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Governance - Risk - Compliance

Investigative Befragungstechnik gewinnt für Unternehmen an Bedeutung

Egal, ob im Rah­men von En­force­ment-Ver­fah­ren oder auf­grund des demnächst zwin­gend un­ter­neh­mens­in­tern zu im­ple­men­tie­ren­den Hin­weis­ge­ber­schutz­sys­tems: Un­ter­neh­men sind ge­zwun­gen, Ver­dachtsfällen aus den ei­ge­nen Rei­hen nach­zu­ge­hen. Viele Un­ter­neh­men stel­len ei­gene Er­mitt­lun­gen an, um den im Raum ste­hen­den Vor­wurf ab­zu­wen­den. Meis­tens wer­den da­bei Spe­zia­lis­ten aus dem Be­reich der In­ter­nen Re­vi­sion oder ei­gens für der­ar­tige Un­ter­su­chun­gen ein­ge­rich­tete Be­rei­che, sog. Com­pli­ance In­ves­ti­ga­tion Ab­tei­lun­gen, tätig. Grundsätz­lich ist in sol­chen Si­tua­tio­nen mit Be­dacht zu han­deln. Je­doch sind Un­ter­neh­mens­len­ker meis­tens keine Kri­mi­no­lo­gen - wir spre­chen des­halb mit Al­bina Kla­dusak, Cer­ti­fied In­ter­nal Au­di­tor, Cer­ti­fied Fraud Ex­ami­ner und Part­ne­rin bei Eb­ner Stolz in Stutt­gart, Bas­tian Wol­len­schein, CIA, CISA und Ma­na­ger bei Eb­ner Stolz in Ham­burg, so­wie Hen­ning Stuke, Kri­mi­no­loge und Be­fra­gungs­ex­perte. Als Trai­ner für fo­ren­si­sche In­ter­view­tech­nik schult er Kon­zerne, Ban­ken und Mit­telständ­ler in aus­sa­ge­psy­cho­lo­gi­schen Frage- und Kon­fron­ta­ti­ons­tech­ni­ken bei In­ter­nal In­ves­ti­ga­ti­ons.

Star­ten wir doch zunächst ein­mal bei Ih­nen, Frau Kla­dusak. Aus wel­chem Grund müssen Un­ter­neh­men zu­neh­mend kri­mi­na­lis­ti­sche Er­mitt­lun­gen an­stel­len?

© Albina Kladusak, Bastian Wollenschein und Henning Stuke

In der Re­gel ver­su­chen die Un­ter­neh­men im Falle von in­ter­nen Un­ter­su­chun­gen zunächst ein­mal einen im Raum ste­hen­den Vor­wurf zu klären, also Licht ins Dun­kel zu brin­gen. Da­bei kann es um un­ter­schied­li­che Sach­ver­halte ge­hen - die Band­breite reicht von ver­meint­li­chen Be­trugsfällen bis hin zu Mob­bing-Vorwürfen.

Das ak­tu­ell im Ent­wurf be­find­li­che Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz, kurz HinSchG, stellt eine neue Di­men­sion in Sa­chen in­terne Er­mitt­lun­gen dar. Mag das Ge­setz auch nicht di­rekt die For­de­rung stel­len, in­terne Er­mitt­lun­gen durch­zuführen oder sol­che Struk­tu­ren im Un­ter­neh­men zu eta­blie­ren, so for­dert es je­doch in­di­rekt als lo­gi­sche Schluss­fol­ge­rung aus der Ein­rich­tung ei­nes Mel­de­sys­tems, dass der Hin­weis un­ter­sucht wird. Denn ohne Un­ter­su­chung kann ers­tens schlecht den Wahr­heits­ge­halt der Mel­dung fest­ge­stellt und zwei­tens in den we­nigs­tens Fällen dem Hin­weis­ge­ber eine Ant­wort über das Er­geb­nis der Mel­dung ge­lie­fert wer­den.

