Dies entschied der BFH mit Urteil vom 15.11.2022 (Az. VII R 55/20), in dem es um Säumniszuschläge für den Zeitraum März 2015 bis April 2016 ging. Zum einen lasse sich die Entscheidung des BVerfG (Beschluss vom 08.07.2021, Az. 1 BvR 2237/14, 1 BvR 24222/17), wonach die Verzinsung nach §§ 233a, 238 AO in Höhe von 0,5 % pro Monat für Verzinsungszeiträume ab 01.01.2024 verfassungswidrig ist, nicht auf Säumniszuschläge übertragen. Anders als die Verzinsung von Steuernachforderungen und
-erstattungen dienen - so der BFH - Säumniszuschläge, die in Höhe von 1 % pro angefangenen Monat der Säumnis anfallen, in erster Linie als Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steuern. Die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen sei hingegen nur Nebenzweck. Zudem fallen Säumniszuschläge erst nach Fälligkeit der Steuerschuld an, so dass die Steuerpflichtigen deren Entstehung bewusst in Kauf nähmen. Dies unterscheide Säumniszuschläge von der Verzinsung nach §§ 233a, 238 AO, bei der zinszahlungspflichtige und nicht zinszahlungspflichtige Steuerschuldner ungleich behandelt würden, je nachdem ob die Steuerfestsetzung noch innerhalb oder außerhalb der 15-monatigen Karenzzeit erfolgt.
Zum anderen verletze die Höhe des Säumniszuschlags auch nicht das Rechtsstaatsprinzip wegen eines Verstoßes gegen das Übermaßverbot. Die Zuschlagshöhe sei auch in einer Niedrigzinsphase durch den vom Gesetzgeber intendierten Zweck gedeckt. Säumniszuschläge seien nicht (anteilsweise) als Zinsen zu behandeln, so dass auch insoweit die Argumentation des BVerfG, der Verzinsungszinssatz von 0,5 % sei ab 2014 nicht mehr realitätsgerecht, nicht übertragen werden könne.