Die Ergänzungen basieren auf dem Entwurf eines BMF-Schreibens vom 16.6.2020. Sie berücksichtigen einerseits notwendige Aktualisierungen auf Grund der Änderungen des InvStG durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften („JStG 2019“) und andererseits abgestimmte Aussagen der Finanzverwaltung zu Spezial-Investmentfonds. Die wichtigsten Ergänzungen, die nicht schon in Vorentwürfen enthalten waren, sind im Folgenden dargestellt.
Ergänzungen des BMF-Schreibens vom 21.5.2019 betreffend (Publikums-)Investmentfonds
- § 17 InvStG wurde durch das JStG 2019 geändert, um sicherzustellen, dass (i) es mit Wirkung ab 2020 für den Anleger erst dann zu einer steuerneutralen Kapitalrückzahlung kommt, wenn die Wertsteigerungen aus vorangegangenen Jahren versteuert werden sowie (ii) eine steuerneutrale Kapitalrückzahlung über die Anschaffungskosten hinaus nicht möglich ist. Die Begründung des JStG 2019 zu dieser Änderung werden in das BMF-Schreiben übernommen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist § 17 InvStG nur anwendbar, wenn die Kapitalverwaltungsgesellschaft einen Rücknahmepreis veröffentlicht, lediglich ein Börsen- oder Marktpreis soll nicht ausreichend sein. Damit sind bei (Publikums-)Investmentfonds in Abwicklung, bei denen die Rücknahme der Anteile ausgesetzt ist (vgl. § 98 KAGB), sich aber am Zweitmarkt Preise ergeben, Auszahlungen steuerpflichtig, auch wenn es sich wirtschaftlich nicht um Erträge handelt (Rz. 17.3).
- Außerdem werden Beispiele für die Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen und -zuschreibungen zur Ermittlung der fortgeführten Anschaffungskosten bei betrieblichen Anlegern ergänzt (Rz. 17.6 ff.)
- Falls der depotführenden Stelle ab 2020 die Anschaffungskosten der Anteile an einem (Publikums-)Investmentfonds nicht vorliegen sollten, kann sie einen Ersatzwert (Rücknahmepreis zum 31.12.2017 abzgl. fiktiver Veräußerungsgewinn) berücksichtigen (Rz. 17.19 ff.).
- Falls die depotführende Stelle § 17 InvStG nicht auf Ausschüttungen anwendet, kann der Anleger die Steuerneutralität der Ausschüttung in der Veranlagung nachweisen, muss dann aber auch bei der Veräußerung diesen Betrag dem Veräußerungsergebnis hinzurechnen (Rz. 17.22).
Ergänzungen des BMF-Schreibens vom 21.5.2019 betreffend Spezial-Investmentfonds
- Zum Merkmal des wesentlichen Verstoßes gegen die Anlagebedingungen des § 26 InvStG werden die Aussagen der Gesetzesbegründung im Rahmen der Einführung der Vorgängervorschrift des § 1 Abs. 1d InvStG i. d. F. des AIFM-StAnpG (s. BR-Drs. 740/13) in das BMF-Schreiben aufgenommen (Rz. 26.3). Danach sind passive Grenzverletzungen grundsätzlich unschädlich und aktive dann, wenn sie kurzfristig zurückgeführt werden. Damit beschränkt sich der wesentliche Verstoß auf bewusste und zweckgerichtete Anlagegrenzverletzungen (Tz 26.6) oder - als Indiz dafür - auf das bewusste und planmäßige dauerhafte Halten unzulässiger Vermögensgegenstände über die Schmutzgrenze hinaus (Rz. 26.21).
- Bei OGAW ist i. d. R. davon auszugehen, dass die geforderte Risikomischung vorliegt (Rz. 26.15).