Idea­ler­weise ge­hen also der­ar­tige Hin­weise über den im Un­ter­neh­men zu eta­blie­ren­den in­ter­nen Mel­de­ka­nal ein und wer­den dann zunächst von Mit­ar­bei­tern aus z. B. dem Com­pli­ance-Be­reich auf­ge­grif­fen und be­ar­bei­tet. So­fern sich in der ers­ten Prüfungs­in­stanz der Sach­ver­halt als re­le­vant für eine Nach­ver­fol­gung er­weist, er­folgt in der Re­gel eine Un­ter­su­chung, wel­che mit Hilfe ei­ge­ner in­ter­ner Res­sour­cen und/oder ex­ter­ner Spe­zia­lis­ten durch­geführt wird. In die­sem Zu­sam­men­hang wird de facto Er­mitt­lungs­ar­beit ge­leis­tet, um den Sach­ver­halt auf­zuklären. Es wer­den bspw. Da­ten von der Fest­platte und mo­bi­len Geräten ge­si­chert; es wer­den (fo­ren­si­sche) In­ter­views mit re­le­van­ten Per­so­nen geführt; Da­ten ana­ly­siert etc.

Da­von ab­ge­se­hen mag aber auch die Be­gren­zung bzw. zunächst ein­mal die Er­mitt­lung ei­nes Scha­dens aus einem De­likt die Mo­ti­va­tion un­se­rer Man­dan­ten für in­terne Er­mitt­lun­gen dar­stel­len. Viele Un­ter­neh­men ver­fol­gen zu­dem eine sog. Zero To­lerance Po­licy in Be­zug auf mögli­che Com­pli­ance-Verstöße. Diese be­dingt eben auch, dass Verstöße auf­geklärt und im An­schluss an­ge­mes­sen und begründet sank­tio­niert wer­den. Das kann ich nur, wenn ich vor­her Be­weise für das Fehl­ver­hal­ten pro­fes­sio­nell zu­sam­men­ge­stellt habe, also er­mit­telt habe.

Auf­grund des Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­set­zes müssen Un­ter­neh­men ja in Kürze ein in­ter­nes Mel­de­sys­tem im­ple­men­tie­ren, das Mit­ar­bei­tende befähigt, Ver­dachtsfälle an eine ver­trau­li­che Stelle zu mel­den. Was müssen Un­ter­neh­men tun, wenn nun eine sol­che Mel­dung ein­geht, Herr Wol­len­schein?

Un­ter­neh­men soll­ten un­be­dingt ers­tens die Mel­dung do­ku­men­tie­ren. Zwei­tens müssen sie Hin­weis­ge­ber zeit­nah, kon­kret spätes­tens nach sie­ben Ta­gen, über den Ein­gang der Mel­dung in­for­mie­ren und drit­tens Whist­leb­lo­wer über die Re­ak­tion oder das Er­geb­nis der Er­mitt­lun­gen auf den Hin­weis in­for­mie­ren. Das soll laut Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz in­ner­halb von drei Mo­na­ten er­fol­gen.

Darüber hin­aus liegt es im Ei­gen­in­ter­esse des Un­ter­neh­mens, ak­tu­el­len so­wie po­ten­ti­el­len Whist­leb­lo­wern zu zei­gen, dass auf Mel­dun­gen rea­giert wird, ergo dass auf ernst­hafte Mel­dun­gen in­tern er­mit­telt wird und da­bei überführte Täter an­ge­mes­sen sank­tio­niert wer­den.

Un­ter­neh­men soll­ten des­halb drin­gend ent­spre­chende Struk­tu­ren, also Mel­de­sys­teme im­ple­men­tie­ren und Er­mitt­lungsfähig­kei­ten auf­bauen.

Wie geht die in­terne Re­vi­sion im Un­ter­neh­men bis­her bei sol­chen Er­mitt­lun­gen vor, Herr Wol­len­schein? Ändert sich hieran et­was?

An der Art und Weise, wie bei Hin­wei­sen er­mit­telt wird, ändert sich durch das Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz gar nicht so viel. Was sich aber si­cher­lich ändert, ist der erhöhte Druck bei in­ter­nen Er­mitt­lun­gen, Er­geb­nisse zu lie­fern. Kon­kret be­deu­tet dies, dass die Un­ter­neh­men den ent­spre­chen­den Nach­wei­sen nach­ge­hen müssen. Mit „Er­geb­nis­sen“ meine ich dem­ent­spre­chend nicht, dass so und so viele Täter pro Jahr überführt wer­den oder so und so viel Scha­dens­summe ge­mel­det wurde. Ein Er­mitt­lungs­er­geb­nis kann auch sein, dass doch kein Scha­den ein­ge­tre­ten ist und sich der Ver­dacht nicht erhärtet. Hier las­tet bei man­chen Un­ter­neh­men ein fal­scher Druck auf den Er­mitt­lungs­ab­tei­lun­gen.

