Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte 1984 eine Lehre zum Versicherungskaufmann abgeschlossen. Danach erwarb er beim CONTROL DATA INSTITUT die berufliche Qualifikation "EDV-Zusatzwissen". Die Prüfungsleistungen ergaben die Gesamtbewertung "mit mangelhaftem Erfolg (48 %)". In den Jahren 1987 bis 1989 erfolgten zudem Umschulungsmaßnahmen zum Organisationsprogrammierer. Bis 1991 arbeitete er als angestellter solcher für eine Bank. Von 1991 bis 1998 war der Kläger als angestellter Sachbearbeiter für Wertpapier-Fachberatung sowie von August 1998 bis März 2004 auf selbständiger Basis für eine Bank tätig. Im Anschluss folgten bis Juni 2006 Projekte, die im Rahmen eines mit einer EDV-Consulting geschlossenen Projektvertrages ausgeführt wurden.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Der Kläger war der Ansicht, das FG habe sich zu Unrecht über die Auffassung des Sachverständigen hinweggesetzt, das Fach Mathematik gehöre nicht zum Haupt- und Kernbereich eines Informatikstudiums. Doch auch die Revision des Klägers vor dem BFH blieb erfolglos.
Gründe:
Ein Diplom-Informatiker übt einen ingenieurähnlichen Beruf gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG aus. Seine Tätigkeit wird durch Wahrnehmung von für den Ingenieurberuf typischen Aufgaben geprägt. Voraussetzung für diese Zuordnung als ähnlicher Beruf ist insbesondere bei Autodidakten wie dem Kläger, dass sie Erfahrungen und Kenntnisse in allen Kernbereichen des Katalogberufs nachweisen. Dazu gehören nach der BFH-Rechtsprechung allerdings auch Nachweise über ausreichende Kenntnisse im Fach Mathematik "als Kernfach" zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für die Annahme eines dem Ingenieurberuf ähnlichen Berufs.
Infolgedessen hatte das FG zu Recht - anders als der Gutachter - angenommen, dass der Kläger zwar zum Teil wie ein Diplom-Informatiker beruflich tätig war, aber nicht in der Breite und Tiefe über das Wissen verfügte, das dem eines Diplom-Informatikers vergleichbar wäre. Dies folgte insbesondere aus dem Fehlen der als wesentlich dargestellten hinreichenden Kenntnisse im Fach Mathematik, aber auch aus den Defiziten in den Bereichen Englisch, Statistik, Operation Research, Grundlagen der BWL und VWL, Buchführung und Bilanzierung, Kosten- und Leistungsrechnung, Produktionswirtschaft, Finanz- und Investitionswirtschaft, Marketing, Controlling, Produktion und Logistik, DV-Recht und Datenschutz sowie Wirtschaftsprivatrecht.
Die Feststellung des FG, dass es im Fach Mathematik - in einem Hauptfach - an den erforderlichen Kenntnissen fehlte, machte auch eine Wissensprüfung in Ausübung der Sachaufklärungspflicht des Gerichts nach § 76 FGO entbehrlich. Denn ein Anspruch auf Wissensprüfung setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass sich bereits aus den vorgetragenen Tatsachen zum Erwerb und Einsatz der Kenntnisse erkennen lässt, dass der Kläger über hinreichende Kenntnisse verfügen könnte. Steht allerdings - wie im Streitfall insbesondere hinsichtlich der Defizite im Kernfach Mathematik - fest, dass die Voraussetzungen für einen ingenieurähnlichen Beruf nicht gegeben sind, kann eine Wissensprüfung nicht begehrt werden.
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