Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Alleinerbe seines 2009 verstorbenen Vaters. Zum Nachlassvermögen gehörte das Einzelunternehmen des Erblassers (X-Betrieb) mit einem Gesellschaftsanteil i.H.v. 12 % am Nennkapital der Y-GmbH. Der Wert dieses Gesellschaftsanteils an der Y-GmbH entsprach über 91 % des Werts des gesamten Betriebsvermögens des X-Betriebs. Der Kläger war an der Y-GmbH i.H.v. 74 % beteiligt. Die übrigen 14 % der Anteile hielt die Z-KG; an dieser Gesellschaft war der Kläger zu 100 % beteiligt.
Nach § 5 des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags der Y-GmbH von 1988 ist die Abtretung von Geschäftsanteilen vorbehaltlich der Einwilligung aller Gesellschafter zur Abtretung an einen oder mehrere Dritte nur zulässig an Gesellschafter, deren Ehegatten sowie an Abkömmlinge eines Gesellschafters und dessen Ehegatten. Die Abtretung an Ehegatten und Abkömmlinge bedarf der Genehmigung der Gesellschaft, die vom Geschäftsführer zu erteilen ist. Die vorgenannten Regeln gelten auch für die Abtretung von Teilen von Geschäftsanteilen. In der Gesellschafterversammlung haben je 1.000 DM der Geschäftsanteile eine Stimme (§ 8 Abs. 4 Buchst. c Satz 1). Der Erblasser hatte ein höchstpersönliches und auf Erben nicht übergehendes Stimmrecht in zehnfacher Höhe (§ 8 Abs. 4 Buchst. c Satz 2).
Der Wert des Betriebsvermögens des X-Betriebs wurde zuletzt nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes auf rund 1,8 Mio. € gesondert festgestellt. In der Anlage zum Feststellungsbescheid wurde mitgeteilt, dass der Wert der Anteile an der Y-GmbH rund 1,7 Mio. € betrage, es sich hierbei um Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG 2009 handle und die Quote des Verwaltungsvermögens sich somit auf 91,1080 % belaufe.
Nachdem das Finanzamt zunächst für das Betriebsvermögen des X-Betriebs den Verschonungsabschlag nach § 13a i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG 2009 gewährt hatte, erließ es in der Folge mehrere Änderungsbescheide, versagte die beantragte Steuerbefreiung und setzte schließlich die Erbschaftsteuer fest, ohne den Verschonungsabschlag zu gewähren. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab, da der Gesellschaftsvertrag der Y-GmbH nicht die Anforderungen an eine Poolvereinbarung i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStG 2009 erfülle. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG waren nach dem Gesellschaftsvertrag der Y-GmbH der Kläger, der Erblasser und die Z-KG verpflichtet, über die Anteile an der Y-GmbH nur einheitlich zu verfügen. Darüber hinaus lassen die fehlenden Vereinbarungen zu einer einheitlichen Stimmrechtsausübung im Gesellschaftsvertrag der Y-GmbH nicht den Schluss zu, dass die Gesellschafter nicht hierzu verpflichtet waren. Die zur Berücksichtigung einer Poolvereinbarung erforderliche einheitliche Stimmrechtsausübung muss nicht zwingend im Gesellschaftsvertrag und nicht stets schriftlich vereinbart sein.
Die für eine Poolvereinbarung i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG erforderlichen Verpflichtungen der Gesellschafter zur einheitlichen Verfügung über die Anteile an einer Kapitalgesellschaft und zur einheitlichen Stimmrechtsausübung können sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder einer gesonderten Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern ergeben. Die Verpflichtung zu einer einheitlichen Stimmrechtsausübung der hinsichtlich der Verfügung gebundenen Gesellschafter kann bei einer GmbH schriftlich oder mündlich vereinbart werden. Nicht ausreichend für eine wirksame Poolvereinbarung ist eine einheitliche Stimmrechtsausübung aufgrund eines faktischen Zwangs, einer moralischen Verpflichtung oder einer langjährigen tatsächlichen Handhabung.
Im vorliegenden Falll ergab sich eine Verpflichtung zur einheitlichen Verfügung über die Gesellschaftsanteile aus dem Gesellschaftsvertrag. Das FG hatte jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die gebundenen Gesellschafter der Y-GmbH eine einheitliche Stimmrechtsausübung mündlich vereinbart hatten, so dass der Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das FG zurückzuverweisen war. Für eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmabgabe der Gesellschafter der Y-GmbH reicht jedoch nicht aus, dass der Erblasser über ein Stimmrecht in zehnfacher Höhe verfügte und sich daher bei Abstimmungen stets allein durchsetzen konnte. Durch dieses Stimmrecht des Erblassers hatten sich die weiteren Gesellschafter eben nicht konkludent zu einer einheitlichen Stimmrechtsausübung verpflichtet. Sie hatten es vielmehr nur zugelassen, dass ihr eigenes Stimmrecht entwertet war.
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