Wich­tig ist, dass das Un­ter­neh­men pro­fes­sio­nell struk­tu­rierte und do­ku­men­tierte Vor­ge­hens­wei­sen vorhält, die Be­trof­fe­nen und Be­ob­ach­tern ver­mit­teln, dass sau­ber und an­ge­mes­sen er­mit­telt und sank­tio­niert wird.

Da­her wer­den ab jetzt auch Un­ter­neh­men in­terne Er­mitt­lun­gen durchführen, die bis dato keine ent­spre­chen­den Ka­pa­zitäten hat­ten. Denn noch­mal: Es geht um die Glaubwürdig­keit, dass das Un­ter­neh­men „vor sei­ner ei­ge­nen Tür keh­ren“ kann. An­sons­ten nut­zen po­ten­zi­elle Whist­leb­lo­wer lie­ber ex­terne Mel­de­kanäle bzw. ge­hen an die Öff­ent­lich­keit. Das ist meis­tens nicht im Sinne des Un­ter­neh­mens.

Ex­per­ten wie Herr Stuke und un­ser GRC-Team un­terstützen Un­ter­neh­men beim Auf­bau der Struk­tu­ren und aku­ten Er­mitt­lun­gen.

Ge­rade im Fall ei­nes Whist­leb­lo­wings macht es wahr­schein­lich Sinn, dass die zuständige In­stanz im Un­ter­neh­men zunächst das ver­trau­li­che Ge­spräch mit dem Hin­weis­ge­ber sucht. Wie sollte ein sol­ches Ge­spräch geführt wer­den, um den Tat­vor­wurf auf­zuklären, Herr Stuke?

An ober­ste Stelle steht der Schutz der Ver­trau­lich­keit des Hin­weis­ge­bers. Des­halb sollte das Ge­spräch vor­nehm­lich in öff­ent­lich zugäng­li­chen Räumen außer­halb des Un­ter­neh­mens geführt wer­den. Dafür bie­ten sich Cafés, Ho­tel­lob­bies oder gar Spa­ziergänge an. Su­chen Sie zunächst al­leine das persönli­che Ge­spräch. Dies schafft mehr Ver­trauen und erhöht die Chance, dass sich die Per­son Ih­nen ge­genüber leich­ter öff­net.

Bei der ei­gent­li­chen Ge­sprächsführung kommt es sehr stark auf den An­lass an: Geht es hier um einen Sach­ver­halt, bei dem die hin­weis­ge­bende Per­son als außen­ste­hen­der Zeuge eine Un­re­gelmäßig­keit wahr­ge­nom­men hat, wird man sich an Fra­gen zur Sach­ver­haltsklärung ori­en­tie­ren. Die DIN ISO 37002 gibt hier ein paar gute An­halts­punkte zu den sach­ver­halts­be­zo­ge­nen Fra­gen, die Sie stel­len soll­ten.

Ist die hin­weis­ge­bende Per­son al­ler­dings zu­gleich auch Op­fer, weil sie z. B. durch se­xu­elle Überg­riffe oder Mob­bing un­mit­tel­bar be­trof­fen war, be­darf es zu­min­dest ei­ni­ger Grund­kennt­nisse im Um­gang mit dis­so­zia­ti­ven Störun­gen. Diese Störun­gen wer­den durch das Wie­der­er­le­ben be­last­ba­rer Mo­mente durch die Ei­gen­erzählung aus­gelöst und führen dazu, dass Be­trof­fene ihre Äußerun­gen und Emp­fin­dun­gen nicht mehr rich­tig kon­trol­lie­ren können. Er­in­ne­rungslücken, zu­sam­men­hangs­lose Äußerun­gen oder starke Emo­tio­nen ver­zer­ren das Bild, das sich der In­ter­viewer über den Vor­fall ma­chen möchte.

