Ziel dieser Verschärfung ist es, digitalen Manipulationen an Kassensystemen noch intensiver vorbeugen zu können. Um den Überblick über die Anforderungen zu behalten, haben wir die betroffenen Kassensysteme sowie eine Checkliste mit den wichtigsten Punkten, zusammengestellt:
Was gilt für welches Kassensystem
Die Art der Kassenführung darf frei gewählt werden, da der Gesetzgeber keine spezifische Form des Kassensystems vorschreibt. Folglich ist die Verwendung einer offenen Ladenkasse in Kombination mit einem elektronischen Kassensystem ebenso steuerrechtlich zulässig, wie die Verwendung einer einzelnen offenen Ladenkasse.
Es gibt vier Arten von aktuell gängigen Kassensystemen:
- Offene Ladenkassen
- Elektronische Registrierkassen
- PC-Kassen und
- Point Of Sale (POS)-Kassen.
Jedes dieser Kassensysteme ist rechtlich entweder als den offenen Ladenkassen oder den elektronischen Kassen zugehörig einzustufen.
Offene Ladenkassen
Die Geschäftsvorfälle offener Ladenkassen müssen durch ein tägliches Kassensturzprotokoll in Form von fortlaufenden durchnummerierten Kassenberichten bei Bareinnahmen von unter 15.000 Euro pro Vorgang (zukünftig voraussichtlich 10.000 Euro) dokumentiert werden. Eine Zählliste (Art und Anzahl der Münzen und Scheine) ist im Hinblick auf die Betriebsprüfung anzuraten, aber keine Pflicht. Es ist somit weiterhin möglich, eine offene Ladenkasse zu führen. Wir empfehlen für diesen Fall die Einführung einer Zählliste.
Elektronische Registrierkassen, PC-Kassen, POS-Kassen
Demgegenüber sind elektronische Kassen (elektronische Registrierkassen, PC-Kassen und POS-Kassen) durch die in elektronischer Form angelegten Einzelaufzeichnungen unverzüglich lesbar sowie maschinell auswertbar. Ab einer im Jahr 2020 anzuwendenden Neuregelung, benötigen Unternehmen eine vom BSI zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung. Diese besteht aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle. Durch die Einführung solcher Sicherheitsmaßnahmen werden die Kasseneinnahmen mit Beginn des Aufzeichnungsvorgangs dokumentiert und können anschließend nicht mehr anonym verändert werden.
Momentan arbeiten die Kassenhersteller mit Hochdruck an der technischen Umsetzung. Allerdings muss Stand heute bezweifelt werden, dass bis Jahresende alle Hersteller für alle ihre Systeme technisch in der Lage sein werden, eine entsprechende Sicherheitseinrichtung anzubieten, da die technischen Spezifikationen durch das BSI erst Ende Dezember 2018, die Testspezifikationen sogar erst im Mai 2019 veröffentlicht wurden.
Darüber hinaus muss die Technik auf alle Kassen vor Ort ausgerollt werden. Auch hier ist absehbar, dass keine ausreichenden Ressourcen zur Verfügung stehen werden.
Unter bestimmten Umständen gibt es eine Ausnahmeregelung bis zum 31.12.2022. Allerdings greift diese nur, wenn „bauartbedingt“ eine Aufrüstung der elektronischen Kasse nicht möglich ist. Da die ersten am Markt vorhandenen Sicherungseinrichtungen sich jedoch neben Netzwerkanschlüssen auch USB- bzw. SD-Karten-Anschlüssen bedienen, bleibt zu bezweifeln, dass es viele Kassensysteme geben wird, die nicht an eine Sicherungseinrichtung angeschlossen werden können. Die Argumentation mancher Kassenhersteller aufgrund derzeit noch fehlender Softwarelösungen eine solche bauartbedingte fehlende Aufrüstbarkeit zu bejahen, ist unseres Erachtens sehr kritisch zu sehen, da die Probleme regelmäßig über Softwareupdates lösbar wären.
Momentan gibt es allerdings seitens der Interessenverbände mehrere Initiativen, eine Übergangsregelung bis September 2020 zu erreichen. Erste Gespräche mit dem BMF sind schon erfolgt. Auch wenn momentan die Chancen für eine Verschiebung u.E. relativ hoch sind, empfehlen wir - soweit nicht bereits geschehen - dringend mit Ihren Kassenherstellern in Verbindung zu treten. Selbst bei einer Verschiebung besteht ein nur begrenzte Übergangsfrist.
Checkliste Kassensysteme
Ordnungsmäßigkeit
- Einzelaufzeichnungspflicht:
- Bei Verwendung von elektronischen Kassen muss jeder einzelne Geschäftsvorfall unmittelbar nach seinem Abschluss und in einem Umfang aufgezeichnet werden, damit einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit eine lückenlose Überprüfung hinsichtlich seiner Grundlagen, seinem Inhalt, der Entstehung, der Abwicklung und der Bedeutung für den Betrieb ermöglicht wird.
- Bei Bargeschäften wird bisher von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn bei Zahlungen bis zu 15.000 Euro (zukünftig voraussichtlich 10.000 Euro) auf die Aufzeichnung des Namens des Vertragspartners verzichtet wird.
- Nachvollziehbarkeit:
Für die Kassenprozesse muss eine aussagekräftige Verfahrensdokumentation vorliegen. Sie besteht in der Regel aus folgenden Bestandteilen:- allgemeinen Beschreibung
- Anwenderdokumentation
- technische Systemdokumentation
- Betriebsdokumentation
- Dokumentation des eingerichteten internen Kontrollsystems.
