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Auslandsengagements

Inländische Rentenversicherungsbeiträge auf ausländischen Arbeitslohn

FG Düsseldorf v. 10.7.2018 - 10 K 1964/17 E

Die Al­ters­vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen sind zwar seit der Neu­re­ge­lung durch das Alt­EinkG ih­rer Rechts­na­tur nach Wer­bungs­kos­ten. Der BFH hat aber in ständi­ger Recht­spre­chung ent­schie­den, dass der Ge­setz­ge­ber diese Vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen trotz ih­rer Rechts­na­tur kon­sti­tu­tiv den Son­der­aus­ga­ben und nicht den Wer­bungs­kos­ten zu­wei­sen konnte.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger hatte im Streit­jahr 2014 Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit aus sei­ner Tätig­keit als In­dus­trie­me­cha­ni­ker er­zielt. Von Ja­nuar bis Mai 2014 war er im Auf­trag sei­nes Ar­beit­ge­bers in Bra­si­lien und von Ok­to­ber bis Ende 2014 in China tätig. In der Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr erklärte der Kläger den für diese Streiträume er­ziel­ten - nach Aus­landstätig­keits­er­lass (ATE) bzw. Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men (DBA) in Deutsch­land steu­er­frei zu stel­len­den - ausländi­schen Ar­beits­lohn mit 31.309 € und 2.131 €. Die Beiträge zur Al­ters­vor­sorge gab er in der An­lage Vor­sor­ge­auf­wand ent­spre­chend der Lohn­steu­er­be­schei­ni­gung mit 4.411 € als Ar­beit­neh­mer-An­teil und 4.410 € als Ar­beit­ge­ber-An­teil an.

 

Gemäß Ver­si­che­rungs­ver­lauf der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung Bund aus April 2017 wur­den für den Zeit­raum 1.1.2014-31.12.2014 für ein Ar­beits­ent­gelt von ins­ge­samt 67.138 € Pflicht­beiträge zur Ren­ten­ver­si­che­rung von 6.344 € (Ar­beit­neh­mer-An­teil) und 6.344 € (Ar­beit­ge­ber-An­teil) ab­geführt. Der Ar­beit­ge­ber hatte ihm im De­zem­ber 2016 be­schei­nigt, dass er für 2014 Ar­beit­neh­mer­beiträge i.H.v. 6.284 € zur Ren­ten­ver­si­che­rung ab­geführt habe. In Bra­si­lien bzw. China hat der Kläger bei sei­nen Einkünf­ten keine sich steu­er­lich aus­wir­kende Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge in Ab­zug ge­bracht.

 

Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte Al­ters­vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen als be­schränkt ab­zieh­bare Son­der­aus­ga­ben i.H.v. 8.821 €. Wei­ter­hin berück­sich­tigte er bei der Be­rech­nung des zu ver­steu­ern­den Ein­kom­mens einen Brut­to­ar­beits­lohn von 43.640 €. Ausländi­sche Einkünfte i.H.v. 33.440 €, die nicht der deut­schen Ein­kom­men­steuer un­ter­lie­gen, wur­den mit 30.563 e in die Be­rech­nung des Steu­er­sat­zes (Pro­gres­si­ons­vor­be­halt) ein­be­zo­gen. Der Kläger be­an­tragte die Ände­rung des Steu­er­be­scheids mit der Begründung, dass ihm die Höhe der tatsäch­lich ab­geführ­ten So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträge erst mit der Ar­beit­ge­ber­be­schei­ni­gung aus De­zem­ber 2016 nachträglich be­kannt ge­wor­den sei. Auch für den Zeit­raum sei­ner Tätig­keit in China habe er der So­zi­al­ver­si­che­rungs­pflicht in Deutsch­land un­ter­le­gen. Die Behörde lehnte den An­trag ab.

 

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Streit­sa­che die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

 

Die Gründe:

Die Ab­leh­nung ist rechts­wid­rig, so­weit Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge nur i.H.v. 8.821 € statt ins­ge­samt ge­zahl­ter 12.688 € zum Son­der­aus­ga­ben­ab­zug nach § 10 EStG zu­ge­las­sen wur­den.