Darüber hin­aus emp­fiehlt es sich, sich mit dem „ko­gni­ti­ven In­ter­view“ nach Fis­her/Gei­sel­man ver­traut zu ma­chen. Diese wis­sen­schaft­lich ab­ge­si­cherte Be­fra­gungs­me­thode erhöht die Gedächt­nis­leis­tung von Zeu­gen um durch­schnitt­lich 35 %. Das „ko­gni­tive In­ter­view“ ba­siert u. a. auf dem gedächt­nis­psy­cho­lo­gi­schen Phäno­men der sog. En­ko­dier­spe­zi­fität: Der In­ter­viewer un­terstützt sei­nen Ge­sprächs­part­ner da­bei, sich ge­dank­lich wie­der in die Si­tua­tion zum Zeit­punkt der Wahr­neh­mung des Er­eig­nis­ses hin­ein­zu­ver­set­zen. Das „ko­gni­tive In­ter­view“ wird we­gen sei­ner Wirk­sam­keit seit vie­len Jah­ren nicht nur als pro­fes­sio­nel­les Ex­plo­ra­ti­ons­werk­zeug in der Psy­cho­ana­lyse und -the­ra­pie ein­ge­setzt, son­dern es ist auch mitt­ler­weile zum in­ter­na­tio­na­len Stan­dard bei Zeu­gen­be­fra­gun­gen in Si­cher­heits­behörden avan­ciert.

Nach der zu ver­mu­te­ten Rechts­lage in Zu­sam­men­hang mit den ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen zum Hin­weis­ge­ber­schutz wird auf Ba­sis des der­zei­ti­gen Ge­setz­ent­wurfs (§ 11 Abs. 3 HinSchG-E) eine Do­ku­men­ta­tion die­ses Ge­spräches als Wort­pro­to­koll oder Tonauf­zeich­nung statt­haft sein, wenn die hin­weis­ge­bende Per­son die­sem ausdrück­lich vor­her zu­ge­stimmt hat. Es emp­fiehlt sich, diese Zu­stim­mung ge­son­dert zu do­ku­men­tie­ren so­wie die Bestäti­gung über die Rich­tig­keit des Wort­pro­to­kolls nachträglich ein­zu­ho­len.

So­bald die Be­weis­lage es zulässt, geht es in das In­ter­view mit dem Be­schul­dig­ten. Da­bei geht es darum, her­aus­zu­fil­tern, ob eine Aus­sage rich­tig oder falsch ist. Wie führt man eine sol­che in­ves­ti­ga­tive Be­fra­gung durch?

In­ves­ti­ga­tive In­ter­views sind kom­plex. Je bes­ser Sie sich vor­be­rei­ten, desto größer sind Ihre Er­folgs­aus­sich­ten. Sie pla­nen am bes­ten im Vor­feld Ihr ge­sam­tes Be­fra­gungs­ver­hal­ten vom Be­ginn des Ge­spräches bis zu sei­ner Be­en­di­gung.

In­ves­ti­ga­tive Ge­sprächsführung ist eine Domäne der fo­ren­si­schen Aus­sa­ge­psy­cho­lo­gie. Diese hat für jede die­ser un­ter­schied­li­chen Pha­sen klare Hand­lungs­emp­feh­lun­gen und Ver­hal­tens­wei­sen for­mu­liert, an die Sie sich hal­ten soll­ten.

Wenn Sie einen verdäch­ti­gen Ge­sprächs­part­ner mit der Be­weis- oder In­di­zi­en­lage kon­fron­tie­ren wol­len, soll­ten Sie die sog. „Stra­te­gic Use of Evi­dence Tech­ni­que“ nach Gran­hag/Hart­wig an­wen­den. Die wis­sen­schaft­lich be­legte Er­folgs­aus­sicht die­ser Tech­nik liegt bei über 85 %. Sie ist da­mit „der Fer­rari“ un­ter den Be­fra­gungs­me­tho­den. Mit die­ser Tech­nik können Sie sys­te­ma­ti­sch tes­ten, ob Ihr Ge­sprächs­part­ner Sie anlügt. Da­bei stel­len Sie zunächst nur Fra­gen, de­ren Ant­wor­ten Sie be­reits ken­nen. Ins­be­son­dere an der Schnitt­stelle von Wirt­schafts­kri­mi­na­lität und Ar­beits­recht ist diese Tech­nik be­deut­sam, weil Sie dem Be­schul­dig­ten im Zwei­fels­fall nicht nur die Tat nach­wei­sen können, son­dern auch ge­genüber der Per­so­nal- oder Ge­schäfts­lei­tung be­le­gen können, ob Ihr Ge­sprächs­part­ner ggf. nachträglich im In­ter­view ver­sucht hat, sein Fehl­ver­hal­ten zu ver­schlei­ern.

