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Steuerberatung

Höhere Immobilienwerte für Erbschaft-/Schenkungsteuer sowie Share Deals ab 2023

Mit dem Jah­res­steu­er­ge­setz, das sich der­zeit noch im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren be­fin­det, sol­len Ände­run­gen der Be­wer­tung von Im­mo­bi­lien für erb­schaft- und schen­kung­steu­er­li­che Zwecke ab 2023 vor­ge­nom­men wer­den. Diese wir­ken sich zu­dem auch auf Share Deals aus.

Ne­ben di­ver­sen wei­te­ren Ände­run­gen wird sich das JStG 2022 ins­be­son­dere auf die Be­wer­tung von Im­mo­bi­lien und Erb­bau­rech­ten im Rah­men der Erb­schaft- und Schen­kung­steuer und die sog. Er­satz­be­mes­sungs­grund­lage für die Grund­er­werb­steuer bei Sha­re­De­als aus­wir­ken (§§ 177-198 BewG). Mit dem JStG 2022 be­ab­sich­tigt der Ge­setz­ge­ber die un­ter­schied­li­chen steu­er­li­chen Be­wer­tungs­mo­delle an die geänderte Im­mo­bi­li­en­wert­ver­ord­nung vom 14.07.2021 (Im­mo­WertV) an­zu­pas­sen, um eine Mo­dell­kon­for­mität her­zu­stel­len. Die geänderte Im­mo­WertV ist be­reits zum 01.01.2022 in Kraft ge­tre­ten und seit­dem auf Ver­kehrs­wert­gut­ach­ten von Im­mo­bi­lien un­abhängig vom Be­wer­tungs­stich­tag an­zu­wen­den (§ 53 Abs. 1 Im­mo­WertV).

Die steu­er­li­che Be­darfs­be­wer­tung für erb­schaft- und schen­kung­steu­er­li­che Zwecke (§ 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. § 157 BewG) so­wie für Zwecke der Grund­er­werb­steuer (§ 8 Abs. 2 GrEStG i.V.m. § 157 BewG) greift bei den un­ter­schied­li­chen Be­wer­tungs­ver­fah­ren auf Pa­ra­me­ter wie den Lie­gen­schafts­zins­satz, den Sach­wert­fak­tor oder den Bo­den­richt­wert zurück, die von den Gut­ach­ter­aus­schüssen für die Be­wer­tung von Im­mo­bi­lien nach den in der Im­mo­bi­li­en­wert­ver­ord­nung nor­mier­ten Be­wer­tungs­ver­fah­ren fest­ge­legt wer­den. Da­mit diese auch wei­ter­hin für die steu­er­li­che Be­wer­tung her­an­ge­zo­gen wer­den können, ist aus Sicht des Ge­setz­ge­bers eine An­pas­sung der steu­er­li­chen Be­wer­tungs­ver­fah­ren an die in der Im­mo­WertV nor­mier­ten Ver­fah­ren not­wen­dig.

Be­reits nach gel­ten­dem Recht fin­den für be­baute Grundstücke drei ver­schie­dene Ver­fah­ren zur Er­mitt­lung des sog. Be­darfs­werts An­wen­dung: das Ver­gleichs­wert­ver­fah­ren, das Er­trags­wert­ver­fah­ren und das Sach­wert­ver­fah­ren. Daran soll sich auch durch das JStG 2022 im Grund­satz nichts ändern. Un­be­baute Grundstücke wer­den mit dem sog. Bo­den­wert be­wer­tet, wel­cher sich aus dem Pro­dukt der Fläche mit den von den Gut­ach­ter­aus­schüssen fest­ge­stell­ten Bo­den­richt­wer­ten er­gibt (§ 179 BewG). Diese Re­ge­lung ist nicht Ge­gen­stand des JStG 2022 und bleibt grundsätz­lich wei­ter­hin an­wend­bar.