- Unveränderbarkeit:
- Daten dürfen ohne Kenntlichmachung nicht überschrieben, gelöscht oder verfälscht werden. Dies betrifft neben den Belegdaten auch die Stammdaten (z. B. Artikelstammdaten) bzw. die Steuerungsdaten (Umsatzsteuer-Schlüssel).
- Die Daten sind während der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht aufzubewahren. Diese liegt regelmäßig bei zehn Jahren, allerdings beginnt die Frist mit Ablauf des Jahres der letzten Änderung, so dass tatsächlich eine Aufbewahrung bis zu 12 Jahren erforderlich ist.
Teilweise werden nach wie vor die Kassendaten nur auf flüchtigen Speichermedien, z. B. USB-Sticks oder SD-Karten, gespeichert. Dies erfüllt die Anforderung an die Unveränderbarkeit nicht. Dies gilt in aller Regel auch für die Aufbewahrung auf normalen Fileservern oder Cloudspeichern. - Daten dürfen ohne Kenntlichmachung nicht überschrieben, gelöscht oder verfälscht werden. Dies betrifft neben den Belegdaten auch die Stammdaten (z. B. Artikelstammdaten) bzw. die Steuerungsdaten (Umsatzsteuer-Schlüssel).
- Belegabgabepflicht:
- Belege sind dem Empfänger unmittelbar im Anschluss an eine Transaktion auszustellen. Eine Annahmepflicht für den Kunden besteht nicht.
- Mit Zustimmung des Empfängers kann der Beleg auch digital ausgegeben werden.
- Sofern der Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen erfolgt, kann die Finanzbehörde eine (widerrufbare) Befreiung von der Belegausgabepflicht aussprechen.
- Mindestinhalt von Belegen:
- Zeitpunkt für Vorgangsbeginn und -ende, bzw. Vorgangsabbruch
- eindeutige und fortlaufende Transaktionsnummer
- vollständiger Name und Anschrift des leistenden Unternehmers
- Datum der Belegausstellung
- Menge und Art der gelieferten Gegenstände/Umfang und Art der sonstigen Leistungen
- Entgelt und darauf entfallender Steuerbetrag in einer Summe
- Steuersatz (oder Hinweis auf Befreiung)
- Seriennummer des Aufzeichnungssystems – oder des Sicherheitsmoduls
- Z-Bons:
- Das Finanzamt verlangt zudem die Erstellung von Z-Bons. Diese enthalten alle Brutto-Einnahmen (inklusive Steuersatz), Storno, Preisnachlässe, Entnahmen und die Angabe Nullstellungszähler.
- Das Finanzamt verlangt zudem die Erstellung von Z-Bons. Diese enthalten alle Brutto-Einnahmen (inklusive Steuersatz), Storno, Preisnachlässe, Entnahmen und die Angabe Nullstellungszähler.
Schutz vor Manipulation
- Technische Sicherheitseinrichtung (ab 1.1.2020):
- Jede selbstständig arbeitende Kasse benötigt eine eigene Sicherheitseinrichtung.
- Momentan ist davon auszugehen, dass jede Kasse, die über eine Offlinefunktionalität verfügt, als selbstständig arbeitende Kasse zu betrachten ist.
- Meldepflicht:
- Innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme eines elektronischen Aufzeichnungssystems muss dies dem zuständigen Finanzamt gemeldet werden.
- Systeme mit einem Anschaffungszeitpunkt vor dem 1.1.2020 müssen bis 31.1.2020 gemeldet werden.
Zugriff der Finanzverwaltung
- Während der gesamten Aufbewahrungszeit muss der digitale Zugriff durch die Finanzverwaltung sichergestellt werden. Die Betriebsprüfung kann dabei nach eigenem Ermessen zwischen mehreren Möglichkeiten wählen:
- unmittelbarer Datenzugriff (Betriebsprüfer hat Lesezugang zum Kassensystem)
- mittelbarer Zugriff (Auswertung durch Mandant auf Basis von Vorgaben des Betriebsprüfers)
- Datenträgerüberlassung (Datenexport aller relevanten Daten in auswertbarer Form)
Kassennachschau
- Bei der Kassennachschau handelt es sich um ein eigenständiges Verfahren zur zeitnahen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnung und der ordnungsgemäßen Übernahme in die Buchführung. Die Kassennachschau erfolgt unangekündigt und ist formal keine Außenprüfung im Sinne § 193 AO. Bei Feststellung von Mängeln ist aber der Übergang zu einer Außenprüfung ohne vorherige Prüfungsanordnung möglich.
- Im Rahmen der Kassennachschau dürfen Amtsträger während der üblichen Geschäftszeiten bzw. auch außerhalb, sofern im Unternehmen gearbeitet wird, die Geschäftsräume betreten und Personen mit Zugriffs- und Benutzerrechten des Kassensystems zur Mitwirkung auffordern, insofern besteht eine Mitwirkungspflicht. Der Prüfer kann einen Kassensturz sowie einen Datenzugriff verlangen. Insbesondere im Filialbereich empfehlen wir, die Mitarbeiter zu schulen und entsprechende Verhaltensregeln im Falle der Kassennachschau vorzugeben. Ein Muster kann bei uns angefordert werden.