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Keine Befugnis des Finanzamts zur Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Betriebsprüfung

FG Düsseldorf 17.1.2017, 10 V 3186/16 A(AO)

Die Ent­schei­dungs­zuständig­keit über die Teil­nahme der Ge­meinde an der Außenprüfung ob­liegt nach § 21 Abs. 3 FVG der Ge­meinde. Diese Kom­pe­tenz­grenze kann we­der von der Fi­nanz­behörde noch der Recht­spre­chung, die eben­falls an Recht und Ge­setz ge­bun­den ist, über­schrit­ten oder kraft ei­ner Art "An­nex­kom­pe­tenz" in ei­ner zuständig­keits­begründen­den Ana­lo­gie zu­guns­ten des An­trags­geg­ners ver­scho­ben wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Mit Verfügung vom 23.8.2016 hatte der An­trags­geg­ner bei der An­trag­stel­le­rin eine steu­er­li­che Außenprüfung für die Zeiträume 2011 bis 2014 zur ge­son­der­ten und ein­heit­li­chen Fest­stel­lung von Be­steue­rungs­grund­la­gen, Um­satz- und Ge­wer­be­steuer an­ge­ord­net. Die Stadt, Fach­be­reich Steu­ern und Grund­be­sitz­ab­ga­ben, teilte dar­auf­hin dem An­trags­geg­ner mit, dass der Stadt­amt­mann B. als Be­diens­te­ter der Stadt be­ab­sich­tige, an der Be­triebsprüfung teil­zu­neh­men, und bat, die er­for­der­li­che Teil­nah­mean­ord­nung zu er­las­sen.

Der An­trags­geg­ner teilte der An­trag­stel­le­rin mit Verfügung vom 6.9.2016 mit, dass die Stadt von ih­rem Recht auf Teil­nahme an der Außenprüfung nach § 21 Abs. 3 FVG Ge­brauch ma­che und B. der vor­ge­se­hene Teil­neh­mer der Stadt sei. Die An­trag­stel­le­rin legte hier­ge­gen Ein­spruch ein. Einen An­trag auf Aus­set­zung der Voll­zie­hung lehnte der An­trags­geg­ner ab. Über den Ein­spruch hat der An­trags­geg­ner noch nicht ent­schie­den. Mit der Außenprüfung ist in­zwi­schen, der­zeit noch ohne Teil­nahme ei­nes Ge­mein­de­be­diens­te­ten, be­gon­nen wor­den. Sie ist noch nicht ab­ge­schlos­sen.

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Das Fi­nanz­amt hat die Außenprüfung bis zur Be­kannt­gabe ei­ner Ent­schei­dung über den da­ge­gen ein­ge­leg­ten Ein­spruch oder bis zu ei­ner an­der­wei­ti­gen Er­le­di­gung des Ein­spruchs­ver­fah­rens aus­ge­setzt. Al­ler­dings wurde die Be­schwerde zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Es be­ste­hen bei der ge­bo­te­nen sum­ma­ri­schen Prüfung ernst­li­che Zwei­fel an der Rechtmäßig­keit der Verfügung des An­trags­geg­ners vom 6.9.2016.

So­weit das BVerwG im Ur­teil vom 27.1.1995 (Az.: 8 C 30.92) die Grund­lage für die Mit­tei­lung des An­trags­geg­ners über die Teil­nahme der Ge­meinde in ei­ner ent­spre­chen­den An­wen­dung der §§ 196, 197 AO und ei­ner "in­so­weit" für die Fi­nanz­behörde be­ste­hen­den Ver­wal­tungs­kom­pe­tenz sieht, ver­mag der Se­nat dem nicht zu fol­gen. Es han­delt sich bei der Mit­tei­lung der Teil­nahme nach § 21 Abs. 3 FVG nämlich um einen die An­trag­stel­le­rin be­las­ten­den Ver­wal­tungs­akt, der dem Ge­mein­de­be­diens­te­ten den Zu­tritt zu ih­ren Ge­schäftsräumen er­laubt. Aus dem Rechts­staats­prin­zip und dem dar­auf be­ru­hen­den Ge­set­zes­vor­be­halt, wo­nach alle we­sent­li­chen Ent­schei­dun­gen und ins­be­son­dere Grund­rechts­ein­griffe ge­setz­lich nor­miert sein müssen, folgt, dass be­las­tende Ver­wal­tungs­ent­schei­dun­gen ei­ner ge­setz­li­chen Ermäch­ti­gungs­grund­lage bedürfen. Diese kann der Se­nat für die Teil­nah­mean­ord­nung ei­nes Ge­mein­de­be­diens­te­ten we­der für den An­trags­geg­ner  noch für die Ge­meinde fest­stel­len.

Die Ent­schei­dungs­zuständig­keit über die Teil­nahme der Ge­meinde an der Außenprüfung ob­liegt nach § 21 Abs. 3 FVG der Ge­meinde. Da­mit be­stimmt das FVG hier die Sach­zuständig­keit der Ge­meinde i.S. ei­ner funk­tio­na­len Auf­ga­ben­tei­lung zwi­schen Ge­meinde und Fi­nanz­behörde. Der An­trags­geg­ner als Teil der voll­zie­hen­den Ge­walt i. S. des Art. 20 Abs. 3 GG ist an Ge­setz und Recht ge­bun­den. Seine Rechte und Pflich­ten wer­den für das (Steuer-)Ver­wal­tungs­ver­fah­ren durch die AO be­stimmt. Eine ei­genständige Auf­ga­ben­be­stim­mung steht dem An­trags­geg­ner nicht zu. Diese Kom­pe­tenz­grenze kann we­der von der Fi­nanz­behörde noch der Recht­spre­chung, die eben­falls an Recht und Ge­setz ge­bun­den ist, über­schrit­ten oder kraft ei­ner Art "An­nex­kom­pe­tenz" in ei­ner zuständig­keits­begründen­den Ana­lo­gie zu­guns­ten des An­trags­geg­ners ver­scho­ben wer­den.

Mit der von der an­ge­foch­te­nen Teil­nah­mean­ord­nung hatte der An­trags­geg­ner in die Rechte der An­trag­stel­le­rin ein­ge­grif­fen, ohne dafür eine ge­setz­li­che Kom­pe­tenz zu ha­ben. Die feh­lende sach­li­che Zuständig­keit des An­trags­geg­ners war nicht gem. § 127 AO un­be­acht­lich. Hier­nach kann die Auf­he­bung ei­nes Ver­wal­tungs­ak­tes, der nicht nich­tig ist, nicht al­lein des­halb be­an­sprucht wer­den, weil er un­ter Ver­let­zung von Vor­schrif­ten über das Ver­fah­ren zu­stande ge­kom­men ist, wenn keine an­dere Ent­schei­dung in der Sa­che hätte ge­trof­fen wer­den können. Diese Re­ge­lung er­streckt sich nicht auf die Ver­let­zung von Vor­schrif­ten über die sach­li­che Zuständig­keit. Auf­grund der gewähr­ten Aus­set­zung der Voll­zie­hung ist die Stadt der­zeit nicht be­rech­tigt, durch ih­ren Ge­mein­de­be­diens­te­ten an der Außenprüfung teil­zu­neh­men.

Link­hin­weis:

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