- Während es in der Vorversion noch als Nichtbeanstandungsregelung formuliert war, erlaubt das BMF nun (entsprechend dem Gesetzeswortlaut) das Halten von Vermögensgegenständen, die nicht in § 26 Nr. 4 InvStG aufgeführt sind, innerhalb der „Schmutzgrenze“ von 10 %. Dies stellt eine deutliche Erleichterung und Klärung dar, so dass Spezial-Investmentfonds innerhalb der 10 % Grenze insb. Anteile an gewerblichen Personengesellschaften (geschlossene Fonds) halten können. Im Unterschied zu dem Entwurf vom 16.6.2020 fallen lediglich gewerblich geprägte Personengesellschaften nicht unter die Schmutzgrenze. Stattdessen soll bei diesen wie bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften für die Frage der Erwerbbarkeit durchgeschaut werden (s. Rz. 26.29). Die Durchschau bedeutet eine erhebliche Verkomplizierung.
- Immobilien-Gesellschaften können die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft haben. Außerdem können sie zudem den Begriff des AIF erfüllen. Nach der Auslegungsentscheidung der BaFin vom 9.4.2018 können auch AIF als Immobilien-Gesellschaft (§ 1 Absatz 19 Nr. 22 KAGB) qualifizieren. Eine Gesellschaft, welche sowohl die Merkmale einer Immobilien-Gesellschaft als auch die eines AIF erfüllt, kann als Immobilien-Gesellschaft (§ 26 Nr. 4 f) InvStG) gehalten werden, selbst wenn sie daneben die Voraussetzungen des § 26 Nr. 4 h) InvStG (durch einen Spezial-Investmentfonds erwerbsfähiger AIF) oder § 26 Nr. 4 i) InvStG (Spezial-Investmentanteile) nicht erfüllt (Rz. 26.23). In einem früheren Entwurf war noch die Anforderung enthalten, dass in diesem Fall ein AIF spezialfondserwerbsfähig sein muss und nicht als Immobilien-Gesellschaft gehalten werden darf (Rz. 26.19 BMF-E vom 16.12.2019).
- Ebenso erfreulich ist, dass das BMF (im Unterschied zu einem früheren Entwurf) bei Anteilen an OGAW keine Anforderungen an die Erwerbbarkeit durch einen Spezial-Investmentfonds stellt (Rz. 26.25). Anteile an OGAW können stets und uneingeschränkt durch einen Spezial-Investmentfonds nach § 26 Nr. 4 h) InvStG gehalten werden. Nur AIF müssen spezialfondserwerbsfähig sein (d. h. die Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 - 7 InvStG erfüllen). In diesem Sinne konnte man bislang auch schon § 26 Nr. 4 h) InvStG lesen, gleichwohl ist die Klarstellung hilfreich.
- Anteile als AIF können auch als Wertpapier nach § 26 Nr. 4 a) InvStG gehalten werden, d. h. auf das Erfüllen der Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 - 7 InvStG kommt es dann nicht mehr an (Rz. 26.26). Auch das wurde in einem früheren Entwurf noch strenger gesehen.
- Selbst wenn die Anteile an einem (Publikums-)Investmentfonds (OGAW, AIF) nach § 26 Nr. 4 h) InvStG oder die Anteile an einem Spezial-Investmentfonds nach § 26 Nr. 4 i) InvStG einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft darstellen sollten, erfolgt keine Anrechnung auf die 20 % Grenze des § 26 Nr. 5 InvStG (Rz. 26.27).
- Die 20 %-Grenze des § 26 Nr. 5 InvStG gilt nicht für Immobilien-Spezial-Investmentfonds. Diese dürfen bis zu 100 % ihres Wertes in Immobilien-Gesellschaften investieren, wenn ihre Anlagebedingungen eine Investition von „mehr als 50 % ihres Aktivvermögens in Immobilien oder Immobilien-Gesellschaften“ vorsehen. Bis Ende 2021 will es das BMF nicht beanstanden, wenn die Anlagebedingungen eines Immobilien-Spezial-Investmentfonds lediglich allgemein eine Anlage in Immobilien vorsehen - unabhängig davon, ob direkt oder indirekt über Immobilien-Gesellschaften (Rz. 26.32). Dies bedeutet aber auch, dass die Anlagebedingungen ab 2022 entsprechend umformuliert sein müssen.
- Bei vermögensverwaltenden und bei (lediglich) gewerblich geprägten Personengesellschaften soll für die Frage, ob erwerbbare Vermögensgegenstände vorliegen, durchgeschaut werden (Rz. 26.29), unabhängig davon, ob es sich ggf. um einen AIF handelt. Gewerbliche Personengesellschaften selbst fallen unter die 10 % Schmutzgrenze.
