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Jahressteuergesetz 2019: geplante Änderungen für gemeinnützige Organisationen

Am 8.5.2019 veröff­ent­lichte das BMF den „Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur wei­te­ren steu­er­li­chen Förde­rung der Elek­tro­mo­bi­lität und zur Ände­rung wei­te­rer steu­er­li­cher Vor­schrif­ten“. An­ge­sichts der Viel­zahl steu­er­li­cher The­men wird er verkürzt aber auch als „Jah­res­steu­er­ge­setz 2019“ (JStG 2019) be­zeich­net.

Die Bun­des­re­gie­rung be­schloss am 31.7.2019, den Ent­wurf mit leich­ten Ände­run­gen in das Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren ein­zu­brin­gen. Im Fol­gen­den fas­sen wir die für ge­meinnützige Or­ga­ni­sa­tio­nen we­sent­li­chen Ände­run­gen zu­sam­men. Die im Re­gie­rungs­ent­wurf ent­hal­te­nen Ände­run­gen sind für ge­meinnützige Körper­schaf­ten ins­be­son­dere im Be­reich der Um­satz­steu­er­be­frei­un­gen von Re­le­vanz.

§ 4 Nr. 18 UStG-E

§ 4 Nr. 18 UStG soll völlig neu ge­fasst wer­den. Der Ge­setz­ge­ber möchte da­mit die Vor­ga­ben der Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwSt­Sys­tRL) in na­tio­na­les Recht trans­for­mie­ren. Vor­aus­set­zung für die Um­satz­steu­er­be­frei­ung wäre dann, dass die Leis­tun­gen im Be­reich der So­zi­alfürsorge und so­zia­len Si­cher­heit von Ein­rich­tun­gen des öff­ent­li­chen Rechts oder an­de­ren Ein­rich­tun­gen mit so­zia­lem Cha­rak­ter er­bracht wer­den. Bis­her ist die Um­satz­steu­er­be­frei­ung an die Mit­glied­schaft in einem Wohl­fahrts­ver­band geknüpft. Diese Vor­aus­set­zung würde dann ent­fal­len.

Ebenso müssen die Ent­gelte der Leis­tun­gen nicht mehr hin­ter den an freien Markt er­ziel­ba­ren Ent­gel­ten zurück­blei­ben. Vor­aus­set­zung wäre künf­tig, dass die Ein­rich­tung keine sys­te­ma­ti­sche Ge­winn­er­zie­lung an­strebt. Bei der Be­ur­tei­lung sind sämt­li­che Tätig­kei­ten zu berück­sich­ti­gen. Die Ein­rich­tung darf z. B. im Ge­gen­satz zum Zweck ei­nes ge­werb­li­chen Un­ter­neh­mens nicht dar­auf ge­rich­tet sein, für ihre Be­tei­lig­ten Ge­winne zu er­zie­len. Eine Ein­rich­tung ohne Ge­winn­stre­ben kann je­doch auch dann vor­lie­gen, wenn sie sys­te­ma­ti­sch da­nach strebt, Über­schüsse zu er­wirt­schaf­ten, die sie an­schließend für die Durchführung ih­rer Leis­tun­gen ver­wen­det. Diese Ein­schränkung der Vor­schrift be­ruht auf Ar­ti­kel 133 Ab­satz 1 Buchst. a MwSt­Sys­tRL.

Bildungsleistungen (§ 4 Nr. 21 und § 4 Nr. 22 UStG-E)

Im ak­tu­el­len Ge­setz­ent­wurf un­ter­nimmt das BMF als Re­ak­tion auf jüngste EuGH-Recht­spre­chung einen wei­te­ren Ver­such, die Steu­er­be­frei­un­gen der Bil­dungs­leis­tun­gen neu zu fas­sen. Dies war sei­ner­zeit mit dem Jah­res­steu­er­ge­setz 2013 nicht ge­lun­gen.