Aus Sicht des Ge­setz­ge­bers klar­stel­lend sol­len nun­mehr für alle drei Be­wer­tungs­ver­fah­ren ob­jekt­spe­zi­fi­sche Be­son­der­hei­ten, ins­be­son­dere die den Wert be­ein­flus­sen­den Be­las­tun­gen pri­vat­recht­li­cher und öff­ent­lich-recht­li­cher Art, nicht berück­sich­tigt wer­den (§ 177 Abs. 4 BewG-E). Ge­re­gelt war dies bis­her nur für das Ver­gleichs­wert­ver­fah­ren. Bei Vor­lie­gen der­ar­ti­ger Be­son­der­hei­ten be­steht aber wei­ter­hin die Möglich­keit des Nach­wei­ses des nied­ri­ge­ren ge­mei­nen Wer­tes nach § 198 BewG.

Vergleichswertverfahren

Woh­nungs- und Teil­ei­gen­tum so­wie Ein- und Zwei­fa­mi­li­enhäuser sol­len im sog. Ver­gleichs­wert­ver­fah­ren (§ 183 BewG) be­wer­tet wer­den. Hier­bei wer­den Ver­kaufs­preise von ver­gleich­ba­ren Re­fe­renz­grundstücken her­an­ge­zo­gen, die in ih­ren wert­be­ein­flus­sen­den Merk­ma­len mit dem zu be­wer­ten­den Grundstück übe­rein­stim­men und da­mit ver­gleich­bar sind. Vor al­lem in großen Städten lie­gen re­gelmäßig genügend ver­gleich­bare Verkäufe vor, so­dass das Ver­gleichs­wert­ver­fah­ren An­wen­dung fin­den kann. Bei die­sem Ver­fah­ren sieht das JStG 2022 keine Ände­rung vor. Es bleibt ab­zu­war­ten, wie sich vor dem Hin­ter­grund stei­gen­der Zin­sen die Im­mo­bi­li­en­preise und da­mit auch die Ver­gleichs­werte in den nächs­ten Jah­ren ent­wi­ckelnd wer­den.

Ertragswertverfahren

Im Er­trags­wert­ver­fah­ren (§§ 184 ff. BewG) wer­den zum einen Miet­grundstücke und zum an­de­ren Ge­schäfts­grundstücke und ge­mischt ge­nutzte Grundstücke, für die sich auf dem ört­li­chen Grundstück­markt eine übli­che Miete er­mit­teln lässt, be­wer­tet. Die­ses Ver­fah­ren wird in we­sent­li­chen Punk­ten an die Im­mo­bi­li­en­wert­ver­ord­nung an­ge­passt. Zunächst wird die Ge­samt­nut­zungs­dauer von Ein- und Zwei­fa­mi­li­enhäusern, Miet­wohn­grundstücken (Mehr­fa­mi­li­enhäuser), Woh­nungs­ei­gen­tum und ge­mischt ge­nutz­ten Grundstücken, wenn es sich um Wohnhäuser mit Misch­nut­zung han­delt, von 70 auf 80 Jahre verlängert, was sich wert­erhöhend aus­wir­ken sollte (An­lage 22 zum BewG-E).

Fer­ner soll die Er­mitt­lung der Be­wirt­schaf­tungs­kos­ten, wel­che nach gel­ten­dem Recht pau­scha­liert auf Ba­sis ei­nes Pro­zent­sat­zes der Jah­res­miete bzw. übli­chen Miete er­mit­telt wer­den, an An­lage 3 der Im­mo­WertV an­ge­passt wer­den (vgl. § 187 Abs. 2 BewG-E und An­lage 23). Nach dem JStG 2022 soll die Er­mitt­lung der Be­wirt­schaf­tungs­kos­ten des­halb in Abhängig­keit von ei­ner Wohn- bzw. Ge­wer­be­nut­zung dif­fe­ren­ziert nach Ver­wal­tungs­kos­ten, In­stand­hal­tung und Miet­aus­fall­wag­nis er­fol­gen, was zum einen zu ei­ner sehr viel auf­wen­di­ge­ren Er­mitt­lung und zum an­de­ren er­war­tungs­gemäß zu vor­aus­sicht­lich nied­ri­ge­ren Be­wirt­schaf­tungs­kos­ten und da­mit einem höheren Be­darfs­wert führen wird. Wei­ter­hin ist ein Rück­griff auf ge­eig­nete Er­fah­rungssätze von den Gut­ach­ter­aus­schüssen nun nicht mehr vor­ge­se­hen, es sind viel­mehr die ge­setz­li­chen Be­wirt­schaf­tungs­kos­ten auf Ba­sis der an­ge­pass­ten Er­mitt­lungs­me­tho­dik zwin­gend an­zu­set­zen. Zu be­ach­ten ist al­ler­dings, dass das Ver­fah­rens­kon­strukt zwar an An­lage 3 der Im­mo­WertV an­ge­passt wurde, die zu­grunde lie­gen­den Wertmaßstäbe an­ge­sichts ei­nes höheren De­tail­lie­rungs­grads der Im­mo­WertV aber ab­wei­chen können.

