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Steuerberatung

Keine deutschen Steuerbescheinigungen durch ausländische Banken

Hessisches FG 16.5.2017, 4 K 2554/13

Dass die Aus­stel­lung von Steu­er­be­schei­ni­gun­gen in grenzüber­schrei­ten­den Sach­ver­hal­ten nicht von ausländi­schen Ban­ken er­teilt wer­den dürfen, er­gibt sich dar­aus, dass der na­tio­nale Ge­setz­ge­ber nicht be­rech­tigt ist, ausländi­sche Ban­ken zur Aus­stel­lung von Steu­er­be­schei­ni­gun­gen zu ver­pflich­ten.

Der Sach­ver­halt:
Bei der Kläge­rin han­delt es sich um eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, de­ren Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand die Ver­wal­tung ei­ge­nen Vermögens ist. Im Jahr 2008 hatte sie Ak­tien von an der Börse no­tier­ter Un­ter­neh­men (B-AG, C-AG, D-AG, E-AG und F-AG) er­wor­ben. Diese wur­den je­weils un­ter Ein­schal­tung ei­ner Mak­ler­firma im Xe­tra-Han­del cum Di­vi­dende er­wor­ben und über die G-AG als sog. zen­tra­len Kon­tra­hen­ten (CCP) ge­cle­art. Die Verkäufer der Ak­tien wa­ren der Kläge­rin nicht be­kannt. Der Ver­kauf durch die Kläge­rin er­folgte eben­falls wie­der über die Börse.

Die Ak­tien wur­den im Rah­men ei­ner Ver­wahr­kette ge­hal­ten. Die Kläge­rin nahm dafür die H. als de­potführende Bank in An­spruch. Diese wie­derum un­ter­hielt ein Konto bei der J., die als de­potführende Bank der H. die Ver­wal­tung der Börsen­ge­schäfte über­nahm. Die J. un­ter­hielt ein Konto bei der K-AG. Bei H. und J. han­delt es sich um ausländi­sche Ban­ken und bei der K-AG um eine deut­sche Bank. Im Streit­jahr 2008 un­ter­hielt we­der die H. noch die J. eine deut­sche Zweig­nie­der­las­sung oder eine deut­sche Be­triebsstätte.

Die Ak­tien wur­den einen Tag vor dem Tag der Haupt­ver­samm­lung oder in einem Fall am Tag der Haupt­ver­samm­lung ge­kauft. Die Kläge­rin er­hielt Di­vi­den­den­zah­lun­gen un­ter Ab­zug der von den Emit­ten­ten ein­be­hal­te­nen Ka­pi­tal­er­trag­steuer und dem ein­be­hal­te­nen So­li­da­ritätszu­schlag zur Ka­pi­tal­er­trag­steuer oder Di­vi­den­den­er­satz­zah­lun­gen. Die Aus­zah­lung der Net­to­di­vi­dende bzw. des Di­vi­den­den­er­satz­an­spru­ches er­folgte über K-AG an die J., die diese wie­derum an die H. wei­ter­lei­tete, die ab­schließend als de­potführende Bank der Kläge­rin an diese aus­zahlte. Die H. stellte der Kläge­rin im Jahr 2009 Steu­er­be­schei­ni­gun­gen aus, in de­nen die Höhe der Brut­to­di­vi­den­den und die gel­tend ge­mach­ten An­rech­nungs­beträge aus­ge­wie­sen wur­den.

Im Rah­men der Ver­an­la­gung zur Körper­schaft­steuer wur­den die be­gehr­ten An­rech­nun­gen der Ka­pi­tal­er­trag­steuer und des So­li­da­ritätszu­schlags zur Ka­pi­tal­er­trag­steuer durch das Fi­nanz­amt nicht gewährt. Die Behörde be­rief sich da­bei auf § 45a Abs. 3 EStG. Die Kläge­rin war hin­ge­gen der An­sicht, dass die H. als de­potführende Bank der Kläge­rin zur Aus­stel­lung von Steu­er­be­schei­ni­gun­gen be­rech­tigt sei. Dies er­gebe sich aus der eu­ro­pa­recht­lich ga­ran­tier­ten Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit. Das FG wie die Klage je­doch ab.

