Der BFH hatte in der Vergangenheit bereits entschieden, dass bei einem Aktivtausch im Rahmen einer „Aufwärtsverschmelzung“ junges Verwaltungsvermögen entsteht. Ungeklärt blieb, ob die dort dargestellten Grundsätze auch auf junge Finanzmittel übertragbar sind. Daneben bestand in der Praxis Unsicherheit, welche Umwandlungsvorgänge schädlich sind. In Fällen, in denen aus zeitlichen Gründen ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nicht gestellt werden konnte, wurde aus Vorsichtsgründen in der Praxis von „jungem Verwaltungsvermögen“ und „jungen Finanzmitteln“ ausgegangen, bzw. die vorweggenommene Erbfolge verschoben, um den Ablauf der zweijährigen Frist abzuwarten.
Die Erlasse bekräftigen die restriktive Ansicht der Finanzverwaltung, was aber zumindest zu einer Klarstellung und zu Rechtssicherheit führt. Die Erweiterung des Begriffs der jungen Finanzmittel durch die Erlasse erscheint allerdings aus Sicht der Praxis zu unbestimmt und im Ergebnis verfehlt, da sie dem Gesetz widerspricht.
Die Erlasse gelten - mangels Anwendungsregelung - grundsätzlich für alle offenen Fälle.
Umwandlungsvorgänge
Die Finanzverwaltung bleibt bei der Beurteilung der Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen bei ihrer betriebs- und gesellschaftsbezogenen Betrachtungsweise. Im Konzernverbund bedeutet dies, dass junges Verwaltungsvermögen auf Ebene einer jeden Konzerngesellschaft festgestellt wird. Das Schrifttum geht dagegen überwiegend von einer konsolidierten Betrachtung aus, bei der junges Verwaltungsvermögen ausschließlich durch einen „externen“ Erwerb entstehen kann.
Nach der Gesetzesdefinition ist Verwaltungsvermögen jung, wenn es dem Betrieb im Zeitpunkt der Steuerentstehung weniger als zwei Jahre zuzurechnen war. Als entscheidend für die Qualifikation von „jungem Verwaltungsvermögen“ sehen die Erlasse an, ob sich die Betriebszuordnung des Verwaltungsvermögens ändert. Hinsichtlich der Zurechnung des Wirtschaftsguts zu einem Betrieb stellen sie daher auf den Rechtsträgerwechsel ab.
Trotz aller Kritik an der gesellschaftsbezogenen Betrachtungsweise ist zu begrüßen, dass nun Rechtssicherheit geschaffen wird. Somit stellen alle Formen der Verschmelzung (Aufwärts-, Abwärts-, und Seitwärtsverschmelzung) Umwandlungsvorgänge dar, die zu jungem Verwaltungsvermögen führen, sofern Verwaltungsvermögen auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht.
Eine Anrechnung der Zurechnungszeit des bisherigen Rechtsträgers findet beim neuen Rechtsträger nicht statt. Ungeklärt ist allerdings, wie bei Verschmelzungen der Zurechnungszeitraum zu ermitteln ist. Hierfür könnte auf den Tag des Abschlusses des Verschmelzungsvertrages bei der übernehmenden Gesellschaft oder auf die zivilrechtliche Wirksamkeit (entspricht der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister) abgestellt werden. Die Finanzverwaltung nimmt hierzu keine Stellung. Es dürfte somit der Tag der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Übertragung maßgebend sein, da in den Erlassen auf den Rechtsträgerwechsel abgestellt wird.
Begrüßenswert ist auch die Klarstellung, dass die Einbringung von Mitunternehmeranteilen in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft die Betriebszugehörigkeit eines Wirtschaftsguts nicht ändert und damit im Grundsatz kein junges Verwaltungsvermögen entsteht. Allerdings soll nach den Erlassen die Überführung von Verwaltungsvermögen aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen der neuen Obergesellschaft bei Einbringung eines Mitunternehmerteils in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft einen Vorgang darstellen, der zu jungem Verwaltungsvermögen führt. Auch hier geht die Finanzverwaltung von einer Änderung der zivilrechtlichen Zuordnung und damit einem Rechtsträgerwechsel aus. Diese Auffassung lässt jedoch unberücksichtigt, dass sich an der Zurechnung des Sonderbetriebsvermögens zum Mitunternehmeranteil an der Untergesellschaft durch die Einbringung nichts ändert. Das Sonderbetriebsvermögen gehört weiterhin zu demselben Betriebsvermögen.
