Die Bundesregierung beschloss am 31.7.2019, den Entwurf mit leichten Änderungen in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Im Folgenden fassen wir die für gemeinnützige Organisationen wesentlichen Änderungen zusammen. Die im Regierungsentwurf enthaltenen Änderungen sind für gemeinnützige Körperschaften insbesondere im Bereich der Umsatzsteuerbefreiungen von Relevanz.
§ 4 Nr. 18 UStG-E
§ 4 Nr. 18 UStG soll völlig neu gefasst werden. Der Gesetzgeber möchte damit die Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) in nationales Recht transformieren. Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung wäre dann, dass die Leistungen im Bereich der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Bisher ist die Umsatzsteuerbefreiung an die Mitgliedschaft in einem Wohlfahrtsverband geknüpft. Diese Voraussetzung würde dann entfallen.
Ebenso müssen die Entgelte der Leistungen nicht mehr hinter den an freien Markt erzielbaren Entgelten zurückbleiben. Voraussetzung wäre künftig, dass die Einrichtung keine systematische Gewinnerzielung anstrebt. Bei der Beurteilung sind sämtliche Tätigkeiten zu berücksichtigen. Die Einrichtung darf z. B. im Gegensatz zum Zweck eines gewerblichen Unternehmens nicht darauf gerichtet sein, für ihre Beteiligten Gewinne zu erzielen. Eine Einrichtung ohne Gewinnstreben kann jedoch auch dann vorliegen, wenn sie systematisch danach strebt, Überschüsse zu erwirtschaften, die sie anschließend für die Durchführung ihrer Leistungen verwendet. Diese Einschränkung der Vorschrift beruht auf Artikel 133 Absatz 1 Buchst. a MwStSystRL.
Bildungsleistungen (§ 4 Nr. 21 und § 4 Nr. 22 UStG-E)
Im aktuellen Gesetzentwurf unternimmt das BMF als Reaktion auf jüngste EuGH-Rechtsprechung einen weiteren Versuch, die Steuerbefreiungen der Bildungsleistungen neu zu fassen. Dies war seinerzeit mit dem Jahressteuergesetz 2013 nicht gelungen.
Wesentliche Neuerung ist dabei, dass die für die Steuerbefreiung bisher erforderliche Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde für nicht öffentliche Bildungseinrichtungen wegfallen soll. Die Überprüfung der Tatbestandsmerkmale würde dann künftig in der Zuständigkeit der Finanzbehörden liegen und zu mehr Rechtsicherheit führen.
Die bisher nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG umsatzsteuerbefreiten Kurse/Vorträge und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher und belehrender Art sollen in § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG-E aufgenommen werden. Analog zu Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL sind dann Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, steuerbefreit. Die Leistungen sind durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen mit vergleichbarer Zielsetzung zu erbringen (u. a. Ergänzungsschulen, Volkshochschulen in privatrechtlicher Struktur).
Durch die Änderung der Begrifflichkeiten ist zu befürchten, dass künftig allgemeinbildende Themen im Bereich der Weiterbildung von der Umsatzsteuerbefreiung ausgenommen werden.
Freizeitorientierte Leistungen sollen nicht unter die Umsatzsteuerbefreiung fallen, § 4 Nr. 21 Satz 2 UStG-E.
Fortbildungsmaßnahmen sollen künftig nur dann von der Umsatzsteuer befreit sein, wenn die Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben. Diese Abgrenzung würde insbesondere bei gewerblichen Bildungseinrichtungen für erhebliche Abgrenzungs- und Umsetzungsprobleme sorgen.
Kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Volkshochschulen oder von gemeinnützigen Einrichtungen durchgeführt werden, sollen weiterhin nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG befreit sein.
§ 4 Nr. 23 UStG-E
Der Gesetzentwurf des JStG 2019 sieht auch für § 4 Nr. 23 UStG eine Neufassung vor. Damit sollen die Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h und i MwStSystRL) für den Bereich der Erziehung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen in nationales Recht umgesetzt werden.
Bisher sieht § 4 Nr. 23 UStG eine Umsatzsteuerbefreiung für Beherbergungs-, Beköstigungs- und übliche Naturalleistungen vor, wenn diese von Einrichtungen im Rahmen von Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken erbracht werden.
Der Entwurf von § 4 Nr. 23 UStG-E sieht nun eine Untergliederung in Erziehung und damit eng verbundene Leistungen (Buchst. a), eng mit der Betreuung verbundene Leistungen (Buchst. b) und Verpflegungsdienstleistungen gegenüber Studierenden und Schülern (Buchst. c), vor.
