Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine steuerrechtlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG) vorliegen, wenn die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers in einer derart geringen Entfernung von der Familienwohnung belegen ist, so dass es zumutbar ist, diese arbeitstäglich von der Familienwohnung aus anzufahren. Der einfache Arbeitsweg des Klägers von seiner Familienwohnung zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte betrug hier 36 km. Dies führt zu einer Fahrzeit bei Pkw-Benutzung von max. einer Stunde und bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu einer Fahrzeit von durchschnittlich 1:05 bis 1:11 Stunden.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung im Streitjahr nicht vorlagen.
Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort müssen zwingend auseinanderfallen, denn nur dann ist der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG beschäftigt. Eine doppelte Haushaltsführung ist deshalb nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige - wie hier - in einer Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen einen Zweithaushalt führt und auch der vorhandene "eigene Hausstand" am Beschäftigungsort belegen ist. Denn dann fallen der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort nicht auseinander.
Es entspricht der langjährigen BFH-Rechtsprechung, den Begriff des Beschäftigungsorts weit auszulegen und darunter insbesondere nicht nur die nämliche politische Gemeinde, in der die erste Tätigkeitsstätte liegt, zu verstehen. Ein Arbeitnehmer wohnt auch dann am Beschäftigungsort i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG, wenn er in der Umgebung der politischen Gemeinde wohnt, in der sich seine Arbeitsstätte befindet, und von dort aus zur Arbeitsstätte fährt. Eine Wohnung dient dem Wohnen am Beschäftigungsort, wenn sie dem Arbeitnehmer ungeachtet von Gemeinde - oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen. Dies ist der Fall bei Wegezeiten von etwa einer Stunde.
Die Entscheidung darüber, ob die fragliche Wohnung so zur Arbeitsstätte gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Denn die Antwort darauf kann nur aufgrund der Berücksichtigung und Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls gegeben werden und ist insbesondere von den individuellen Verkehrsverbindungen und Wegezeiten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte abhängig; dabei ist naturgemäß die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein wesentliches, allerdings kein allein entscheidungserhebliches Merkmal.
Da das Gesetz eine Mindestentfernung zwischen Haupt und beruflicher Zweitwohnung nicht bestimmt, ist im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der sachverhaltsmäßigen Besonderheiten zu entscheiden, ob eine Wohnung am Beschäftigungsort vorliegt. Vorliegend waren diese Voraussetzungen aufgrund der geringen Entfernung und der guten und zumutbaren täglichen Erreichbarkeit des Beschäftigungsorts gegeben, so dass die Berücksichtigung von Kosten einer doppelten Haushaltsführung nicht in Betracht kam.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.