs. 3 EStG und setzte die Einkünfte aus Land- und Forst­wirt­schaft für das Streit­jahr mit 4.247 € an. Der Ge­winn für das Wirt­schafts­jahr 2011/2012 wurde un­ter Her­an­zie­hung ei­nes Er­fah­rungs­werts an Trau­ben­geld­zah­lun­gen von 25.000 € je ha (an­tei­lig 9.605 €) als Ein­nah­men so­wie der amt­lich er­mit­tel­ten Be­bau­ungs­kos­ten­pau­schale von 2.400 € je ha für 2011/2012 (an­tei­lig 923 €) und der Pacht­zah­lun­gen als Be­triebs­aus­ga­ben ge­schätzt.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:
Nach der Recht­spre­chung des IV. Se­nats des BFH, der der er­ken­nende Se­nat folgt, setzt die Ge­winn­er­mitt­lung nach Durch­schnittssätzen gem. § 13a EStG vor­aus, dass zu dem Be­trieb der Land- und Forst­wirt­schaft selbst be­wirt­schaf­tete land­wirt­schaft­li­che Nutzflächen gehören, was nicht der Fall ist, wenn sich die Tätig­keit auf eine Son­der­nut­zung (wie etwa den Wein­bau, vgl. § 13a Abs. 5 S. 1 EStG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1c BewG) be­schränkt.

Lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen des § 13a Abs. 1 S. 1 EStG nicht vor und ist der Steu­er­pflich­tige vom Fi­nanz­amt dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den oder ist ein sol­cher Hin­weis nicht er­for­der­lich, hat er sei­nen Ge­winn durch Ein­nahme-Über­schuss­rech­nung nach § 4 Abs. 3 EStG oder durch Be­stands­ver­gleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu er­mit­teln. Kommt da­nach eine Ge­winn­er­mitt­lung nach Durch­schnittssätzen nicht oder nicht mehr in Be­tracht, führt der Steu­er­pflich­tige aber we­der die nach § 4 Abs. 3 EStG er­for­der­li­chen Auf­zeich­nun­gen noch - frei­wil­lig oder dazu ver­pflich­tet - Bücher, so ist die Fi­nanz­behörde gem. § 162 AO zur Schätzung be­fugt.

Ei­ner Mit­tei­lung gem. § 13a Abs. 1 S. 2 EStG (ak­tu­ell: § 13a Abs. 1 S. 4 EStG) be­darf es, wenn die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 13a Abs. 1 S. 1 EStG zunächst vor­ge­le­gen ha­ben und in einem späte­ren Wirt­schafts­jahr weg­ge­fal­len sind. In die­sem Fall führt der Weg­fall der Vor­aus­set­zun­gen al­lein grundsätz­lich noch nicht dazu, dass die Ge­winn­er­mitt­lung nicht mehr nach Durch­schnittssätzen vor­zu­neh­men ist. Viel­mehr schließt erst die Mit­tei­lung gem. § 13a Abs. 1 S. 2 EStG, die der Mit­tei­lung gem. § 141 Abs. 2 AO nach­ge­bil­det ist, als rechts­ge­stal­ten­der Ver­wal­tungs­akt kon­sti­tu­tiv die Möglich­keit der Ge­winn­er­mitt­lung nach Durch­schnittssätzen für die der Be­kannt­gabe der Mit­tei­lung nach­fol­gen­den Wirt­schafts­jahre aus. Dies gilt auch für den Fall der Ände­rung der Vor­aus­set­zun­gen für die An­wen­dung des § 13a EStG, wie anläss­lich ei­ner ge­setz­li­chen Neu­fas­sung.

Eine Mit­tei­lung ist da­ge­gen in den Fällen nicht er­for­der­lich, in de­nen der Steu­er­pflich­tige einen Be­trieb neu eröff­net oder - da­mit ver­gleich­bar - in de­nen er einen Be­trieb gem. § 24 Um­wStG in eine Per­so­nen­ge­sell­schaft ein­ge­bracht hat. Das Er­for­der­nis ei­ner Mit­tei­lung ist auch dann zu ver­nei­nen, wenn das Fi­nanz­amt die Vor­aus­set­zun­gen der Ge­winn­er­mitt­lung nach Durch­schnittssätzen auf­grund wis­sent­lich fal­scher An­ga­ben des Steu­er­pflich­ti­gen be­jaht hat oder der Steu­er­pflich­tige für das Jahr, in dem die Vor­aus­set­zun­gen für die Ge­winn­er­mitt­lung nach Durch­schnittssätzen letzt­ma­lig vor­ge­le­gen ha­ben, keine Steu­er­erklärung ein­ge­reicht hat, ob­wohl er dazu ver­pflich­tet ge­we­sen war.

In­fol­ge­des­sen be­durfte es im vor­lie­gen­den Fall al­lein auf­grund der langjähri­gen rechts­wid­ri­gen Dul­dung der Ge­winn­er­mitt­lung nach § 13a EStG kei­ner Mit­tei­lung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG. Denn ha­ben die Vor­aus­set­zun­gen des § 13a Abs. 1 S. 1 EStG zu kei­nem Zeit­punkt vor­ge­le­gen, können sie auch nicht i.S.v. § 13a Abs. 1 S. 2 EStG "weg­ge­fal­len" sein. Kon­sti­tu­tiv ist die Mit­tei­lung da­her schon nach dem Wort­laut der Vor­schrift nur für den Weg­fall der Vor­aus­set­zun­gen der Ge­winn­er­mitt­lung nach Durch­schnittssätzen. Ei­ner be­son­de­ren Mit­tei­lung des Fi­nanz­am­tes nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG be­darf es dann nicht, wenn die Vor­aus­set­zun­gen zur Ge­winn­er­mitt­lung nach Durch­schnittssätzen we­gen der in § 13a Abs. 1 EStG ge­nann­ten Aus­schließungsgründe von An­fang an nicht vor­ge­le­gen ha­ben. In die­sem Fall ist die Durch­schnitts­satz­ge­winn­er­mitt­lung von Be­ginn an nicht zulässig, weil das Feh­len ei­ner Mit­tei­lung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG hier keine ne­ga­tive Tat­be­stands­vor­aus­set­zung ist. Die­ser Rechts­auf­fas­sung ste­hen auch die Grundsätze von Treu und Glau­ben nicht ent­ge­gen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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