Die wichtigsten Änderungen des JStG 2020 für Anleger, depotführende Stellen und Kapitalverwaltungsgesellschaften sind:
- Im Unterschied noch zum Referentenentwurf des JStG 2020 erfolgt keine Änderung der Besteuerung von Kapitalanlagen, die auf eine Sachleistung gerichtet sind (insbesondere XETRA-Gold). Veräußerungsergebnisse aus solchen Kapitalanlagen sind allenfalls nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtig und damit außerhalb der Jahresfrist regelmäßig steuerfrei.
- Ab 2020 gilt nach § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG eine eingeschränkte Verrechnung von Verlusten aus der Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung und aus einem sonstigen Ausfall von Kapitalanlagen (sowie der Ausbuchung oder Übertragung wertloser Kapitalanlagen wie Aktien, Investmentfonds oder Zertifikaten) mit sonstigen Einkünften aus Kapitalvermögen, die auf 10.000 EUR pro Jahr beschränkt ist. Ab 2021 ist nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG außerdem die Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften (z. B. aus der Veräußerung, der Glattstellung oder dem Verfall von bedingten bzw. unbedingten Termingeschäften) beschränkt auf Gewinne aus Termingeschäften und vereinnahmten Stillhalterprämien mit einer Obergrenze von ebenfalls zu 10.000 EUR pro Jahr. Obwohl im Gesetzgebungsverfahren sogar die Abschaffung dieser verschärften Verlustverrechnungen („BMF-Steuerhammer“) diskutiert wurde, erfolgt mit dem JStG 2020 lediglich die Erhöhung der beiden Grenzen auf 20.000 EUR. Ob diese Regelungen Bestand haben werden, wird vermutlich erst der BFH entscheiden.
- § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG regelt seit Einführung der Abgeltungsteuer, dass insbesondere bei Umtauschanleihen und Aktienanleihen, aber nach dem Wortlaut auch bei sonstigen Kapitalforderungen, bei denen der Inhaber (bzw. Emittent) das Recht hat, bei Fälligkeit anstelle der Zahlung eines Geldbetrags die Lieferung von Wertpapieren zu verlangen (bzw. Wertpapiere anzudienen), der Tauschvorgang steuerneutral ist. Dies erfolgte vor dem Hintergrund, dass bei einem solchen Tausch keine Liquidität fließt, von der eine Bank Kapitalertragsteuer einbehalten könnte. Durch eine Änderung des JStG 2020 ist die Regelung ab 2021 nur noch auf die Andienung von Aktien beschränkt. Falls andere Wertpapiere eingebucht werden, sollte für steuerliche Zwecke regelmäßig eine Veräußerung vorliegen, so dass die depotführende Stelle das Konto des Anlegers mit Kapitalertragsteuer belasten (bzw. falls dies nicht möglich ist, dem Finanzamt anzeigen) müsste.
- Bei unbaren Kapitalmaßnahmen von Kapitalgesellschaften gilt die Vereinfachungsregelung des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG, nach welcher der Ertrag und die Anschaffungskosten der neuen Anteile mit 0 EUR angesetzt werden, wenn u. a. die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags nicht möglich ist. Zu der steuerlichen Einordnung einzelner Kapitalmaßnahmen ausländischer Kapitalgesellschaften hat sich das BMF in der Vergangenheit gelegentlich im Nachgang geäußert. Im Einzelfall führte dies zur Rückabwicklung des Kapitalertragsteuerabzugs auf Ebene der depotführenden Stellen. Zukünftig soll es bei unbaren Kapitalmaßnahmen ausländischer Kapitalgesellschaften nicht mehr darauf ankommen, ob die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags möglich ist oder nicht, sondern stets ein Kapitalertrag von 0 EUR angesetzt werden und die Anschaffungskosten unverändert bleiben. Dies soll für Kapitalmaßnahmen ab 2021 gelten, wenn die zu Grunde liegenden Anteile unter dem Regime der Abgeltungsteuer erworben wurden.
