Der Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 23.8.2016 hatte der Antragsgegner bei der Antragstellerin eine steuerliche Außenprüfung für die Zeiträume 2011 bis 2014 zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Umsatz- und Gewerbesteuer angeordnet. Die Stadt, Fachbereich Steuern und Grundbesitzabgaben, teilte daraufhin dem Antragsgegner mit, dass der Stadtamtmann B. als Bediensteter der Stadt beabsichtige, an der Betriebsprüfung teilzunehmen, und bat, die erforderliche Teilnahmeanordnung zu erlassen.
Das Finanzamt hat die Außenprüfung bis zur Bekanntgabe einer Entscheidung über den dagegen eingelegten Einspruch oder bis zu einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens ausgesetzt. Allerdings wurde die Beschwerde zugelassen.
Die Gründe:
Es bestehen bei der gebotenen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung des Antragsgegners vom 6.9.2016.
Soweit das BVerwG im Urteil vom 27.1.1995 (Az.: 8 C 30.92) die Grundlage für die Mitteilung des Antragsgegners über die Teilnahme der Gemeinde in einer entsprechenden Anwendung der §§ 196, 197 AO und einer "insoweit" für die Finanzbehörde bestehenden Verwaltungskompetenz sieht, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es handelt sich bei der Mitteilung der Teilnahme nach § 21 Abs. 3 FVG nämlich um einen die Antragstellerin belastenden Verwaltungsakt, der dem Gemeindebediensteten den Zutritt zu ihren Geschäftsräumen erlaubt. Aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem darauf beruhenden Gesetzesvorbehalt, wonach alle wesentlichen Entscheidungen und insbesondere Grundrechtseingriffe gesetzlich normiert sein müssen, folgt, dass belastende Verwaltungsentscheidungen einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürfen. Diese kann der Senat für die Teilnahmeanordnung eines Gemeindebediensteten weder für den Antragsgegner noch für die Gemeinde feststellen.
Die Entscheidungszuständigkeit über die Teilnahme der Gemeinde an der Außenprüfung obliegt nach § 21 Abs. 3 FVG der Gemeinde. Damit bestimmt das FVG hier die Sachzuständigkeit der Gemeinde i.S. einer funktionalen Aufgabenteilung zwischen Gemeinde und Finanzbehörde. Der Antragsgegner als Teil der vollziehenden Gewalt i. S. des Art. 20 Abs. 3 GG ist an Gesetz und Recht gebunden. Seine Rechte und Pflichten werden für das (Steuer-)Verwaltungsverfahren durch die AO bestimmt. Eine eigenständige Aufgabenbestimmung steht dem Antragsgegner nicht zu. Diese Kompetenzgrenze kann weder von der Finanzbehörde noch der Rechtsprechung, die ebenfalls an Recht und Gesetz gebunden ist, überschritten oder kraft einer Art "Annexkompetenz" in einer zuständigkeitsbegründenden Analogie zugunsten des Antragsgegners verschoben werden.
Mit der von der angefochtenen Teilnahmeanordnung hatte der Antragsgegner in die Rechte der Antragstellerin eingegriffen, ohne dafür eine gesetzliche Kompetenz zu haben. Die fehlende sachliche Zuständigkeit des Antragsgegners war nicht gem. § 127 AO unbeachtlich. Hiernach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Diese Regelung erstreckt sich nicht auf die Verletzung von Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit. Aufgrund der gewährten Aussetzung der Vollziehung ist die Stadt derzeit nicht berechtigt, durch ihren Gemeindebediensteten an der Außenprüfung teilzunehmen.
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