Die De­fi­ni­tion der Lie­gen­schafts­zinssätze aus der Im­mo­WertV fin­det nun auch Ein­gang in das Be­wer­tungs­ge­setz (§ 188 Abs. 1 BewG-E). Wie bis­her sol­len die von den Gut­ach­ter­aus­schüssen er­mit­tel­ten Lie­gen­schafts­zinssätze für die durch­schnitt­li­che marktübli­che Ver­zin­sung von Grundstücken her­an­ge­zo­gen wer­den. Nur wenn diese nicht zur Verfügung ste­hen, was eher im länd­li­chen Be­reich oder ten­den­zi­ell bei Ob­jek­ten mit Misch­nut­zung der Fall sein dürfte, wer­den die ge­setz­li­chen Zinssätze nach § 188 Abs. 2 BewG-E er­satz­weise her­an­ge­zo­gen. Im Zuge des JStG 2022 sol­len die ge­setz­li­chen Lie­gen­schafts­zinssätze in Abhängig­keit der Grundstücks­art im Ausmaß von 0,5 % bis 1,5 % her­ab­ge­setzt wer­den, was - iso­liert be­trach­tet - eben­falls zu einem höheren Be­darfs­wert führt.

Klar­stel­lend soll darüber hin­aus fest­ge­hal­ten wer­den, dass bau­li­che Außen­an­la­gen und sons­tige An­la­gen mit dem Er­trags­wert ab­ge­gol­ten sind (§ 184 Abs. 4 BewG-E).

Sachwertverfahren

Im Sach­wert­ver­fah­ren (§§ 189 ff. BewG) wer­den Ein- und Zwei­fa­mi­li­enhäuser so­wie Woh­nungs- und Teil­ei­gen­tum be­wer­tet, für die kein Ver­gleichs­wert vor­han­den ist so­wie Ge­schäfts­grundstücke und ge­mischt ge­nutzte Grundstücke, für die sich keine übli­che Miete auf dem ört­li­chen Grundstücks­markt er­mit­telt lässt. Das Sach­wert­ver­fah­ren ändert sich struk­tu­rell im Ver­gleich zur gel­ten­den Re­ge­lung zwar nicht. Wie bis­her er­mit­telt sich der Gebäude­re­gel­her­stel­lungs­wert in einem ers­ten Schritt als Pro­dukt der auf den Be­wer­tungs­stich­tag an­ge­pass­ten (in­de­xier­ten) Re­gel­her­stel­lungs­kos­ten und der Brutto-Grundfläche. Klar­stel­lend soll aus den „gewöhn­li­chen“ Her­stel­lungs­kos­ten nun die „durch­schnitt­li­chen“ Her­stell­kos­ten der bau­li­chen An­la­gen wer­den (§ 190 Abs. 1 BewG-E).

Ände­rungs­be­darf sah der Ge­setz­ge­ber aber bei der wei­te­ren An­pas­sung der Re­gel­her­stel­lungs­kos­ten. Durch Ergänzung ei­nes sog. Re­gio­nal­fak­tors in § 190 Abs. 5 BewG-E sol­len in einem zwei­ten Schritt re­gio­nale Bau­kos­ten­ni­veaus bei der Her­stel­lung von Gebäuden aus­ge­gli­chen wer­den, in­dem die Re­gel­her­stel­lungs­kos­ten mit dem vom Gut­ach­ter­aus­schuss zu er­mit­teln­den Re­gio­nal­fak­tor mul­ti­pli­ziert wer­den. Ist kein Re­gio­nal­fak­tor vor­han­den, wird die­ser mit 1,0 an­ge­nom­men.