We­sent­li­che Neue­rung ist da­bei, dass die für die Steu­er­be­frei­ung bis­her er­for­der­li­che Be­schei­ni­gung der zuständi­gen Lan­des­behörde für nicht öff­ent­li­che Bil­dungs­ein­rich­tun­gen weg­fal­len soll. Die Überprüfung der Tat­be­stands­merk­male würde dann künf­tig in der Zuständig­keit der Fi­nanz­behörden lie­gen und zu mehr Recht­si­cher­heit führen.

Die bis­her nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG um­satz­steu­er­be­frei­ten Kurse/Vorträge und an­dere Ver­an­stal­tun­gen wis­sen­schaft­li­cher und be­leh­ren­der Art sol­len in § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG-E auf­ge­nom­men wer­den. Ana­log zu Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwSt­Sys­tRL sind dann Schul- und Hoch­schul­un­ter­richt, Aus- und Fort­bil­dung so­wie be­ruf­li­che Um­schu­lung und da­mit eng ver­bun­dene Lie­fe­run­gen und sons­tige Leis­tun­gen, steu­er­be­freit. Die Leis­tun­gen sind durch Ein­rich­tun­gen des öff­ent­li­chen Rechts, die mit sol­chen Auf­ga­ben be­traut sind, oder durch an­dere Ein­rich­tun­gen mit ver­gleich­ba­rer Ziel­set­zung zu er­brin­gen (u. a. Ergänzungs­schu­len, Volks­hoch­schu­len in pri­vat­recht­li­cher Struk­tur).

Durch die Ände­rung der Be­grifflich­kei­ten ist zu befürch­ten, dass künf­tig all­ge­mein­bil­dende The­men im Be­reich der Wei­ter­bil­dung von der Um­satz­steu­er­be­frei­ung aus­ge­nom­men wer­den.

Frei­zei­to­ri­en­tierte Leis­tun­gen sol­len nicht un­ter die Um­satz­steu­er­be­frei­ung fal­len, § 4 Nr. 21 Satz 2 UStG-E.

Fort­bil­dungsmaßnah­men sol­len künf­tig nur dann von der Um­satz­steuer be­freit sein, wenn die Ein­rich­tun­gen keine sys­te­ma­ti­sche Ge­winn­er­zie­lung an­stre­ben. Diese Ab­gren­zung würde ins­be­son­dere bei ge­werb­li­chen Bil­dungs­ein­rich­tun­gen für er­heb­li­che Ab­gren­zungs- und Um­set­zungs­pro­bleme sor­gen.

Kul­tu­relle und sport­li­che Ver­an­stal­tun­gen, die von ju­ris­ti­schen Per­so­nen des öff­ent­li­chen Rechts, von Volks­hoch­schu­len oder von ge­meinnützi­gen Ein­rich­tun­gen durch­geführt wer­den, sol­len wei­ter­hin nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG be­freit sein.

§ 4 Nr. 23 UStG-E

Der Ge­setz­ent­wurf des JStG 2019 sieht auch für § 4 Nr. 23 UStG eine Neu­fas­sung vor. Da­mit sol­len die Vor­ga­ben der Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h und i MwSt­Sys­tRL) für den Be­reich der Er­zie­hung und Be­treu­ung von Kin­dern und Ju­gend­li­chen in na­tio­na­les Recht um­ge­setzt wer­den.

Bis­her sieht § 4 Nr. 23 UStG eine Um­satz­steu­er­be­frei­ung für Be­her­ber­gungs-, Bekösti­gungs- und übli­che Na­tu­ral­leis­tun­gen vor, wenn diese von Ein­rich­tun­gen im Rah­men von Er­zie­hungs-, Aus­bil­dungs- oder Fort­bil­dungs­zwe­cken er­bracht wer­den.

Der Ent­wurf von § 4 Nr. 23 UStG-E sieht nun eine Un­ter­glie­de­rung in Er­zie­hung und da­mit eng ver­bun­dene Leis­tun­gen (Buchst. a), eng mit der Be­treu­ung ver­bun­dene Leis­tun­gen (Buchst. b) und Ver­pfle­gungs­dienst­leis­tun­gen ge­genüber Stu­die­ren­den und Schülern (Buchst. c), vor.

