Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, gehört keiner Religionsgemeinschaft an und erzielte im Streitjahr 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit sowie aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt veranlagte den Kläger zur Einkommensteuer. Da sich der Kläger hierdurch gegenüber Kirchenmitgliedern benachteiligt sah, beantragte er, die Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen insoweit niedriger festzusetzen, als ein Sonderausgabenabzug i.H.v. 9% der veranlagten Einkommensteuer berücksichtigt wird. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt ab, da der Gesetzgeber nur die anerkannten Religionsgemeinschaften begünstigen wolle.
Die Gründe:
Dem Finanzamt waren bei der Ablehnung des Billigkeitsantrags keine Ermessensfehler unterlaufen. Erst recht stand dem Kläger kein Anspruch auf die begehrte abweichende Festsetzung der Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen zu.
Nach § 163 S. 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen bei der Festsetzung der Steuern unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte - i.S.d. beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte.
Im Gegensatz zu kirchenangehörigen Steuerpflichtigen hatte der Kläger weder Kirchensteuern noch vergleichbare Zahlungen geleistet. Ein Sonderausgabenabzug setzt nach dem Gesetz allerdings Aufwendungen voraus. Unabhängig davon ist eine steuerliche Begünstigung von Kirchenbeiträgen an anerkannte Religionsgemeinschaften sachlich gerechtfertigt, zumal die Kirchen Zwecke verfolgten, die als förderungswürdig im steuerlichen Sinne anzusehen sind. Selbst wenn ein solcher Sonderausgabenabzug sachlich nicht gerechtfertigt und damit verfassungswidrig wäre, könnte der Kläger eine Gleichstellung nicht im Billigkeitswege durch Abzug fiktiver Kirchensteuern erreichen.
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