- Die Höchstbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft darf nach § 26 Nr. 6 InvStG maximal 10 % betragen. Ausgenommen sind Anteile an OGAW und AIF, die unter § 26 Nr. 4 h) InvStG oder § 26 Nr. 4 i) InvStG fallen. M. E. sollte die Ausnahme angesichts des Regelungszwecks auch für AIF des Gesellschaftstyps, die nicht nach § 26 Nr. 4 i) InvStG aber nach anderen Vorschriften (z.B. als Wertpapier nach § 26 Nr. 4 a) InvStG) erwerbbar sind, gelten. Eine Überschreitung der 10 % Grenze stellt darüber hinaus keinen wesentlichen Verstoß dar (Rz. 26.39).
- Eine vor der Veröffentlichung des BMF-Schreibens bereits ausgeübte Transparenzoption für inländische Beteiligungseinnahmen soll vor Zufluss entsprechender Einkünfte im ersten nach dem 31.12.2020 beginnenden Geschäftsjahr mit Wirkung ab diesem Geschäftsjahr ausnahmsweise zurückgenommen werden können. Bei einer Rücknahme darf die Transparenzoption erneut ausgeübt werden (Rz. 30.4). Eine bereits ausgeübte Transparenzoption für inländische Beteiligungseinnahmen erkennt die Finanzverwaltung an (Rz. 30.9), auch wenn nicht alle von der Finanzverwaltung aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. bei Verzicht auf Widerrufsrecht, oder keine einheitliche Erklärung für alle Anleger). Ein Widerruf einer solchen ausgeübten Transparenzoptionen ist vorbehaltlich Rz. 30.4 nicht möglich.
- Immobilien-Spezial-Investmentfonds können mehr als 10 % am Kapital einer Immobilien-Gesellschaft halten, so dass § 8b Abs. 1 KStG (und nicht § 8b Abs. 4 KStG) anwendbar ist. Dazu muss allerdings die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres unmittelbar 10 % oder mehr des Kapitals betragen. Nach § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG gilt der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % als zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt. Allerdings muss in diesem Fall auch die durchgerechnete Beteiligung des Anlegers mindestens 10 % betragen (Rz. 30.25 - 30.27).
- Die im Entwurf vom 16.6.2020 neu hinzugekommenen Aussagen zum Steuerabzug bei ausgeübter Transparenzoption auf inländische Beteiligungseinnahmen (§ 31 InvStG) werden übernommen. Zum Teil werden ebenfalls Aussagen des BMF-Schreibens zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen übernommen. Außerdem enthalten die neuen Rz. 31.7 - 31.10 Aussagen zu Besonderheiten in den Fällen, in denen Wertpapierbestände eines Spezial-Investmentfonds in „B-Depots“ gehalten werden.
- Bei Spezial-Investmentfonds mit lediglich einem Anleger oder ausschließlich Anlegern, die von der KESt auf die betroffene Ertragsart befreit sind, lässt es die Finanzverwaltung zu, dass von der KESt bei Ausschüttung oder Thesaurierung Abstand genommen werden kann, so dass die KESt nicht ausgezahlt, sondern dem Fondsvermögen zugeführt werden kann (Rz. 31.9).
- In Rz. 31.13 - 31.17 wurden Aussagen zu dem Zurechnungszeitpunkt von inländischen Dividenden aufgenommen. Grundsätzlich darf in 2020 noch auf den ex-Tag abgestellt werden, danach ist aber der Tag des Gewinnverteilungsbeschlusses relevant (§ 20 Abs. 5 Satz 2 EStG).
- Auf Grund der Änderung des § 31 Abs. 3 InvStG durch das JStG 2019 werden die Aussagen zur beschränkten Anrechnung von Kapitalertragsteuer (vgl. § 36a EStG im Hinblick auf cum/cum Transaktionen) in den neuen Rz. 31.21 - 31.44 deutlich präzisiert.