 

Dem Ab­zug steht nicht ent­ge­gen, dass die vom Ar­beits­lohn des Klägers ein­be­hal­te­nen So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträge zur Al­ters­vor­sorge in einem wirt­schaft­li­chen Zu­sam­men­hang mit steu­er­freien Ein­nah­men ste­hen. Die An­wen­dung des § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 EStG er­for­dert im Streit­fall eine Aus­le­gung, die dem sub­jek­ti­ven Net­to­prin­zip und dem Fol­ge­rich­tig­keits­ge­bot ent­spricht. Die Al­ters­vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen sind zwar seit der Neu­re­ge­lung durch das Alt­EinkG ih­rer Rechts­na­tur nach Wer­bungs­kos­ten. Der BFH hat aber in ständi­ger Recht­spre­chung ent­schie­den, dass der Ge­setz­ge­ber diese Vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen trotz ih­rer Rechts­na­tur kon­sti­tu­tiv den Son­der­aus­ga­ben und nicht den Wer­bungs­kos­ten zu­wei­sen konnte (vgl. BFH-Urt. v. 9.12.2009, Az.: X R 28/07). Ver­fas­sungs­recht­lich könne die Ein­ord­nung der Vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen als Son­der­aus­ga­ben nur dann einen Ver­stoß ge­gen den Gleich­be­hand­lungs­grund­satz dar­stel­len, wenn die dar­aus re­sul­tie­ren­den un­ter­schied­li­chen Rechts­fol­gen zu ei­ner nicht ge­recht­fer­tig­ten steu­er­li­chen Un­gleich­be­hand­lung der Al­ters­vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen im Ver­gleich zu an­de­ren vor­weg­ge­nom­me­nen Wer­bungs­kos­ten führe.

 

Dies fin­det eine Grenze, wenn die Aus­le­gung des § 10 Abs. 2 EStG dazu führt, dass ein Steu­er­pflich­ti­ger we­der im Tätig­keits­staat (als be­schränkt Steu­er­pflich­ti­ger) noch im In­land (als un­be­schränkt Steu­er­pflich­ti­ger) seine Vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen gel­tend ma­chen kann. Dies re­sul­tiert u.a. dar­aus, dass die­sen durch staat­li­che oder staat­lich ver­an­lasste Si­che­rungs­sys­teme begründe­ten (Ren­ten-)An­sprüchen ei­gene (Bei­trags-)Leis­tun­gen des An­spruchs­be­rech­tig­ten ge­genüber­ste­hen, die nach der Recht­spre­chung des BVerfG Ei­gen­tums­schutz nach Art. 14 GG ge­nießen. Da­bei können auch Steu­ern ent­eig­nend in den Schutz­be­reich des Art. 14 GG ein­grei­fen.

 

So verhält es sich im Streit­fall, denn der Kläger kann un­strei­tig seine inländi­schen So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträge in Bra­si­lien und China - auch nicht an­tei­lig - ab­zie­hen. Im In­land soll er, so die An­wen­dung des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG, die Auf­wen­dun­gen eben­falls in we­sent­li­chem Um­fang nicht ab­set­zen können, ob­wohl er nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI - i.V.m. § 4 Abs. 1 SGB IV - auch mit sei­nen Ar­beits­ent­gelt, das er im Aus­land er­zielt hat, der deut­schen So­zi­al­ver­si­che­rungs­pflicht un­ter­liegt. So­weit also die Al­ters­vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen nicht ab­ge­zo­gen wer­den dürf­ten und zu­gleich eine spätere Be­steue­rung der Al­ter­seinkünfte nach dem Alt­EinkG er­fol­gen würde, läge un­abhängig von der Frage der sys­te­ma­ti­schen Ein­ord­nung sol­cher Auf­wen­dun­gen als Son­der­aus­ga­ben oder vor­weg­ge­nom­mene Wer­bungs­kos­ten ein Ver­stoß ge­gen das sub­jek­tive Net­to­prin­zip vor.

 

Letzt­lich trifft den Kläger am nachträgli­chen Be­kannt­wer­den der Tat­sa­che, nämlich der Höhe der ins­ge­samt ge­zahl­ten Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge, kein gro­bes Ver­schul­den. Er ist von Be­ruf In­dus­trie­me­cha­ni­ker und in ers­ter Li­nie in sei­nem Be­rufs­feld be­hei­ma­tet, nicht da­ge­gen in Buch­hal­tungs-, Ab­rech­nungs-, So­zi­al­ver­si­che­rungs- und Steu­er­fra­gen. Er konnte hin­sicht­lich der Rich­tig­keit der Lohn­steu­er­be­schei­ni­gung auf sei­nen Ar­beit­ge­ber und des­sen Kennt­nisse ver­trauen. Es han­delt sich bei den an­ge­ge­be­nen Beiträgen, die nicht zu­tref­fend wa­ren, auch nicht um of­fen­sicht­li­che Feh­ler, die einem im tech­ni­schen Be­reich täti­gen Ar­beit­neh­mer hätte auf­fal­len müssen.

 

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