- Bei der Anrechnung von ausländischen Steuern auf die Abgeltungsteuer auf Publikums-Investmentfondserträge (typischerweise Ausschüttungen) ist für Zwecke der Höchstbetragsberechnung auf den steuerpflichtigen Investmentertrag, d. h. nach Anwendung einer möglichen Teilfreistellung nach § 20 InvStG abzustellen. Dazu wird in § 32d Abs. 5 EStG eine Präzisierung („steuerpflichtiger“) vorgenommen.
- Alternative Investmentfonds (AIFs) dürfen im registrierten Bereich gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 7 KAGB auch in den Rechtsformen einer juristischen Person (z. B. GmbH oder KGaA) oder Personenhandelsgesellschaft aufgelegt werden, soweit eine Nachschusspflicht der Anleger ausgeschlossen ist. In diesen Fällen fehlt es jedoch an einer inländischen auszahlenden Stelle, weil diese Aktien in der Regel bzw. GmbH-Anteile stets nicht depotverwahrt werden. Wie bei Anteilen an Investmentfonds, die im Ausland depotverwahrt werden, kommt es nicht zu einem Kapitalertragsteuerabzug bei Ausschüttung bzw. einer Belastung des Anlegerkontos bei Thesaurierung. Daher soll in diesen Fällen, d. h. wenn Anteile an einem inländischen Investmentfonds nicht im In- oder Ausland depotverwahrt werden, der inländische Investmentfonds den Kapitalertragsteuerabzug vornehmen und darüber eine Steuerbescheinigung ausstellen.
- Zukünftig soll bei der Berichtigung einer Steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 6 EStG die Finanzverwaltung auch bei elektronisch übermittelten Steuerbescheinigungen benachrichtigt werden und zudem grundsätzlich Angaben (i) zu dem Anlass der Berichtigung und (ii) die berichtigten sowie die ursprünglichen Daten enthalten. Gerade die Mitteilung der inhaltlichen Angaben jeder berichtigten Steuerbescheinigung an die Finanzverwaltung dürfte je nach Anzahl der zu berichtigenden Steuerbescheinigungen einen deutlichen Aufwand für die Aussteller der Steuerbescheinigungen bedeuten.
- Nach § 8 Nr. 8 GewStG werden die Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen Mitunternehmerschaft dem Gewerbeertrag hinzugerechnet und nach § 9 Nr. 2 GewStG korrespondierend die Anteile am Gewinn einer in- oder ausländischen Mitunternehmerschaft für gewerbesteuerliche Zwecke gekürzt. Im Ergebnis sollen entsprechende Gewinn- oder Verlustanteile bei dem Mitunternehmer nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Allerdings ist nach § 9 Nr. 2 Satz 2 GewStG bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie bei Pensionsfonds und bei Einkünften im Sinne des § 7 Satz 8 GewStG die Kürzung von Gewinnanteilen nicht anzuwenden. Diese Ausnahme soll zukünftig auch bei der Hinzurechnung von Verlusten gelten, d. h. entsprechende Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen Mitunternehmerschaft müssen von Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds nicht mehr dem Gewerbeertrag hinzugerechnet werden, was für diese Anlegergruppe vorteilhaft ist.
- Die Gewerbesteuerpflicht von AStG-Hinzurechnungsbeträgen nach § 7 Satz 7 GewStG wurde Ende 2016 eingeführt und gilt ab 2016. Mit dem geänderten § 36 Abs. 3 Satz 3 GewStG wird nun gesetzlich geregelt, dass Hinzurechnungsbeträge erst ab 2017 gewerbesteuerpflichtig sind.
- Die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung, dass die aufsichtsrechtliche Einordnung als „Investmentvermögen“ keine Bindungswirkung für die investmentsteuerliche Einordnung als Investmentfonds entfaltet, wird im InvStG verankert, wenngleich (andere) Verwaltungsbehörden nach § 5 Abs. 3 Satz 2 KAGB an die Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) gebunden sind.
- § 22 InvStG wird zur zutreffenden Abgrenzung der Wertveränderungen im Privatvermögen sowie zur Besteuerung des fiktiven Veräußerungsergebnisses im Fall der Einlage eines Investmentanteils durch den Anleger in sein Betriebsvermögen geändert.
