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Keine Dringlichkeitsvermutung im Urheberrecht

OLG München v. 2.2.2019, 29 U 3889/18

Die Dring­lich­keits­ver­mu­tung des § 12 Abs. 2 UWG fin­det im Ur­he­ber­recht keine An­wen­dung. Ein Ver­lag, der Kennt­nis da­von hat, dass auf einem In­ter­net­por­tal vor­wie­gend ur­he­ber­recht­lich ge­schützte Werke, u.a. Werke, an de­nen er die Rechte in­ne­hat, il­le­gal öff­ent­lich zugäng­lich ge­macht wer­den, und einem Vor­ge­hen ge­gen den Por­tal­be­trei­ber und/oder sei­nen Host­pro­vi­der jede Er­folgs­aus­sicht fehlt, verhält sich dring­lich­keits­schädlich, wenn er ge­gen den Ac­cess-Pro­vi­der nicht in­ner­halb ei­nes Mo­nats ab Er­lan­gung die­ser Kennt­nis den Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung be­an­tragt.

Der Sach­ver­halt:
Die An­trags­geg­ne­rin ist eine der größten sog. "Ac­cess-Pro­vi­de­rin­nen", d.h. An­bie­te­rin von In­ter­net­zugängen, in Deutsch­land. Die An­trag­stel­le­rin­nen sind welt­weit führende Wis­sen­schafts­ver­lage. Sie mach­ten ge­genüber der An­trags­geg­ne­rin Sper­rungs­an­sprüche gel­tend. So ver­lang­ten sie die Blo­ckie­rung be­stimm­ter Sei­ten, auf de­nen ihre ur­he­ber­recht­lich ge­schütz­ten Werke un­er­laubt veröff­ent­licht wa­ren. Die An­trag­stel­le­rin­nen wa­ren der Auf­fas­sung, dass ih­nen aus § 7 Abs. 4 TMG ana­log ein An­spruch auf Ver­hin­de­rung der Ver­mitt­lung des Zu­gangs zu den Diens­ten bzw. aus Störer­haf­tung ein An­spruch auf Un­ter­las­sung der Ver­mitt­lung des Zu­gangs zu den Diens­ten zu­stehe. Den An­spruch mach­ten sie im Wege des einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes gel­tend.

Die An­trags­geg­ne­rin war der Auf­fas­sung, dass die einst­wei­lige Verfügung schon man­gels Verfügungs­grund nicht zu er­las­sen sei. Die­ser An­sicht schloss sich auch das LG an und wies die Anträge auf Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung zurück. Auch die hier­ge­gen ge­rich­tete Be­ru­fung der An­trag­stel­le­rin­nen blieb vor dem OLG ohne Er­folg.

Die Gründe:
Das LG hat zu Recht an­ge­nom­men, dass es vor­lie­gend am Verfügungs­grund fehlt.

Die Dring­lich­keits­ver­mu­tung des § 12 Abs. 2 UWG fin­det im Ur­he­ber­recht keine An­wen­dung. Es fehlt ins­be­son­dere am Verfügungs­grund, weil die An­trag­stel­le­rin­nen da­durch, dass sie trotz Kennt­nis schon früherer Ver­let­zun­gen ih­rer Rechte hin­sicht­lich an­de­rer Werke durch die in Rede ste­hen­den Por­tale und schon länge­rer Kennt­nis vom Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen für die Sper­rung des Zu­gangs zu die­sen Por­ta­len, eine Sper­rung im Wege der einst­wei­li­gen Verfügung bis­her nicht be­an­tragt ha­ben. Da­mit ha­ben sie viel­mehr ge­zeigt, dass ih­nen die An­ge­le­gen­heit nicht dring­lich ist.

Ein Ver­lag, der Kennt­nis da­von hat, dass auf einem In­ter­net­por­tal vor­wie­gend ur­he­ber­recht­lich ge­schützte Werke, u.a. Werke, an de­nen er die Rechte in­ne­hat, il­le­gal öff­ent­lich zugäng­lich ge­macht wer­den, und einem Vor­ge­hen ge­gen den Por­tal­be­trei­ber und/oder sei­nen Host­pro­vi­der jede Er­folgs­aus­sicht fehlt, verhält sich dring­lich­keits­schädlich, wenn er ge­gen den Ac­cess-Pro­vi­der nicht in­ner­halb ei­nes Mo­nats ab Er­lan­gung die­ser Kennt­nis den Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung be­an­tragt. Die Dring­lich­keits­frist be­ginnt nicht mit der Kennt­nis der Ver­let­zung der Rechte hin­sicht­lich je­des neu öff­ent­lich zugäng­lich ge­mach­ten Werks neu zu lau­fen. Es ge­bie­tet auch we­der der ver­fas­sungs­recht­li­che Schutz des Ur­he­ber­rechts noch das Recht auf einen wirk­sa­men Rechts­be­helf, ih­nen diese Möglich­keit mit je­der neuen be­kannt wer­den­den Rechts­ver­let­zung er­neut zu eröff­nen.

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