Er­zie­hung im Sinne der Vor­schrift um­fasst die ge­samte geis­tige, sitt­li­che und körper­li­che Er­zie­hung, al­ters­ge­rechte Sprach- und Wis­sens­ver­mitt­lung, An­ge­bote von Mu­sik-, Kunst- und Be­we­gungs­er­zie­hung so­wie die Ver­mitt­lung von so­zia­len Kom­pe­ten­zen und Wer­ten. Zu den eng mit der Er­zie­hung ver­bun­de­nen Leis­tun­gen können wie bis­her die Gewährung von Be­her­ber­gung, Bekösti­gung und der übli­chen Na­tu­ral­leis­tun­gen gehören. Un­ter eng mit der Kin­der- und Ju­gend­be­treu­ung ver­bun­dene Leis­tun­gen zählen ins­be­son­dere die Be­auf­sich­ti­gung von Kin­dern und Ju­gend­li­chen, z. B. bei den Schul­ar­bei­ten, so­wie die Frei­zeit­ge­stal­tung. Eine Be­frei­ung von Ver­pfle­gung- und Bekösti­gungs­leis­tun­gen ist in der Ge­set­zes­begründung zu § 4 Nr. 23 Buchst. b nicht ge­nannt.

In § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG-E ist eine Um­satz­steu­er­be­frei­ung für Ver­pfle­gungs­dienst­leis­tun­gen ge­genüber Stu­die­ren­den und Schülern an Hoch­schu­len oder öff­ent­li­chen Schu­len und Er­satz­schu­len vor­ge­se­hen.

In al­len ge­nann­ten Be­frei­un­gen die­ser Vor­schrift dürfen die Ein­rich­tun­gen, die keine Körper­schaf­ten des öff­ent­li­chen Rechts sind, keine sys­te­ma­ti­sche Ge­winn­er­zie­lung an­stre­ben.

Es scheint, dass die Gewährung von Be­her­ber­gung, Bekösti­gung und der übli­chen Na­tu­ral­leis­tun­gen im Rah­men von Aus- und Fort­bil­dungs­zwe­cken von Kin­dern und Ju­gend­li­chen künf­tig nicht mehr um­satz­steu­er­be­freit sein wird. Die Ge­set­zes­begründung sieht dies u. E. bis­her nicht vor. Frag­lich ist, ob die „eng mit der Be­treu­ung ver­bun­de­nen Leis­tun­gen von Kin­dern und Ju­gend­li­chen“ i. S. d. § 4 Nr. 23 Buchst. b UStG-E auch Be­her­ber­gungs- und Bekösti­gungs­leis­tun­gen um­fas­sen soll­ten.

§ 4 Nr. 25 UStG-E

In § 4 Nr. 25 UStG, der die Steu­er­be­frei­ung von Leis­tun­gen der Ju­gend­hilfe be­inhal­tet, sol­len die Leis­tun­gen um Ad­op­ti­ons­ver­mitt­lun­gen nach dem Ad­op­ti­ons­ver­mitt­lungs­ge­setz ergänzt wer­den.

§ 4 Nr. 29 UStG-E - Kostenteilungsgemeinschaft

Mit dem JStG 2019 soll eine neue Nr. 29 in § 4 UStG ein­gefügt wer­den, die Leis­tun­gen von Kos­ten­tei­lungs­ge­mein­schaf­ten be­trifft. Bis­her wurde Art. 132 Abs. 1 Buchst. f) MwSt­Sys­tRL im na­tio­na­len Recht nur für Ge­mein­schaf­ten bei Heil­be­ru­fen (§ 4 Nr. 14 Buchst. d) UStG) und da­mit un­zu­rei­chend um­ge­setzt, wie der EuGH in jüngs­ter Recht­spre­chung fest­ge­stellt hat. Die­sen Vor­ga­ben soll die Einführung des § 4 Nr. 29 UStG-E nun Rech­nung tra­gen.

