Der Sachverhalt:
Der Kläger ist seit 2013 zum Betreuer der A (Jahrgang 1925) und seit 2015 auch ihres Sohnes H (Jahrgang 1946) bestellt (u.a. betreffend "Gesundheitsfürsorge"). Beide Betreuten wohnen seit 2012 in unterschiedlichen Pflegeheimen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der behinderte Sohn (Grad der Behinderung von 100; Merkmal "H") noch im Haushalt seiner Mutter gelebt. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2015 hatte der Kläger "steuerfreie Aufwandentschädigungen bzw. Einnahmen" als ehrenamtlicher Betreuer i.H.v. 798 € erklärt und Pflege-Pauschbeträge nach § 33b Abs. 6 EStG i.H.v. jeweils 924 € für beide Betreuten geltend gemacht. Das Finanzamt lehnte den Ansatz der Pauschbeträge allerdings ab.
Im weiteren Verfahren machte der Kläger lediglich noch den Pauschbetrag für die Pflege von H geltend, der die Pflegestufe III habe, im Rollstuhl sitze und die Körperpflege durch das Fachpersonal des Heims erhalte. Er selbst führe alle Fahrten außerhalb des Heims durch, insbesondere zwecks Arztbesuchen, mache Bewegungsübungen am Bett und im Rollstuhl, unterhalte sich mit H, übe Lesen, führe ihn mit A zusammen, kleide ihn nach Ausgängen.
Das Finanzamt blieb bei seiner Ansicht, weil die Pflegemaßnahmen nicht mind. 10 % des gesamten pflegerischen Zeitaufwands ausmachten, also gegenüber der Heimpflege von untergeordneter Bedeutung seien. Zudem erfolge die Pflege nicht "in der Wohnung" des H. Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Der Pflege-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG ist nicht zu gewähren.
Zwar hat das FG zu Unrecht angenommen, dass der Kläger für die Pflege des H Einnahmen erhalten hatte. Einnahmen i.S.d. § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG sind grundsätzlich sämtliche der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Pflege zufließenden Einnahmen, sei es als Pflegevergütung, sei es als Ersatz für eigene Aufwendungen der Pflegeperson. Die dem Kläger gewährte Aufwandsentschädigung gem. § 1835a BGB stellt jedoch keine Einnahme i.S.d. Norm dar, da sie nicht für die Pflege, sondern für die Betreuung i.S.d. §§ 1896 ff. BGB geleistet wurde.
Die Entscheidung des FG stellte sich jedoch aus anderen Gründen als zutreffend dar. So setzt nach BFH-Rechtsprechung auch die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags nach § 33b Abs. 6 EStG eine Zwangsläufigkeit voraus. Eine Zwangsläufigkeit aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen ist gegeben, wenn diese Gründe von außen so auf die Entscheidung des Steuerpflichtigen einwirken, dass er ihnen nicht ausweichen kann. Der Kläger war zunächst jedoch weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen verpflichtet, die pflegerischen Maßnahmen gegenüber H zu erbringen.
Insbesondere ergab sich eine rechtliche Verpflichtung des Klägers nicht aus seiner Stellung als Betreuer des H. Betreuung ist nämlich nicht tatsächliche Hilfe, sondern Beistand in Form von Rechtsfürsorge. Zwar hat der Betreuer den Betreuten im Rahmen des ihm rechtlich übertragenen Aufgabenkreises in dem hierfür erforderlichen Umfang auch persönlich zu betreuen (§ 1897 Abs. 1 BGB). Betreuung und Pflege unterscheiden sich jedoch grundlegend. Eine Verpflichtung des Klägers als Betreuer, mit H Bewegungsübungen am Bett und im Rollstuhl zu unternehmen, Lesen zu üben oder ihn mit A zusammenzuführen, bestand demnach nicht.
Der Kläger war auch aus sittlichen Gründen nicht zur Erbringung der Pflegeleistungen verpflichtet. Im Anwendungsbereich des § 33b Abs. 6 EStG stellt der BFH zwar geringere Anforderungen an eine sittliche Verpflichtung als bei § 33 Abs. 2 EStG. Für die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags gem. § 33b Abs. 6 EStG erkennt er eine sittliche Verpflichtung zur Pflege bereits unter der Voraussetzung an, dass eine enge persönliche Beziehung zwischen dem Steuerpflichtigen und der gepflegten Person besteht. Dem vom FG bindend festgestellten Sachverhalt (§ 118 Abs. 2 FGO) ist jedoch nicht zu entnehmen, dass im Streitjahr enge persönliche Beziehungen zwischen dem Kläger und H bestanden. Der Kläger hat für eine enge persönliche Beziehung zu H auch selbst nichts vorgetragen.