Bei der An­wen­dung die­ser Be­fra­gungs­me­thode wer­den in ei­ner fest­ge­leg­ten Rei­hen­folge zu je­dem Be­weis im­mer vier Fra­gen mit einem un­ter­schied­li­chen Präzi­si­ons­grad ge­stellt. Da­bei ist es wich­tig, dass Sie die Be­weis­lage nicht of­fen­le­gen, son­dern diese nur spät, vage und häpp­chen­weise präsen­tie­ren. So kann Ihr Ge­sprächs­part­ner nicht ein­schätzen, über wel­che für ihn kri­ti­sche In­for­ma­tio­nen Sie verfügen. Das macht es ihm nicht nur schwer, eine Lüge glaub­haft vor­zu­tra­gen, son­dern es ani­miert ihn auch zur Wahr­heit.

Wel­che Feh­ler soll­ten un­be­dingt ver­mie­den wer­den? Oder an­ders ge­fragt: Wel­che In­ter­view­tech­ni­ken emp­feh­len Sie da­bei?

Ver­mei­den Sie je­den ge­sprächs­at­mo­sphäri­schen Druck. Je mehr Sie sich um ein freund­li­ches Be­fra­gungs­klima bemühen, desto größer wer­den Ihre Chan­cen auf eine um­fas­sende und wahr­heits­ge­treue Aus­sage. Die Aus­sa­ge­psy­cho­lo­gie be­zeich­net diese po­si­tiv be­setzte Grund­stim­mung als Rap­port (franz. Ver­bin­dung). Die­ser Ge­danke wurde aus der Psy­cho­the­ra­pie in die pro­fes­sio­nelle Ver­neh­mungs- und In­ter­view­tech­nik über­tra­gen. Rap­port ist ein tak­ti­sches Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel, das bei Ih­rem Ge­sprächs­part­ner das Gefühl auslösen soll, er/sie könne die Si­tua­tion kon­trol­lie­ren. Ver­mei­den Sie al­les, was der an­dere als un­an­ge­nehm emp­fin­den könnte.

Un­ter­bre­chen Sie Ih­ren Ge­sprächs­part­ner nie; auch wenn es sich um viele für Sie un­in­ter­es­sante Ne­bensäch­lich­kei­ten han­delt. Je mehr Ihr Ge­genüber re­det, desto ein­fa­cher ist es für Sie, et­waige Un­stim­mig­kei­ten zu ent­tar­nen. Ein Lügner muss sich ko­gni­tiv an­stren­gen, um sich nicht in Wi­der­sprüche zu ver­wi­ckeln. Je länger er re­det, desto schwe­rer wird es für ihn, diese Kom­pen­sa­ti­ons­an­stren­gun­gen zu un­ter­neh­men. Lange Re­de­pas­sa­gen des Ge­genübers ermögli­chen Ih­nen zu­dem das Er­ken­nen sog. Re­al­kenn­zei­chen. Das sind Merk­male in Aus­sa­gen, de­ren Vor­kom­men ten­den­zi­ell eher für Wahr­heit als für Lügen spricht. Ei­nes die­ser Merk­male ist u. a. die un­ge­ord­nete Erzähl­weise, bei der der Erzähler bei der Schil­de­rung ei­nes bspw. kom­ple­xen Ur­laub­ser­leb­nis­ses be­lie­big zwi­schen den ver­schie­de­nen, er­leb­ten Epi­so­den an un­ter­schied­li­chen Or­ten in sei­ner Schil­de­rung hin- und her­sprin­gen kann. Lügner ten­die­ren dazu, er­fun­dene Ge­schichte chro­no­lo­gi­sch zu schil­dern, weil ih­nen man­gels Er­leb­nis­hin­ter­grun­des die ko­gni­tive Leis­tungsfähig­keit fehlt, Aus­ge­dach­tes kom­plex mit­ein­an­der zu ver­we­ben. Ins­ge­samt gibt es 19 Re­al­kenn­zei­chen, mit de­nen auch fo­ren­si­sche Glaub­haf­tig­keits­gut­ach­ter bei Straf­ge­rich­ten den Wahr­heits­ge­halt ziel­si­che­rer ein­schätzen.

Es geht also darum, Ih­ren Ge­sprächs­part­ner zum Re­den zu ani­mie­ren. Das er­rei­chen Sie, in­dem Sie nur of­fene Fra­gen stel­len und ihn im­mer wie­der bit­ten, noch mehr und noch mehr zu erzählen. Ihr ei­ge­ner Re­de­an­teil in einem In­ter­view sollte nicht über 20 % lie­gen.

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