Reform der Zinsschranke und Einführung einer Zinshöhenschranke
Durch das geplante Wachstumschancengesetz wird dem durch die Anti-Tax-Avoidance-Directive („ATAD“) erforderlichen Anpassungsbedarf der Zinsschrankenregelung nach § 4h EStG und § 8a KStG Rechnung getragen. Der Eigenkapital-Escape, wonach die Zinsschranke nicht zur Anwendung kommt, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs am Ende des vorangegangenen Abschlussstichtages nicht niedriger als die des Konzerns ist, wird gestrichen. Ebenso wird die Stand-alone-Klausel, wonach die Zinsschranke nur bei konzernzugehörigen Betrieben zur Anwendung kommt, deren Nettozinsaufwendungen 3 Mio. Euro pro Wirtschaftsjahr übersteigen, aufgehoben. Vielmehr sind zukünftig neben konzernzugehörigen Unternehmen auch verbundene Unternehmen (mit einer Beteiligungsquote von mindestens 25 %) und Unternehmen mit einer ausländischen Betriebsstätte in den Anwendungsbereich der Zinsschranke einzubeziehen. Die Freigrenze i. H. von 3 Mio. Euro wird als Freibetrag ausgestaltet. Infolge der Neuregelung werden gleichartige Betriebe, die unter einer einheitlichen Leitung stehen, zusammengefasst, sodass der Freibetrag nur einmal genutzt werden kann und auf diese Betriebe entsprechend dem Verhältnis der Nettozinsaufwendungen aufzuteilen ist (§ 4h Abs. 2 EStG-E).
Der neu eingeführte § 4l EStG-E sieht zudem eine Zinshöhenschranke vor. Danach sind Zinsaufwendungen nicht abziehbar, soweit diese auf einem über dem Höchstsatz liegenden Zinssatz beruhen. Die Zinshöhenschranke findet dabei nach § 4l Satz 3 EStG-E nur auf Zinsaufwendungen aufgrund einer Geschäftsbeziehung zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG Anwendung. Höchstsatz ist der um zwei Prozentpunkte erhöhte Basiszinssatz nach § 247 BGB. Bei dem aktuellen Basiszinssatz von 3,12 % (Stand: 01.07.2023) beträgt der Höchstsatz somit 5,12 %. Die Regelung enthält darüber hinaus auch eine Entlastungsmöglichkeit (§ 4l Satz 2 Hs. 2 EStG-E) sowie einen Substanztest für den Fall, dass der Gläubiger einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht (§ 4l Satz 4 EStG-E). Die Neuregelungen dürften erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierungssituation von Immobiliengesellschaften haben.
Ausweitung der Meldepflicht auf innerstaatliche Steuergestaltungen
Mit den neuen §§ 138l bis 138n AO-E wird eine Pflicht zur Mitteilung bestimmter innerstaatlicher Steuergestaltungen eingeführt, die sich – soweit möglich – eng an den gesetzlichen Bestimmungen zur Mitteilungspflicht über grenzüberschreitende Steuergestaltungen nach §§ 138d bis 138h AO orientiert. Die Mitteilungspflicht besteht bei Vorliegen der Kennzeichen stets für Publikums- und Spezial-Investmentfonds sowie für Direktanleger oberhalb einer Einkünfteschwelle von 2 Mio. Euro (inkl. der Einkünfte aus Kapitalvermögen).
Änderungen des Investmentsteuergesetzes
Der neu einzuführende § 2 Abs. 9a Satz 1 InvStG-E schließt eine Immobilien- oder Auslands-Immobilienteilfreistellung aus, wenn es aufgrund von (ausländischen) Steuerbefreiungsvorschriften zu keiner oder nur einer geringen Steuervorbelastung kommt.
Der neue § 4 Abs. 2 Nr. 1a InvStG-E regelt für Fälle, in denen Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit überwiegendem inländischen Immobilienbesitz veräußert werden, die Kapitalgesellschaft jedoch weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland hat (ausländische Inlandsimmobilien-Kapitalgesellschaft), welches Finanzamt für die Besteuerung zuständig ist.
Bislang konnten Anleger, die über eine luxemburgische Fondsstruktur in eine inländische GmbH mit überwiegendem inländischen Immobilienbesitz investiert haben, die Besteuerung der Wertsteigerung der inländischen Immobilien durch die Veräußerung des „GmbH-Mantels“ vermeiden. Die Änderung des § 6 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 InvStG-E soll diese Gestaltungen verhindern, indem die Besteuerungsregelungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. cc EStG, der Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaften mit überwiegendem inländischen Immobilienbesitz erfasst, auf Investmentfonds ausgedehnt werden. Die Regelung ist gleichwohl nur für Fälle, in denen dem Belegenheitsstaat der Immobilie aufgrund einer abkommensrechtlichen Immobilienklausel (wie z. B. Art. 13 Abs. 2 des DBA Luxemburg) ein Besteuerungsrecht zugewiesen wird, sowie Nicht-DBA-Fälle anwendbar. Sieht das jeweilige DBA keine Immobilienklausel vor, sind die Gewinne aus der Veräußerung der Gesellschaft nur im Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zu besteuern (vgl. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA), für die Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. cc EStG bleibt insoweit kein Raum.
Nach § 26 Nr. 7a Satz 1 InvStG-E müssen für die Einstufung als Spezial-Investmentfonds die Einnahmen aus einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvStG weniger als 5 % der gesamten Einnahmen des Fonds betragen. Bei einem Überschreiten dieser Grenze droht der Verlust des Status als Spezial-Investmentfonds (§ 52 Abs. 1 Satz 1 InvStG). Um Investitionen in erneuerbare Energien zu fördern, wurde im Zuge des Jahressteuergesetzes 2022 in § 26 Nr. 7a Satz 2 InvStG die maximal zulässige Grenze für Einnahmen aus aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung unter bestimmten Voraussetzungen um 5 Prozentpunkte auf 10 % angehoben. Durch das Wachstumschancengesetz wird die Grenze nun um weitere 10 Prozentpunkte auf 20 % erhöht. Für Immobilienfonds enthält § 15 Abs. 2 Satz 2 InvStG eine Ausnahme hinsichtlich der aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvStG, sodass eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung bei einer Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaften nach § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB nicht zu einer Gewerbesteuerpflicht führt.
Die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge eines Spezial-Investmentfonds sind nach § 43 Abs. 1 InvStG bei der Veranlagung des Anlegers von der Bemessungsgrundlage auszunehmen, wenn aus einem ausländischen Quellenstaat stammende Einkünfte nach dem Doppelbesteuerungsabkommen des Quellenstaats mit der Bundesrepublik Deutschland von der inländischen Besteuerung freigestellt sind. Durch die neue Regelung des § 43 Abs. 1 Satz 2 InvStG-E ist die Anwendung dieser Steuerbefreiung ausgeschlossen, wenn es aufgrund ausländischer Steuerbefreiungsvorschriften zu keiner Steuervorbelastung im Ausland kommt.
Die Neuregelungen sollten grundsätzlich ab 01.01.2024 gelten.