Da­nach sol­len künf­tig Leis­tun­gen steu­er­frei sein, wenn die fol­gen­den Tat­be­stands­merk­male erfüllt sind:

  • Die Leis­tun­gen wer­den von einem im In­land ansässi­gen Zu­sam­men­schluss von Per­so­nen er­bracht. Die Per­so­nen dürfen le­dig­lich Per­so­nen sein, die dem Ge­mein­wohl die­nende nicht­un­ter­neh­me­ri­sche Tätig­kei­ten oder Tätig­kei­ten ausüben, die nach § 4 Nr. 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 UStG von der Um­satz­steuer be­freit sind. Es han­delt sich also um Zu­sam­men­schlüsse von ju­ris­ti­schen Per­so­nen, die als ge­meinnützig an­er­kannt sind.
  • Der Zu­sam­men­schluss wird nur ge­genüber die­sen Per­so­nen im In­land tätig.
  • Die Leis­tun­gen des Zu­sam­men­schlus­ses wer­den von sei­nen Mit­glie­dern nur für un­mit­tel­bare Zwecke der Ausübung die­ser Tätig­kei­ten (nicht­un­ter­neh­me­ri­sche oder um­satz­steu­er­freie Tätig­kei­ten) ver­wen­det.
  • Der Zu­sam­men­schluss erhält von sei­nen Mit­glie­dern le­dig­lich die ge­naue Er­stat­tung des je­wei­li­gen An­teils an den ge­mein­sa­men Kos­ten. D. h. der Zu­sam­men­schluss darf kei­nen Ge­winn er­zie­len und dies auch nicht be­ab­sich­ti­gen.
  • Die Be­frei­ung darf nicht zu ei­ner Wett­be­werbs­ver­zer­rung führen (reale Wett­be­werbs­ver­zer­rung).

Des Wei­te­ren ha­ben sich die Fi­nanz­mi­nis­ter der Länder am 5.9.2019 ein­stim­mig dar­auf verständigt, dass zur Stärkung der Ge­sell­schaft und des Eh­ren­amts wei­tere Ver­bes­se­run­gen im Ge­meinnützig­keits- und Spen­den­recht in die Be­ra­tun­gen zum JStG 2019 ein­ge­bracht wer­den sol­len. Es soll die Übungs­lei­ter­pau­schale von der­zeit 2.400 Euro auf 3.000 Euro im Jahr erhöht so­wie die Eh­ren­amts­pau­schale um wei­tere 120 Euro auf 840 Euro an­ge­ho­ben wer­den. Zu­dem soll die Frei­grenze bei der Körper­schaft- und Ge­wer­be­steuer für wirt­schaft­li­che Ge­schäfts­be­triebe ge­meinnützi­ger Ver­eine un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen von 35.000 Euro auf 45.000 Euro an­ge­ho­ben wer­den. Schließlich ist ge­plant, den An­wen­dungs­be­reich für das ver­ein­fachte Spen­den­be­schei­ni­gungs­ver­fah­ren aus­zu­wei­ten.

Hinweis

Durch die an­ge­dach­ten Ände­run­gen tre­ten viele Fra­gen zu­tage, die sich mit der Ge­set­zes­begründung nicht be­ant­wor­ten las­sen und zu großen Aus­le­gungs­schwie­rig­kei­ten führen.

Die Ände­run­gen sol­len be­reits ab 1.1.2020 in Kraft tre­ten. Mit der Ver­ab­schie­dung des JStG 2019 ist je­doch vor­aus­sicht­lich nicht vor Ende No­vem­ber zu rech­nen. Es bleibt da­her ab­zu­war­ten, in wel­cher Art die ge­nann­ten Ände­rung im Ge­setz ab­schließend ver­an­kert wer­den, diese noch ergänzt bzw. begründet wer­den und ob diese be­reits tatsäch­lich zum 1.1.2020 um­zu­set­zen sind oder ob eine Überg­angs­zeit vor­ge­se­hen ist.

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