Erziehung im Sinne der Vorschrift umfasst die gesamte geistige, sittliche und körperliche Erziehung, altersgerechte Sprach- und Wissensvermittlung, Angebote von Musik-, Kunst- und Bewegungserziehung sowie die Vermittlung von sozialen Kompetenzen und Werten. Zu den eng mit der Erziehung verbundenen Leistungen können wie bisher die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und der üblichen Naturalleistungen gehören. Unter eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Leistungen zählen insbesondere die Beaufsichtigung von Kindern und Jugendlichen, z. B. bei den Schularbeiten, sowie die Freizeitgestaltung. Eine Befreiung von Verpflegung- und Beköstigungsleistungen ist in der Gesetzesbegründung zu § 4 Nr. 23 Buchst. b nicht genannt.
In § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG-E ist eine Umsatzsteuerbefreiung für Verpflegungsdienstleistungen gegenüber Studierenden und Schülern an Hochschulen oder öffentlichen Schulen und Ersatzschulen vorgesehen.
In allen genannten Befreiungen dieser Vorschrift dürfen die Einrichtungen, die keine Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, keine systematische Gewinnerzielung anstreben.
Es scheint, dass die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und der üblichen Naturalleistungen im Rahmen von Aus- und Fortbildungszwecken von Kindern und Jugendlichen künftig nicht mehr umsatzsteuerbefreit sein wird. Die Gesetzesbegründung sieht dies u. E. bisher nicht vor. Fraglich ist, ob die „eng mit der Betreuung verbundenen Leistungen von Kindern und Jugendlichen“ i. S. d. § 4 Nr. 23 Buchst. b UStG-E auch Beherbergungs- und Beköstigungsleistungen umfassen sollten.
§ 4 Nr. 25 UStG-E
In § 4 Nr. 25 UStG, der die Steuerbefreiung von Leistungen der Jugendhilfe beinhaltet, sollen die Leistungen um Adoptionsvermittlungen nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz ergänzt werden.
§ 4 Nr. 29 UStG-E - Kostenteilungsgemeinschaft
Mit dem JStG 2019 soll eine neue Nr. 29 in § 4 UStG eingefügt werden, die Leistungen von Kostenteilungsgemeinschaften betrifft. Bisher wurde Art. 132 Abs. 1 Buchst. f) MwStSystRL im nationalen Recht nur für Gemeinschaften bei Heilberufen (§ 4 Nr. 14 Buchst. d) UStG) und damit unzureichend umgesetzt, wie der EuGH in jüngster Rechtsprechung festgestellt hat. Diesen Vorgaben soll die Einführung des § 4 Nr. 29 UStG-E nun Rechnung tragen.
Danach sollen künftig Leistungen steuerfrei sein, wenn die folgenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:
- Die Leistungen werden von einem im Inland ansässigen Zusammenschluss von Personen erbracht. Die Personen dürfen lediglich Personen sein, die dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeiten oder Tätigkeiten ausüben, die nach § 4 Nr. 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind. Es handelt sich also um Zusammenschlüsse von juristischen Personen, die als gemeinnützig anerkannt sind.
- Der Zusammenschluss wird nur gegenüber diesen Personen im Inland tätig.
- Die Leistungen des Zusammenschlusses werden von seinen Mitgliedern nur für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten (nichtunternehmerische oder umsatzsteuerfreie Tätigkeiten) verwendet.
- Der Zusammenschluss erhält von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten. D. h. der Zusammenschluss darf keinen Gewinn erzielen und dies auch nicht beabsichtigen.
- Die Befreiung darf nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen (reale Wettbewerbsverzerrung).
Des Weiteren haben sich die Finanzminister der Länder am 5.9.2019 einstimmig darauf verständigt, dass zur Stärkung der Gesellschaft und des Ehrenamts weitere Verbesserungen im Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht in die Beratungen zum JStG 2019 eingebracht werden sollen. Es soll die Übungsleiterpauschale von derzeit 2.400 Euro auf 3.000 Euro im Jahr erhöht sowie die Ehrenamtspauschale um weitere 120 Euro auf 840 Euro angehoben werden. Zudem soll die Freigrenze bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gemeinnütziger Vereine unter bestimmten Voraussetzungen von 35.000 Euro auf 45.000 Euro angehoben werden. Schließlich ist geplant, den Anwendungsbereich für das vereinfachte Spendenbescheinigungsverfahren auszuweiten.
Hinweis
Durch die angedachten Änderungen treten viele Fragen zutage, die sich mit der Gesetzesbegründung nicht beantworten lassen und zu großen Auslegungsschwierigkeiten führen.
Die Änderungen sollen bereits ab 1.1.2020 in Kraft treten. Mit der Verabschiedung des JStG 2019 ist jedoch voraussichtlich nicht vor Ende November zu rechnen. Es bleibt daher abzuwarten, in welcher Art die genannten Änderung im Gesetz abschließend verankert werden, diese noch ergänzt bzw. begründet werden und ob diese bereits tatsächlich zum 1.1.2020 umzusetzen sind oder ob eine Übergangszeit vorgesehen ist.