Die Einbringung/Einlage eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft wird nicht explizit erwähnt. Sie dürfte nicht zu jungem Verwaltungsvermögen führen, solange der Anteil an der Kapitalgesellschaft kein Verwaltungsvermögen darstellt, d. h. die Höhe der Beteiligung größer als 25 % ist.
Junge Finanzmittel
Auch wenn die Erlasse eine gewisse Rechtssicherheit für das Vorliegen von jungem Verwaltungsvermögen bieten, ist gerade im Hinblick auf das Vorliegen junger Finanzmittel im Vorfeld einer unentgeltlichen Übertragung bei vorangegangenen Umstrukturierungen erhöhte Vorsicht geboten.
Bei der Beurteilung, ob Finanzmittel „jung“ sind, ist nach der Definition des Gesetzes der Saldo der Einlagen und der Entnahmen von Finanzmitteln innerhalb von zwei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt zu ermitteln, wobei Einlagen und Entnahmen zunächst nach den Grundsätzen des Ertragsteuerrechts zu beurteilen sind. Die Finanzverwaltung hat allerdings nun in den Erlassen eine erbschaftsteuerlich modifizierte Definition des Einlage- und Entnahmebegriffs vorgenommen.
Sie wertet alle Fälle, die auch zu jungem Verwaltungsvermögen führen können, bei Zuführung von Finanzmitteln im Rahmen des Umwandlungsvorgangs ebenso als Einlage, so dass hierdurch junge Finanzmittel entstehen können und begnügt sich mit einem pauschalen Verweis, dass es auch für die jungen Finanzmittel auf eine „betriebsbezogene Zurechnung“ ankomme. Dies widerspricht allerdings dem Wortlaut des Gesetzes, der diese Voraussetzung ausschließlich für das Verwaltungsvermögen vorsieht und damit der Intention des Gesetzgebers, gerade kurzfristig vor Übertragung vorgenommene Einlagen von Finanzmitteln nicht zu begünstigen.
Aufgrund der erbschaftsteuerlich modifizierten Definition der Einlage werden nun auch entgeltliche bzw. tauschähnliche Vorgänge als Einlagen erfasst, die zu jungen Finanzmitteln führen können (z. B. Einbringungsvorgänge gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder andere Gegenleistungen). Damit erweitert die Finanzverwaltung faktisch die Anwendungsfälle der jungen Finanzmittel auf die des jungen Verwaltungsvermögens, ohne der Saldobetrachtung zwischen Einlage und Entnahme Rechnung zu tragen. Im Gegensatz zum jungen Verwaltungsvermögen setzt eine Einlage aber eine Vermehrung des Unternehmensvermögens voraus. Bei einem Aktivtausch (z. B. bei einer Aufwärtsverschmelzung) oder einer entgeltlichen Einlage fehlt es aber gerade an einer solchen Zuführung, die eine Vermögensmehrung bewirkt.
Damit ist es nicht sachgerecht, dass die Finanzverwaltung bei einer Aufwärtsverschmelzung von einem Umwandlungsvorgang ausgeht, der zu jungen Finanzmitteln führen kann. Gerade bei Verschmelzungen wäre folgerichtig, auch die übergehenden Verbindlichkeiten als Entnahmen zu berücksichtigen, wenn übergehende Finanzmittel als Einlagen qualifiziert werden. Hierzu nehmen die Erlasse allerdings keine Stellung.
Die Auffassung, dass die Einbringung von Mitunternehmeranteilen in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft nicht zu jungen Finanzmitteln führen soll, ist zu begrüßen. Dieser Auffassung ist auch inhaltlich zu folgen. Allerdings ist unklar, ob dies auch dann gelten soll, wenn dabei Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen der neuen Obergesellschaft eingebracht wird. Hierzu hat die Finanzverwaltung in den Erlassen nur ausdrücklich für den Formwechsel Stellung genommen.