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Keine Anwendung des progressiven Steuertarifs bei Wegfall der Kapitalforderung aufgrund eines Forderungsverzichts

FG Düsseldorf 24.5.2016, 13 K 3369/14 E

Mit der Einführung der Ab­gel­tungs­steuer zum 1.1.2009 hat sich die Sys­te­ma­tik der Er­mitt­lung von Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen grund­le­gend geändert. Diese Einkünfte un­ter­lie­gen nun­mehr auf der einen Seite - von Aus­nah­men ab­ge­se­hen - einem ge­son­der­ten Steu­er­ta­rif von (le­dig­lich) 25%. Auf der an­de­ren Seite hat der Ge­setz­ge­ber den Wer­bungs­kos­ten­ab­zug ein­ge­schränkt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagte Ehe­leute. Beide wa­ren in den Streit­jah­ren 2009 und 2010 an ei­ner GmbH be­tei­ligt, und zwar der Kläger zu 66% und die Kläge­rin zu 8%. Seit 1997 gewähr­ten die Kläger der GmbH Dar­le­hen, die sie selbst zum größten Teil bei Ban­ken re­fi­nan­zier­ten. In der Ein­kom­men­steu­er­erklärung für 2009 erklärte der Kläger im Zu­sam­men­hang mit die­sen Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen einen Wer­bungs­kos­tenüber­schuss, der sich aus Zins­ein­nah­men und ge­zahl­ten Re­fi­nan­zie­rungs­kos­ten bzw. sons­ti­gen Wer­bungs­kos­ten zu­sam­men­setzte. Die Kläge­rin erklärte für 2009 im Zu­sam­men­hang mit von ihr ge­ge­be­nen Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen eben­falls einen Wer­bungs­kos­tenüber­schuss. Glei­ches galt für die Ein­kom­men­steu­er­erklärung 2010.

Die Qua­litäts­si­che­rungs­stelle des Fi­nanz­am­tes kam zu der Fest­stel­lung, dass bei den Dar­le­hen ver­schie­dene Va­ri­an­ten zu un­ter­schei­den seien. Bei den Dar­le­hen sei zwar laut Dar­le­hens­ver­trag ein Zins ver­ein­bart wor­den. Tatsäch­lich lägen aber schrift­li­che Zins- und Dar­le­hens­ver­zichte vor. Hin­sicht­lich der Ka­pi­tal­einkünfte für 2010 kam man zu dem Er­geb­nis, dass aus­ge­hend von den für 2009 ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen auch für 2010 zwi­schen ver­schie­de­nen Dar­le­hens­va­ri­an­ten zu un­ter­schei­den sei, wo­bei die Dar­le­hen teil­weise zu­sam­men­ge­fasst und um­ge­schul­det wor­den seien.

Das Fi­nanz­amt lehnte es ab, die von den Klägern bei den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen erklärten Wer­bungs­kos­tenüber­schüsse aus der Gewährung von Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen zu berück­sich­ti­gen. Es er­ließ einen ent­spre­chend geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2009 und einen in­so­weit von der Erklärung ab­wei­chen­den Erst­be­scheid für 2010. Die Kläger erklärten, die GmbH habe bis­lang keine Aus­schüttun­gen ge­leis­tet. § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG finde da­her keine An­wen­dung, so dass die erklärten Wer­bungs­kos­ten zu berück­sich­ti­gen seien. Auch die Schuld­zin­sen im Zu­sam­men­hang mit den wei­te­ren Dar­le­hen seien ab­zieh­bar. Das FG wies die Klage ab. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Im Er­geb­nis hatte es das Fi­nanz­amt mit Recht ab­ge­lehnt, die von den Klägern bei den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen erklärten Wer­bungs­kos­tenüber­schüsse aus der Gewährung von Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen zu berück­sich­ti­gen. In­so­weit ist der Wer­bungs­kos­ten­ab­zug nämlich gem. § 20 Abs. 9 S. 1 EStG aus­ge­schlos­sen. Eine der im § 32d Abs. 2 EStG eröff­ne­ten Aus­nah­men vom Aus­schluss des Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs lag hier nicht vor.

Mit der Einführung der Ab­gel­tungs­steuer zum 1.1.2009 hat sich die Sys­te­ma­tik der Er­mitt­lung von Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen grund­le­gend geändert. Diese Einkünfte un­ter­lie­gen nun­mehr auf der einen Seite - von Aus­nah­men ab­ge­se­hen - einem ge­son­der­ten Steu­er­ta­rif von (le­dig­lich) 25%. Auf der an­de­ren Seite hat der Ge­setz­ge­ber den Wer­bungs­kos­ten­ab­zug ein­ge­schränkt. Gem. § 20 Abs. 9 S. 1 EStG ist bei der Er­mitt­lung der Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen als Wer­bungs­kos­ten ein Be­trag von 801 € ab­zu­zie­hen (Spa­rer-Pausch­be­trag); der Ab­zug der tatsäch­li­chen Wer­bungs­kos­ten ist hin­ge­gen aus­ge­schlos­sen. Aus­nah­men hier­von sind in § 32d Abs. 2 EStG ge­re­gelt.

Da­nach können in be­stimm­ten Kon­stel­la­tio­nen die tatsäch­lich ent­stan­de­nen Wer­bungs­kos­ten Berück­sich­ti­gung fin­den. Al­ler­dings fin­det dann nicht der ge­son­derte Steu­er­ta­rif von 25% An­wen­dung, son­dern die be­tref­fen­den Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen ge­hen - zu­sam­men mit den Einkünf­ten aus an­de­ren Ein­kunfts­ar­ten - in das zu ver­steu­ernde Ein­kom­men ein und un­ter­lie­gen dem all­ge­mei­nen (pro­gres­si­ven) Steu­er­ta­rif. Im vor­lie­gen­den Fall wa­ren diese Vor­aus­set­zun­gen der hier al­lein in Be­tracht kom­men­den Aus­nah­men nach § 32d Abs. 2 Nr. 1b S. 1 EStG und § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG al­ler­dings nicht ge­ge­ben. Für die An­wen­dung des § 32d Abs. 2 Nr. 1b S. 1 EStG fehlte es an der Er­zie­lung ent­spre­chend begüns­tig­ter Einkünfte.

Darüber hin­aus la­gen auch die Vor­aus­set­zun­gen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht vor. Da­nach kann auf An­trag auf die An­wen­dung der Ab­gel­tungs­steuer für Ka­pi­tal­erträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 EStG aus ei­ner Be­tei­li­gung an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ver­zich­tet wer­den, wenn der Steu­er­pflich­tige im Ver­an­la­gungs­zeit­raum, für den der An­trag erst­mals ge­stellt wird, un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar in ei­ner be­stimm­ten Höhe an der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft be­tei­ligt ist. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG ist der An­trag spätes­tens zu­sam­men mit der Ein­kom­men­steu­er­erklärung für den je­wei­li­gen Ver­an­la­gungs­zeit­raum zu stel­len und gilt, so­lange er nicht wi­der­ru­fen wird, auch für die fol­gen­den vier Ver­an­la­gungs­zeiträume, ohne dass die An­trags­vor­aus­set­zun­gen er­neut zu be­le­gen sind. Ein sol­cher An­trag war von den Klägern in der Ein­kom­men­steu­er­erklärung je­doch nicht ge­stellt wor­den. Eine Möglich­keit, den An­trag nachträglich stel­len zu können, ist nach dem in­so­weit ein­deu­ti­gen Wort­laut der Vor­schrift ("spätes­tens") aus­ge­schlos­sen.

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