Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2009 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger ließ im Jahr 2010 aufgrund einer verbindlichen Bestellung von Dezember 2008 eine Photovoltaik-Anlage errichten und erzielt daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die tatsächlichen Herstellungskosten betrugen rd. 650.000 €.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH im Ergebnis keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb sind um 90.000 € aus der Aufstockung des Investitionsabzugsbetrags zu mindern.
Steuerpflichtige können gem. § 7g Abs. 1 S. 1 EStG für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Die in § 7g Abs. 1 S. 2 EStG genannten Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags sind erfüllt. Streitig ist jedoch, ob ein Investitionsabzugsbetrag, der bereits in einem Vorjahr abgezogen worden war, ohne dabei aber die absolute Höchstgrenze von 200.000 € je Betrieb oder die relative Höchstgrenze von 40 Prozent zu erreichen, in einem Folgejahr des durch § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 3 S. 1 EStG umrissenen Dreijahreszeitraums bis zum Erreichen der genannten Höchstgrenzen aufgestockt werden darf.
Diese Frage ist zu bejahen. Zwar lassen sich weder im Gesetzeswortlaut noch aus der Systematik des Gesetzes eindeutige Anhaltspunkte für die eine oder die andere Auffassung finden. Sowohl die historische Entwicklung des Gesetzes als auch der Gesetzeszweck sprechen aber für die Zulässigkeit späterer Aufstockungen eines für dasselbe Wirtschaftsgut bereits gebildeten Investitionsabzugsbetrags. § 7g EStG erhielt mit dem UntStRefG 2008 vom 14.8.2007 seine heutige Gestalt. Die Vorschrift nahm die frühere Regelung über die Ansparabschreibung und -rücklage (§ 7g EStG a.F.) auf, gestaltete sie aber in einigen Bereichen um. In Bezug auf die hier in Rede stehende Problematik verhielten sich Wortlaut und Systematik des § 7g EStG a.F. zur Frage der Zulässigkeit einer späteren Aufstockung einer in einem Vorjahr gebildeten Rücklage ebenso offen wie bei § 7g EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung.
Gleichwohl entsprach es zu § 7g EStG a.F. einhelliger Auffassung sowohl der Finanzverwaltung als auch der Rechtsprechung und Literatur, dass die Höhe der Rücklage in einem Folgejahr geändert (vermindert, aber auch aufgestockt) werden konnte. In den Materialien zum UntStRefG 2008 sind die einzelnen Änderungen, die im Zusammenhang mit dem Übergang von der Ansparabschreibung auf den Investitionsabzugsbetrag beabsichtigt waren, jeweils ausdrücklich benannt worden. Dass der Gesetzgeber den Steuerpflichtigen die - zu § 7g EStG a.F. auch von der Finanzverwaltung ausdrücklich zugelassene - Möglichkeit einer späteren Aufstockung nicht mehr einräumen wollte, geht indes weder aus dieser Auflistung der Änderungen noch aus anderen Formulierungen der Gesetzesmaterialien hervor.
Auch der Zweck des § 7g EStG spricht für die Zulässigkeit der nachträglichen Aufstockung eines Investitionsabzugsbetrags. Die genannte Vorschrift soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Verbesserung der Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe, der Unterstützung von deren Liquidität und Eigenkapitalbildung sowie der Stärkung der Investitions- und Innovationskraft dienen. Dieser Gesetzeszweck wird durch die Zulassung späterer Aufstockungen eines bereits in einem Vorjahr in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrags nicht unterlaufen, sondern im Gegenteil verwirklicht.
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