- Erfreulicherweise kann der Spezial-Investmentfonds bei der Ausschüttungsreihenfolge des § 35 InvStG nach den zunächst auszuschüttenden Zurechnungs- und Absetzungsbeträgen frei wählen, ob er (i) ausschüttungsgleiche Erträge der Vorjahre, (ii) Erträge des laufenden oder gerade abgelaufenen Geschäftsjahres oder (iii) steuerfrei thesaurierbare Kapitalerträge priorisiert ausschüttet (Rz. 35.5). Damit stellt sich die Ausschüttungsreihenfolge wie folgt dar: (1) Zurechnungs- und Immobilien-Zurechnungsbeträge sowie Absetzungsbeträge (die nur mit den dazugehörigen Einnahmen aus der Vermietung ausgeschüttet werden können), (2) obige Erträge (i) - (iii) nach Wahl, (3) Substanzbeträge.
- Zurechnungsbeträge sind grundsätzlich die nach KESt-Abzug verbleibenden Nettobeträge. Wird jedoch von der KESt Abstand genommen, erhöhen sich die Zurechnungsbeträge insoweit (Rz. 35.10).
- Interessanterweise wurden die Aussagen des Entwurfs vom 16.6.2020 zu den Absetzungsbeträgen (§ 35 Abs. 4 InvStG) komplett nicht übernommen (Rz. 35.22 - 35.37 sind damit unbesetzt).
- Den Vorgaben der Finanzverwaltung in Rz. 37.1 - 37.9 ist für die Ermittlung der Einkünfte des Spezial-Investmentfonds zu folgen. Gemäß Rz. 37.10 kann für Geschäftsjahre eines Spezial-Investmentfonds, die vor dem 1.10.2022 enden, für die Verlustverrechnung sowie die Anrechnung und den Abzug von ausländischen Steuern eine von dem BMF-Schreiben abweichende, aber in sich folgerichtig umgesetzte und nicht willkürliche Zusammenfassung von Erträgen ohne Quellensteuerbelastung, mit tatsächlicher Quellensteuerbelastung und mit fiktiver Quellensteuerbelastung einer Ertragskategorie erfolgen.
- Nach § 21 InvStG dürfen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten in dem Umfang steuerlich nicht berücksichtigt werden, wie sie wirtschaftlich im Zusammenhang mit teilfreigestellten Investmenterträgen stehen (vgl. § 3c Abs. 2 EStG im Einkommensteuerbereich). Dies gilt nach § 44 InvStG auch auf über Spezial-Investmentfonds bezogene Erträge, die ganz oder teilweise steuerfrei sind. Nach dem BMF-Schreiben gilt diese Beschränkung lediglich für ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge, soweit sie (i) nach DBA steuerfreie Erträge oder (ii) teilfreigestellte Investmenterträge enthalten (Rz. 44.4).
- Dagegen ist bei folgenden Steuerbefreiungen von Spezial-Investmenterträgen der Betriebsausgabenabzug nicht eingeschränkt (allerdings § 8b Abs. 3, 5 KStG ggf. zu beachten):
1. Dividenden aus Schachtelbeteiligungen
2. ausgeschüttete Veräußerungsgewinne aus in- oder ausländischen Aktien
3. bereits auf Ebene des Spezial-Investmentfonds versteuerte inländische Beteiligungseinnahmen oder inländische Immobilienerträge
4. ausgeschüttete Hinzurechnungsbeträge, auf die § 3 Nr. 41 a) EStG anzuwenden ist
5. bei einer Veräußerung des Spezial-Investmentanteils realisierte Anleger-Aktiengewinne - Die Aussagen zu § 45 InvStG wurden ebenfalls weitgehend aus dem Entwurf vom 16.6.2020 übernommen. Gewerbesteuerpflichtig sind die in den ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen in- und ausländische Dividenden aus Streubesitz (wie vor 2018). Gewerbesteuerfrei bleiben auf Anlegerebene zum einen inländische Immobilienerträge, die auf Ebene des Spezial-Investmentfonds besteuert werden, sowie z. B. realisierte Anleger-Aktiengewinne, Anleger-Abkommensgewinne oder Anleger-Teilfreistellungsgewinne (Rz. 45.4). Die Teilfreistellung von in den ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltene Investmenterträgen ist bei der Gewerbesteuer nur zu 50 % zu berücksichtigen.