Das BAG hatte den EuGH mit Beschluss vom 27.01.2022 (Az. 6 AZR 155/21, NZA 2022, S. 491) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens im Zusammenhang mit der Frage angerufen, welche Sanktion ein Verstoß gegen die in § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG vorgesehene Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit bei einer Massenentlassung nach sich zieht. Dazu wollte das BAG vom EuGH wissen, welchem Zweck die in Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 2 MERL geregelte Übermittlungspflicht gegenüber der zuständigen Behörde dient. Nach Auffassung des BAG soll hiervon abhängen, ob § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG - ebenso wie andere, den Arbeitnehmerschutz zumindest auch bezweckende Vorschriften im Massenentlassungsverfahren - als Verbotsgesetz gemäß § 134 BGB anzusehen ist und demnach entsprechende Kündigungen unwirksam wären.
Der EuGH stellt nun mit Urteil vom 13.07.2023 (Rs. C-134/22, NZA 2023, S. 887) klar, dass Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 2 MERL nicht den Zweck hat, den von Massenentlassungen betroffenen Arbeitnehmern Individualschutz zu gewähren. Die dort vorgesehene Übermittlung von Informationen an die zuständige Behörde diene nur zu Informations- und Vorbereitungszwecken, damit diese ggf. ihre Befugnisse aus der MERL wirksam ausüben könne. Bezweckt würde mit der Anzeigepflicht, dass die zuständige Behörde die negativen Folgen beabsichtigter Massenentlassungen so weit wie möglich abschätzen könne, um in effizienter Weise nach Lösungen für die dadurch entstehenden Probleme suchen zu können.