- Mit dem JStG 2020 erfolgt eine weitere Verschärfung, nach der nun auch der Gewinn aus der fiktiven Veräußerung auf Grund eines Teilfreistellungswechsels zukünftig sofort steuerpflichtig sein wird, auch wenn es sich um einen unbaren Vorgang handelt. Die depotführende Stelle muss demnach nach § 44 Abs. 1 Satz 7 ff. EStG Kapitalertragsteuer durch Belastung eines Kontos des Anlegers einbehalten (bzw. falls dies nicht möglich ist, dem Finanzamt anzeigen). Gemäß dem derzeitigen § 22 Abs. 3 InvStG erfolgt die Versteuerung nicht im Zeitpunkt des Teilfreistellungswechsels, sondern erst bei tatsächlicher Veräußerung der Investmentanteile. Ähnlich wie bei der bisherigen Problematik der Kapitalmaßnahmen könnte die Änderung zahlreiche Stornierungen und Neuabrechnungen auslösen, wenn sich herausstellen sollte, dass die Meldung in WM-Datenservice über einen Teilfreistellungswechsel unzutreffend war.
- Die Doppelstöckigkeit von Spezial-Investmentfonds resultiert in Fragestellungen, die sich an Hand der bestehenden Regelungen nur unzureichend klar lösen lassen. Es fehlt insbesondere an einer § 10 InvStG a.F. vergleichbaren Regelung. Auf Grund dieser Problematik wurde bereits § 33 InvStG für inländische Immobilienerträge vor dem 1.1.2018 geändert. Mit der Ergänzung des § 37 InvStG sollen nun zum einen über einen Ziel-Spezial-Investmentfonds bezogene ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Erträge stets nicht steuerfrei thesaurierbar sein können, selbst wenn sie Veräußerungs- und Termingeschäftsgewinne bzw. Stillhalterprämien enthalten. Unterstellt man eine semitransparente Betrachtungsweise, kommt man zu dem Ergebnis, dass ausschüttungsgleiche Erträge solche Veräußerungserfolge gar nicht beinhalten können (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvStG). Die Ergänzung soll bewirken, dass von einem Ziel-Spezial-Investmentfonds ausgeschüttete Veräußerungs- und Termingeschäftsgewinne bzw. Stillhalterprämien auf Ebene des Dach-Spezial-Investmentfonds im Fall der Thesaurierung zu steuerpflichtigen ausschüttungsgleichen Erträgen werden. Nur auf Ebene des Dach-Spezial-Investmentfonds selbst erzielte Veräußerungs- und Termingeschäftsgewinne bzw. Stillhalterprämien (inkl. der Gewinne aus der Veräußerung von Publikums- und Spezial-Investmentfonds) sollen steuerfrei thesauriert werden können (§ 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 InvStG). Zum anderen sollen über einen Ziel-Spezial-Investmentfonds bezogene Absetzungsbeträge ihre steuerliche Qualifikation grundsätzlich behalten: So können von einem Ziel-Spezial-Investmentfonds zusammen mit den Immobilienerträgen bezogene Absetzungsbeträge durch den Dach-Spezial-Investmentfonds weitergeschüttet werden. Hingegen sollen von einem Ziel-Spezial-Investmentfonds bezogene Zurechnungs- und Immobilien-Zurechnungsbeträge in der Substanz des Dach-Spezial-Investmentfonds „untergehen“. Substanzbeträge wiederum müssten nicht separat geregelt werden, da sie einen Auffangtatbestand auf jeder Ebene darstellen, so dass auf Ebene des Dach-Spezial-Investmentfonds in Ermangelung von Erträgen die Frage, ob sie ggf. aus einem Ziel-Spezial-Investmentfonds stammen, irrelevant ist. Zielführender wäre eine Änderung der Definition der ausschüttungsgleichen Erträge bzw. der steuerfrei thesaurierbaren Kapitalerträge in Bezug auf Erträge aus Ziel-Spezial-Investmentfonds als eine Änderung der Gliederung in § 37 InvStG.
- Verfahrensrechtlich soll der verbleibende Freibetrag eines Privatanlegers für den Gewinn aus der Veräußerung bestandsgeschützter Investmentfondsanteile (einmalig 100.000 EUR) wie der verbleibende Verlustvortrag nach § 10d EStG behandelt werden, so dass der Einkommensteuerbescheid wie ein Grundlagenbescheid wirkt.