Die Al­ters­wert­min­de­rung soll durch einen Al­ters­wert­min­de­rungs­fak­tor nach § 190 Abs. 6 BewG-E er­setzt wer­den. Der Ge­setz­ge­ber ver­spricht sich hier eine wert­neu­trale Ände­rung. Tatsäch­lich be­ein­flusst aber zum Bei­spiel die Ge­samt­nut­zungs­dauer so­wie et­waige Mo­der­ni­sie­rungsmaßnah­men die Al­ters­wert­min­de­rung, so dass u. a. mit der oben be­schrie­be­nen verlänger­ten Ge­samt­nut­zungs­dauer für be­stimmte Wohn­im­mo­bi­lien ein höherer Be­darfs­wert ein­her­ge­hen sollte.

Schließlich soll durch das JStG 2022 auch die Wert­zahl in § 191 BewG i.V.m. An­lage 25 zum BewG an das ak­tu­elle Markt­ni­veau an­ge­passt wer­den. Wird vom Gut­ach­ter­aus­schuss ein Sach­wert­fak­tor er­mit­telt, so ist die­ser je­doch wie bis­her bei der Er­mitt­lung des Sach­werts der Im­mo­bi­lie vor­zu­zie­hen. Nur wenn ein sol­cher nicht vor­han­den ist, wird er­satz­weise auf die ge­setz­li­chen Wert­zah­len zurück­ge­grif­fen, die sich durch das JStG 2022 grundsätz­lich erhöhen wer­den, was wie­derum - iso­liert be­trach­tet - zu einem höheren Be­darfs­wert führen sollte.

Erbbaurechte und Gebäude auf fremdem Grund und Boden

Die Be­wer­tung von Erb­bau­rechtsfällen soll vollständig neu­ge­stal­tet und an die Be­wer­tung nach der Im­mo­WertV an­ge­passt wer­den. Dies be­trifft zum einen die Be­wer­tung des Erb­bau­rechts, als auch die Be­wer­tung des Erb­bau­grundstücks. Auch die Be­wer­tung von Gebäuden auf frem­dem Grund und Bo­den wird ana­log zu den Erb­bau­rechtsfällen in An­leh­nung an die Im­mo­WertV ge­stal­tet.

Fazit

In Abhängig­keit von der Grundstücks­art, dem da­mit ver­bun­de­nen Be­wer­tungs­ver­fah­ren und der Lage des Grundstücks kann sich die Be­mes­sungs­grund­lage für die Erb­schaft- und Schen­kung­steuer und die Er­satz­be­mes­sungs­grund­lage für die Grund­er­werb­steuer ab 2023 erhöhen. Für be­stimmte Wohn­im­mo­bi­lien hin­ge­gen, für die Ver­gleichs­werte oder Ver­gleichs­fak­to­ren vor­lie­gen, könnte sich in Abhängig­keit von der Markt­ent­wick­lung ein ge­genläufi­ger Ef­fekt er­ge­ben. In Abhängig­keit vom kon­kre­ten Be­wer­tungs­ob­jekt könnte da­her er­wo­gen wer­den, be­reits ge­plante Im­mo­bi­li­en­schen­kun­gen noch vor Jah­res­wech­sel zu voll­zie­hen, da die vor­ge­nann­ten Ände­run­gen durch das JStG 2022 be­reits ab dem 01.01.2023 An­wen­dung fin­den sol­len. Ins­ge­samt ist je­doch in Be­zug auf die Nach­fol­ge­pla­nung fest­zu­hal­ten, dass diese im­mer - auch im Hin­blick auf außer­steu­er­li­che As­pekte - gut über­legt und durch­dacht sein sollte.

Au­to­ren: Vik­to­ria Lücke, Dr. Ro­bert Lüder

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