Wie schon zuvor das Hessische FG (Urteil vom 10.3.2017, Az. 4 K 977/14, EFG 2017, S. 656) entschied nun auch das FG Köln mit Urteil vom 19.7.2019 (Az. 2 K 2672/17), dass eine mehrfache Erstattung der nur einmal einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer im Rahmen von sog. Cum-Ex-Geschäften nicht in Betracht kommt.
Cum-Ex-Geschäfte, die in den Jahren bis 2011 durch die mehrfache Anrechnung bzw. Erstattung von Kapitalertragsteuer zu enormen Steuerausfällen führten, basierten regelmäßig auf außerbörslich getätigte Leerverkäufen von Aktien. Dabei veräußert ein Leerverkäufer vor dem Dividendenstichtag außerbörslich Aktien mit dem Anspruch auf eine zu erwartende Dividende (cum) an den Leerkäufer. Nach Auszahlung der Dividende an den bisherigen zivilrechtlichen Eigentümer der Aktie lieferte der Leerverkäufer die hierzu erworbenen Aktien ohne Dividendenanspruch (ex) an den Leerkäufer. Da diese wirtschaftlich um den Wert der Dividende gemindert war, erhielt der Leerkäufer vom Leerverkäufer eine Dividendenkompensation in Höhe der Nettodividende. Sowohl dem zivilrechtlichen Eigentümer der Aktie, der die Dividende nach Abzug der Kapitalertragsteuer ausbezahlt erhielt, als auch dem Leerkäufer wurde eine Steuerbescheinigung über den Kapitalertragsteuerabzug ausgestellt. Sodann kam es auch der Grundlage der beiden Bescheinigung zu einer doppelten Erstattung, obwohl die betreffende Steuer tatsächlich nur einmal einbehalten worden war.
Das FG Köln begründet seine Entscheidung - wie bereits das Hessische FG - damit, dass bei einem außerbörslichen Leerverkauf der Aktienkäufer durch den Abschluss des Kaufvertrags weder zum zivilrechtlichen noch wirtschaftlichen Eigentümer der ihm später gelieferten Aktien werde. Deshalb habe er keinen Anspruch auf Anrechnung der Kapitalertragsteuer. Zudem komme eine mehrfache Erstattung einer nur einmal einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer bereits denknotwendig nicht in Betracht.
Hinweis
Die Entscheidung des FG Köln erging in einem Musterverfahren für mehrere beim Bundeszentralamt für Steuern anhängige vergleichbare Streitfälle. Gegen das Urteil wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Beachtung dürfte die Entscheidung insb. auch bei den Strafverfolgungsbehörden finden, die in zahlreichen Verfahren wegen möglicher strafrechtlicher Konsequenzen der Geltendmachung der Erstattung der Kapitalertragsteuer durch den Leerkäufer sowie zu ähnlichen gelagerten Sachverhalten ermitteln. Strafrechtlich ist allerdings stets auch die subjektive Komponente etwaiger Steuerstrafdelikte zu berücksichtigen; die Betroffenen müssen zum damaligen Zeitpunkt vorsätzlich gehandelt haben. Bei der Prüfung dieser Frage darf keinesfalls außer Acht gelassen werden, dass der heutige Kenntnisstand über diese Geschäfte ein deutlich anderer ist als vor mehr als zehn Jahren.