Die überwiegend seit März 2021 geltende sog. Offenlegungsverordnung (EU) 2019/2088 fordert deutlich mehr Transparenz über Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen sowie über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten. Von dem Regelwerk sind Finanzmarktteilnehmer (insb. bestimmte als Verwalter oder Produktanbieter oder Verwalter tätige Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen, Verwalter von Investmentvermögen und Wertpapierfirmen) sowie Finanzberater (insb. bestimmte, in der Beratung tätige Versicherungsvermittler und -unternehmen, Kreditinstitute, Verwalter von Investmentvermögen und Wertpapierfirmen) betroffen. Es bestand nämlich die Befürchtung, dass solche Finanzmarktteilnehmer bzw. Finanzberater ihre Tätigkeiten und/oder Produkte "grüner" oder "sozialer" darstellen könnten als es in der Realität der Fall ist (sog. Greenwashing oder Social Washing).
Der Gesetzgeber hat darauf im Rahmen des sog. Fondsstandortgesetzes vom 03.06.2021 reagiert und umfangreiche neue gesetzliche Prüfungspflichten im KAGB, VAG und WpHG geregelt, mit denen das Greenwashing eingedämmt und verlässliche Informationen zu grünen Strategien und Produkten gewährleistet werden sollen.
Hinweis: Mit diesen gesetzlichen Maßnahmen geht Deutschland über die Mindestvorgaben der EU hinaus. Danach wären lediglich die Verankerung allgemeiner Überwachungspflichten bei national zuständigen Behörden, in Deutschland der BaFin, erforderlich gewesen. Nach deutschem Recht ist nunmehr jedoch ein Zusammenspiel von Prüfungen durch Wirtschaftsprüfer und der Überwachung durch Finanzaufseher erforderlich. Dies betrachtet das IDW als echten Wettbewerbs- und Standortvorteil für deutsche Unternehmen und Produkte des Finanzsektors im Bereich Nachhaltigkeit.
Um eine einheitlich hohe Qualität der Prüfungen zu fördern, hat das IDW einen neuen Praxishinweis entwickelt, der den Prüfungsgegenstand beschreibt und erste Hinweise zum prüferischen Vorgehen gibt. Dabei wurden die aufsichtlichen Vorgaben der BaFin berücksichtigt, die sich an dem derzeit eingeschätzten Risikopotenzial für Greenwashing orientieren.
Die Erstprüfungen im Kampf gegen Greenwashing oder Social Washing sind mit zahlreichen Anwendungsfragen verbunden. Dies liegt daran, dass die Auslegung von Anforderungen der EU-Offenlegungs- und auch der Taxonomie-Verordnung weiterhin in Diskussion ist. So liegen beispielsweise delegierte Rechtsakte der EU-Kommission immer noch nicht final vor. Damit kann auch aufgrund der neuen Prüf- und Überwachungspflichten durch die BaFin und die Wirtschaftsprüfer u.a. Greenwashing nicht vollständig verhindert werden.
Hinweis: Wirtschaftsprüfer dürfen ihre Feststellungen nach den gesetzlichen Vorgaben weitgehend nur im Prüfungsbericht darlegen. Der Praxishinweis soll im kommenden Jahr in einen verbindlichen Prüfungsstandard überführt werden, in den die Erkenntnisse aus den Erstprüfungen und weitere Konkretisierungen z. B. durch delegierte Rechtsakte der EU einfließen sollen.