Der Sachverhalt:
In diesem Verfahren heißt es in den von der beklagten Bank verwendeten "Bedingungen für geduldete Überziehungen" auszugsweise wie folgt:
"5. Die Höhe des Sollzinssatzes für geduldete Überziehungen, der ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfällt, beträgt 16,50 % p.a. (Stand August 2012). Die Sollzinsen für geduldete Überziehungen fallen nicht an, soweit diese die Kosten der geduldeten Überziehung (siehe Nr. 8) nicht übersteigen.
8. Die Kosten für geduldete Überziehungen, die ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfallen, betragen 6,90 € (Stand August 2012) und werden im Falle einer geduldeten Überziehung einmal pro Rechnungsabschluss berechnet. Die Kosten für geduldete Überziehung fallen jedoch nicht an, soweit die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen diese Kosten übersteigen."
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, ist der Ansicht, dass die Regelung unter Ziffer 8 S. 1 der Bedingungen Verbraucher unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt, und nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung dieser Klausel in Anspruch.
Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
+++ XI ZR 387/15 +++
In diesem Verfahren begehrt der klagende Verbraucherschutzverein von der beklagten Geschäftsbank die Unterlassung der Verwendung folgender Klausel:
"Die Bank berechnet für jeden Monat, in welchem es auf dem Konto zu einer geduldeten Überziehung kommt, ein Entgelt von 2,95 €, es sei denn, die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen übersteigen im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 €. Die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen werden nicht in Rechnung gestellt, wenn sie im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 € unterschreiten." Der Kläger ist der Ansicht, dass die Klausel wegen einer unangemessenen Benachteiligung von Verbrauchern unwirksam sei.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und gab Klage statt.
Die Gründe:
Die in den beiden Verfahren in Streit stehenden Bestimmungen über das pauschale "Mindestentgelt" für eine geduldete Überziehung unterliegen als AGB der gerichtlichen Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und halten dieser nicht stand, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Die Klauseln sind nicht als sog. Preishauptrede einer Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB entzogen. Vielmehr handelt es sich um Preisnebenabreden, die einer Inhaltskontrolle unterliegen. Denn in den Fällen, in denen das Mindestentgelt erhoben wird, wird mit diesem unabhängig von der Laufzeit des Darlehens ein Bearbeitungsaufwand der Bank auf den Kunden abgewälzt. Die angegriffenen Klauseln weichen damit von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Denn der Preis für eine geduldete Überziehung, bei der es sich um ein Verbraucherdarlehen handelt, ist dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB folgend ein Zins und damit allein eine laufzeitabhängige Vergütung der Kapitalüberlassung, in die der Aufwand für die Bearbeitung einzupreisen ist.
Die Klauseln benachteiligen die Kunden der Beklagten auch in unangemessener Weise, zumal sie gerade bei niedrigen Überziehungsbeträgen und kurzen Laufzeiten zu unverhältnismäßigen Belastungen führen. Denn bei einer geduldeten Überziehung von 10 € für einen Tag und dem hierfür in Rechnung zu stellenden Betrag von 6,90 € in dem Verfahren XI ZR 9/15 bzw. von 2,95 € in dem Verfahren XI ZR 387/15 wäre ein Zinssatz von 25.185 Prozent p.a. bzw. von 10.767,5 Prozent p.a. zwischen den Parteien zu vereinbaren.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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