Der Sachverhalt:
Im Juli 2017 beantragte der Kläger das Kindergeld für A. Dieser sei nach einer rd. einjährigen Beschäftigung als geringfügig Beschäftigter seit August 2016 erkrankt und beabsichtige in Kürze, eine Ausbilddung anzufangen. Der Kläger reichte diverse Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für seinen Sohn ein. Die eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung betraf den Zeitraum September 2016 bis März 2017. In diesem Zusammenhang legte der Kläger einen ärztlichen Nachweis von Juni 2017 vor. Der behandelnde Arzt erklärte auf dem Formular, dass A seit dem 1.9.2016 erkrankt ist und das Ende der Erkrankung nicht absehbar ist. Außerdem reichte der Kläger eine Willenserklärung seines Sohnes von Juni 2017 über seine Ausbildungswilligkeit ein.
Im Juli 2017 reichte der Kläger auf Nachfrage der Familienkasse eine weitere schriftliche Erklärung des behandelnden Arztes ein. In dieser erklärte der behandelnde Arzt, dass das Ende der Erkrankung oder Arbeitsunfähigkeit nicht sicher vorausgesagt werden kann und zunächst der 31.12.2017 angenommen wird. Die Familienkasse lehnte für den Zeitraum ab August 2015 die Festsetzung des Kindergeldes ab.
Das FG gab der Klage statt. Die beim BFH anhängige Revision der Familienkasse wird dort unter dem Az. III R 49/18 geführt.
Die Gründe:
Die Familienkasse ist verpflichtet für den Kläger Kindergeld für seinen Sohn für die Monate September 2016 bis Mai 2017 festzusetzen (§ 101 FGO).
Nach der Rechtsprechung ist es für die Berücksichtigung als Kind ohne Ausbildungsplatz i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG erforderlich, dass es dem Kind trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen ist, eine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen. Neben diesem objektiven Tatbestandsmerkmal erfordert die Regelung für die Gewährung von Kindergeld darüber hinaus als subjektives Tatbestandsmerkmal, dass das Kind ausbildungswillig ist. Das Gesetz verlangt nicht eine letztlich erfolgreiche Ausbildungsplatzsuche, sondern lässt das vergebliche Bemühen um einen solchen genügen.
Im Streitfall liegen die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG vor. Der Kläger hat zwar keine Nachweise über die eigenen Bemühungen seines Sohnes um einen Ausbildungsplatz beigebracht. Auch hat er nicht behauptet, dass A sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat. Eine Berücksichtigung ist aber auch dann möglich, wenn das Kind infolge einer Erkrankung daran gehindert ist, sich um eine Berufsausbildung zu bemühen. Es ist dann ebenso zu behandeln wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und deshalb nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen ist.
Entgegen der Dienstanweisung der Familienkassen ist es nicht erforderlich, dass eine Erklärung des Kindes, aus der sich ergibt, dass das Kind plant, sich nach seiner Genesung zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn zu bewerben, bereits vorab vorgelegt wird. Die Ausbildungswilligkeit ist eine Tatsache, die vom Gericht zu beurteilen ist. Es ist auch nicht schädlich, dass das voraussichtliche Ende der Erkrankung zunächst vom Arzt nicht mitgeteilt wurde. Eine solche Erklärung ist gerade bei psychischen Erkrankungen oft nicht möglich. Dies kann nicht zu Lasten des Kindergeldberechtigten gehen. Auch Erkrankungen, die länger als sechs Monate dauern, führen nicht zwangsläufig zur einer Versagung der Kindergeldberechtigung gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG.
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