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Keine Besteuerung Alleinerziehender nach dem Splittingtarif

BFH 29.9.2016, III R 62/13

Die Be­steue­rung Al­lein­er­zie­hen­der nach dem Grund­ta­rif an­stelle ei­ner Be­steue­rung nach dem Split­ting­ta­rif ist ver­fas­sungs­gemäß. Krank­heits­kos­ten sind als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen um die zu­mut­bare Be­las­tung zu min­dern.

Der Sach­ver­halt:
Die seit Mitte 2006 ver­wit­wete Kläge­rin er­zielte im Streit­jahr (2008) als Steu­er­be­ra­te­rin Einkünfte aus selbständi­ger Ar­beit und lebte mit ih­ren bei­den 1993 und 1998 ge­bo­re­nen Töchtern zu­sam­men.

Das Fi­nanz­amt setzte die Ein­kom­men­steuer der Kläge­rin für das Streit­jahr nach dem Grund­ta­rif (§ 32a Abs. 1 EStG) fest. Die von der Kläge­rin erklärten außer­gewöhn­li­chen Be­las­tun­gen we­gen Krank­heits­kos­ten setzte es mit rd. 1.500 € an. Nach Ab­zug der deut­lich höheren zu­mut­ba­ren Be­las­tung (§ 33 Abs. 3 EStG) wirk­ten sie sich steu­er­lich nicht aus. Für die bei­den Töchter zog das Fi­nanz­amt die Frei­beträge nach § 32 Abs. 6 EStG i.H.v. ins­ge­samt rd. 11.600 € ab und erhöhte die Ein­kom­men­steuer im Ge­gen­zug gem. § 31 S. 4 EStG um das Kin­der­geld i.H.v. rd. 3.700 €. Fer­ner zog es den Ent­las­tungs­be­trag für Al­lein­er­zie­hende gem. § 24b EStG i.H.v. rd. 1.300 € von der Summe der Einkünfte ab.

Das FG wies die Klage, mit der die Kläge­rin ne­ben der An­wen­dung des Split­ting-Ver­fah­rens (§ 32a Abs. 5 EStG) u.a. den Ab­zug ih­rer Krank­heits­kos­ten i.H.v. rd. 1.500 € ohne Ab­zug ei­ner zu­mut­ba­ren Be­las­tung als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung (§ 33 EStG) be­gehrte, ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu­tref­fend ent­schie­den, dass das zu ver­steu­ernde Ein­kom­men der Kläge­rin dem sog. Grund­ta­rif zu un­ter­wer­fen ist und die außer­gewöhn­li­chen Be­las­tun­gen um die zu­mut­bare Be­las­tung zu ver­min­dern sind; die je­wei­li­gen Re­ge­lun­gen sind ver­fas­sungs­recht­lich un­be­denk­lich.

Das Fi­nanz­amt hat die Ein­kom­men­steuer der Kläge­rin für das Streit­jahr zu Recht nach dem in § 32a Abs. 1 EStG nor­mier­ten Ein­kom­men­steu­er­ta­rif und nicht nach dem Split­ting-Ver­fah­ren fest­ge­setzt. Das zu ver­steu­ernde Ein­kom­men un­be­schränkt steu­er­pflich­ti­ger natürli­cher Per­so­nen ist grundsätz­lich der ta­rif­li­chen Ein­kom­men­steuer (§ 32a Abs. 1 EStG) - sog. Grund­ta­rif - zu un­ter­wer­fen. Die ta­rif­li­che Ein­kom­men­steuer ist da­ge­gen nach dem Split­ting-Ver­fah­ren (§ 32a Abs. 5 EStG) zu er­mit­teln, wenn Ehe­gat­ten oder ein­ge­tra­gene Le­bens­part­ner (§ 2 Abs. 8 EStG) nach den §§ 26, 26b EStG zu­sam­men­ver­an­lagt wer­den und da­her das ad­dierte Ein­kom­men zweier Steu­er­pflich­ti­ger der Be­steue­rung un­ter­wor­fen ist.

Die Kläge­rin erfüllt die ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen zur An­wen­dung des Split­ting-Ver­fah­rens nicht, da sie we­der mit einem Ehe­gat­ten noch mit ei­ner Le­bens­part­ne­rin zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt wird und ihr Ehe­gatte auch nicht im Vor­jahr ver­stor­ben war. Der Se­nat hat be­reits im Aus­set­zungs­ver­fah­ren ent­schie­den, dass keine ernst­li­chen Zwei­fel daran be­ste­hen, dass die al­lein er­zie­hende Kläge­rin vom Split­ting-Ver­fah­ren aus­ge­schlos­sen ist (BFH 17.10.2012, III B 68/12). Ein An­spruch Al­lein­er­zie­hen­der auf An­wen­dung des Split­ting-Ver­fah­rens er­gibt sich we­der aus dem aus Art. 3 GG ab­zu­lei­ten­den Prin­zip der Be­steue­rung nach der wirt­schaft­li­chen Leis­tungsfähig­keit noch un­ter Berück­sich­ti­gung des Schutz­be­reichs des Art. 6 Abs. 1 GG.

Das FG hat auch zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass die außer­gewöhn­li­chen Be­las­tun­gen der Kläge­rin nur zu berück­sich­ti­gen sind, so­weit sie die zu­mut­bare Be­las­tung über­stei­gen. Ty­pi­sche und un­mit­tel­bare Krank­heits­kos­ten wer­den als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung gem. § 33 Abs. 1 EStG vom Ge­samt­be­trag der Einkünfte ab­ge­zo­gen, ohne dass die Zwangsläufig­keit die­ser Auf­wen­dun­gen dem Grunde oder der Höhe nach geprüft wird; ihre Zwangsläufig­keit aus tatsäch­li­chen Gründen und ihre An­ge­mes­sen­heit und Not­wen­dig­keit im Ein­zel­fall wer­den wie ihre Außer­gewöhn­lich­keit un­wi­der­leg­lich un­ter­stellt.

Nach § 33 Abs. 3 EStG hängt die zu­mut­bare Be­las­tung von der Höhe der Einkünfte, der An­wen­dung des Grund- oder des Split­ting-Ver­fah­rens so­wie der Zahl der zu berück­sich­ti­gen­den Kin­der ab; sie beträgt zwi­schen 1 % und 7 % des Ge­samt­be­trags der Einkünfte. Zwi­schen den Be­tei­lig­ten ist zu Recht nicht strei­tig, dass die Krank­heits­kos­ten der Kläge­rin ihre nach § 33 Abs. 3 EStG er­mit­telte zu­mut­bare Be­las­tung nicht über­stei­gen. Der BFH hat mit Ur­teil vom 2.9.2015 (VI R 32/13) ent­schie­den, dass es von Ver­fas­sungs we­gen nicht ge­bo­ten sei, bei der ein­kom­men­steu­er­recht­li­chen Berück­sich­ti­gung von Krank­heits­kos­ten auf den An­satz der zu­mut­ba­ren Be­las­tung zu ver­zich­ten. Dem schließt sich der Se­nat an 

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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