Die Gründe:
Die von der Kläge­rin be­gehrte An­rech­nung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer konnte nicht vor­ge­nom­men wer­den, weil keine von einem inländi­schen Kre­dit­in­sti­tut oder einem inländi­schen Fi­nanz­dienst­leis­tungs­in­sti­tut aus­ge­stellte Steu­er­be­schei­ni­gung vor­ge­legt wor­den war. Die von der Kläge­rin vor­ge­leg­ten Steu­er­be­schei­ni­gun­gen wa­ren von der H. aus­ge­stellt, bei der es sich um eine ausländi­sche Bank han­delte, die im Streit­jahr auch keine Zweig­nie­der­las­sung im In­land un­ter­hal­ten hatte.

Die Re­ge­lung der §§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, 45a Abs. 3 EStG, wo­nach zur An­rech­nung eine von einem inländi­schen Kre­dit­in­sti­tut oder einem inländi­schen Fi­nanz­dienst­leis­tungs­in­sti­tut aus­ge­stellte Steu­er­be­schei­ni­gung vor­lie­gen muss, verstößt nicht ge­gen die eu­ro­pa­recht­lich ga­ran­tier­ten Grund­frei­hei­ten oder Ver­fas­sungs­recht. Es liegt ins­be­son­dere kein Ver­stoß ge­gen die gem. Art. 63 ff. AEUV ga­ran­tierte Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit vor. Weil vor­lie­gend je­den­falls der Recht­fer­ti­gungs­grund der Wirk­sam­keit der Steu­er­auf­sicht ein­greift, konnte der er­ken­nende Se­nat of­fen las­sen, ob eine ge­recht­fer­tigte Un­gleich­be­hand­lung ge­ge­ben ist oder be­reits eine Un­gleich­be­hand­lung zu ver­nei­nen ist.

Es kann nicht ver­langt wer­den, dass ausländi­sche Kre­dit­in­sti­tute die Be­fug­nis er­hal­ten, deut­sche Steu­er­be­schei­ni­gun­gen aus­zu­stel­len. Dass die Aus­stel­lung von Steu­er­be­schei­ni­gun­gen in grenzüber­schrei­ten­den Sach­ver­hal­ten wie dem vor­lie­gen­den nicht von ausländi­schen Ban­ken er­teilt wer­den dürfen, son­dern dafür nur die K-AG als inländi­sche Bank in Be­tracht kommt, er­gibt sich dar­aus, dass der na­tio­nale Ge­setz­ge­ber keine Rechts­macht hat, ausländi­sche Ban­ken bei Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen zur Aus­stel­lung von Steu­er­be­schei­ni­gun­gen zu ver­pflich­ten. An­de­ren­falls würde Deutsch­land in un­zulässi­ger Weise die Ter­ri­to­ria­litätsho­heit an­de­rer Mit­glieds­staa­ten ver­letz­ten. Ausländi­sche Ban­ken könn­ten vom inländi­schen Fis­kus auch nicht in Haf­tung ge­nom­men wer­den. Denn nur wenn eine Ver­pflich­tung zur Aus­stel­lung ei­ner zu­tref­fen­den Steu­er­be­schei­ni­gung be­steht, die durch fal­sche An­ga­ben ver­letzt wird, kommt eine Haf­tung in Be­tracht.

Es liegt aus den­sel­ben Gründen auch kein Ver­stoß ge­gen die (pas­sive) Dienst­leis­tungs­frei­heit gem. Art. 56 AEUV vor, so­weit diese ne­ben der hier schwer­punktmäßig ein­schlägi­gen Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit nach Art. 63 AEUV über­haupt an­wend­bar ist. Denn es ist der je­weils sach­ge­rech­te­ren Grund­frei­heit der Vor­rang ein­zuräumen. Das ist vor­lie­gend die Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit. Es verstößt aus den dar­ge­leg­ten Gründen auch nicht ge­gen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn ein im In­land ansässi­ger An­le­ger eine Steu­er­be­schei­ni­gung nicht von der im eu­ropäischen Aus­land ansässi­gen Bank, son­dern nur über die - von der ausländi­schen Bank be­auf­trag­ten - inländi­sche Bank er­hal­ten kann.

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