Das BMF-Schreiben zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen vom 15.12.2017 wurde zuletzt am 18.12.2018 geändert. Bekanntlich gilt ab 2020 nach § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG eine eingeschränkte Verrechnung von Verlusten aus der Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung und aus einem sonstigen Ausfall von Kapitalanlagen (sowie der Ausbuchung oder Übertragung wertloser Kapitalanlagen wie Aktien, Investmentfonds oder Zertifikaten) mit sonstigen Einkünften aus Kapitalvermögen, die auf EUR 10.000 pro Jahr beschränkt ist. Ab 2021 ist nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG die Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften (z. B. aus der Veräußerung, der Glattstellung oder dem Verfall von bedingten bzw. unbedingten Termingeschäften) auf Gewinne aus Termingeschäften und vereinnahmten Stillhalterprämien mit einer Obergrenze von ebenfalls zu EUR 10.000 pro Jahr beschränkt. Insb. auf Grund dieser neuen Regelungen muss das BMF-Schreiben zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen geändert werden.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass gemäß den Empfehlungen des federführenden Finanzausschusses an den Bundesrat (BR-Drs. 503/1/20) die verschärften Verlustverrechnungen nach § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6 EStG („BMF-Steuerhammer“) im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zum JStG 2020 wieder gestrichen werden sollen. Das wäre in der Tat zu begrüßen.
Falls die Regelungen allerdings Bestand haben sollten, empfiehlt es sich, die Auslegung der Vorschriften durch die Finanzverwaltung zu kennen, der die depotführenden Kreditinstitute für den Kapitalertragsteuerabzug folgen sollten (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG).
Die wichtigsten Konsequenzen der vorliegenden Änderungen des BMF-Schreibens zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen für Kapitalerträge für Anleger und depotführende Kreditinstitute sind:
- Depotführende Kreditinstitute müssen neben dem allgemeinen Verlustverrechnungstopf und dem Verlustverrechnungstopf für Aktien ab 2020 noch einen Verlustverrechnungstopf für wertlose Kapitalanlagen und ab 2021 einen Verlustverrechnungstopf für Termingeschäfte führen.
- Der Verlustverrechnungstopf für wertlose Kapitalanlagen kann mit sämtlichen Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden, allerdings nur bis EUR 10.000 pro Jahr. Nicht verrechnete Verluste können lediglich auf Folgejahre vorgetragen und je Folgejahr bis zu EUR 10.000 ausgeglichen werden. Der Verlustausgleich findet nur im Rahmen der Veranlagung statt. Das Kreditinstitut hat die angefallenen Verluste aus wertlosen Kapitalanlagen auch ohne Antrag des Steuerpflichtigen zu bescheinigen. Zur Vornahme dieses Verlustausgleichs muss der Steuerpflichtige daher eine Anlage KAP mit seiner Einkommensteuererklärung ab 2020 abgeben.
- Der Verlustverrechnungstopf für Termingeschäfte kann nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und vereinnahmten Stillhalterprämien und nur bis EUR 10.000 p.a. ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste können lediglich auf Folgejahre vorgetragen und je Folgejahr bis zu EUR 10.000 ausgeglichen werden. Der Verlustausgleich findet nur im Rahmen der Veranlagung statt. Das Kreditinstitut hat die angefallenen Verluste aus Termingeschäften auch ohne Antrag des Steuerpflichtigen zu bescheinigen. Zur Vornahme dieses Verlustausgleichs muss der Steuerpflichtige daher eine Anlage KAP mit seiner Einkommensteuererklärung ab 2021 abgeben.
- Gewinne aus Termingeschäften und vereinnahmte Stillhalterprämien sind ab 2021 durch das depotführende Kreditinstitut gesondert auszuweisen. Eine unterjährige Verrechnung dieser Gewinne mit sonstigen Verlusten auf Bankebene ist zwar möglich. Gleichwohl sind Gewinne aus Termingeschäften und vereinnahmte Stillhalterprämien vor Verlustverrechnung auszuweisen, damit sie im Rahmen der Veranlagung für den Ausgleich mit Verlusten aus Termingeschäften berücksichtigt werden können.
- In 2020 können Verluste aus ausgeknockten Zertifikaten, Verluste aus verfallenen Optionen, der Verlust aus einem vom Stillhalter gezahlten Barausgleich und Verluste aus ausgeknockten oder verfallenen Optionsscheinen durch Kreditinstitute weiterhin in den allgemeinen Verlusttopf eingestellt werden. Verluste aus dem Verfall anderer wertloser Kapitalanlagen (die vorstehend nicht genannt sind) sind entsprechend der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung (Rz. 60 des BMF-Schreibens betreffend Einzelfragen zur Abgeltungsteuer vom 18.1.2016) beim Kapitalertragsteuerabzug nicht im allgemeinen Verlusttopf zu berücksichtigen (Rz. 78).
- Ab 2021 dürfen Verluste aus ausgeknockten Zertifikaten, Verluste aus verfallenen Optionen, Verluste aus einem vom Stillhalter gezahlten Barausgleich und Verluste aus ausgeknockten oder verfallenen Optionsscheinen nicht mehr in den allgemeinen Verlusttopf eingestellt werden. Offenbar sollen diese Verluste ab 2021 in den neuen Verlustverrechnungstopf für Termingeschäfte fließen. Damit ist nun zeitnah zu klären, welche Finanzinstrumente das BMF - neben offenbar Knock-out Zertifikaten - von dem Begriff des Termingeschäfts des § 20 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a und b EStG erfasst sieht.
- Ab 2022 sind die neuen Regelungen für den Kapitalertragsteuerabzug und die Ausstellung von Steuerbescheinigungen vollumfänglich umzusetzen.
- Im Übrigen sind diese Verluste im Rahmen der Veranlagung durch Vorlage von Abrechnungen der Depotbank nachzuweisen.
- Anteile an so genannten „Millionärsfonds“ und „steueroptimierten Geldmarktfonds“ (§ 21 Abs. 2a, 2b InvStG a.F.) unterlagen bei Einführung der Abgeltungsteuer nicht dem Bestandsschutz. Wenn es dem depotführenden Kreditinstitut nicht möglich ist, diese Fondsanteile zu erkennen, beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, dass diese bei einer Veräußerung ab 2018 wie bestandsgeschützte Alt-Fondsanteile behandelt werden. Bestimmte Zweifelsfälle sind jedoch in der Steuerbescheinigung nachrichtlich auszuweisen (Rz. 30).
- Leistet eine Bausparkasse im Rahmen einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichsvereinbarung Zahlungen für entgangene Zinsen, sind diese als „Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt wurden“ sowohl in der Höhe der Kapitalerträge als auch nachrichtlich zu bescheinigen (Rz. 35a).
Die ebenfalls notwendigen Änderungen des BMF-Schreibens betreffend Einzelfragen zur Abgeltungsteuer vom 18.1.2016 (zuletzt geändert am 16.9.2019) befinden sich derzeit noch in Abstimmung. Dabei wird die Finanzverwaltung insbesondere Stellung beziehen müssen zu der Frage der Abgrenzung zwischen wertlosen Kapitalanlagen, Termingeschäften und sonstigen als Kassageschäfte ausgestalteten Finanzinstrumenten wie Zertifikate. Anleger können (noch) auf die Abschaffung der verschärften Verlustverrechnungen mit dem JStG 2020 hoffen.