deen

Steuerberatung

Keine Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nach additivem Teilmengentarif

FG Baden-Württemberg 18.7.2018, 7 K 1351/18

Der steu­er­pflich­ti­gen Er­werb gem. § 19 Abs. 1 ErbStG kann nicht nach Teil­men­gen­ta­ri­fen der je­wei­li­gen Ta­bel­len­stu­fen er­rech­net wer­den. Eine Ad­di­tion ver­schie­de­ner ver­wirk­lich­ter Teil­men­gen der Ta­bel­len­stu­fen ist in­so­weit nicht möglich.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger be­kam im Juli 2015 von sei­nem Va­ter einen Mit­ei­gen­tums­an­teil von 1/4 an zwei Grundstücken un­ent­gelt­lich über­tra­gen. Gemäß der ein­ge­reich­ten Schen­kungs­steu­er­erklärung und den vor­lie­gen­den Fest­stel­lun­gen des Grund­be­sitz­wer­tes be­steu­erte das Fi­nanz­amt den Er­werb und setzte un­ter Berück­sich­ti­gung ei­nes Vor­er­werbs Schen­kung­steuer i.H.v. rd. 27.000 € fest.

 

Ge­gen diese Fest­set­zung wen­det sich der Kläger mit sei­ner Klage. Im Be­scheid über Schen­kung­steuer sei für den ge­sam­ten steu­er­pflich­ti­gen Er­werb i.H.v. 246.800 € der Steu­er­satz laut Ta­belle von 11 % an­ge­wandt wor­den. Die Ta­belle nach § 19 Abs. 1 ErbStG weise aber ein­deu­tig aus, dass für einen Er­werb bis ein­schließlich 75.000 € der Pro­zent­satz 7 % und für einen Er­werb im Be­reich zwi­schen 75.000 € bis ein­schließlich 300.000 € der Pro­zent­satz 11 % be­trage.

 

In ent­spre­chen­der An­wen­dung der Grundsätze des Ur­teils BFH vom 19.1.2017 (VI R 75/14) - er­gan­gen zur Be­rech­nung der zu­mut­ba­ren Be­las­tung i.S.d. § 33 EStG - sei die Schen­kung­steuer nach An­sicht des Kläger bei An­wen­dung des § 19 Abs. 1 ErbStG wie folgt fest­zu­set­zen:

(I) 75.000 € x 7 % = 5.250 €

(II) mul­ti­pli­ziere man an­schließend die Dif­fe­renz zwi­schen 246.800 € und 75.000 € = 171.800 € mit 11 %, er­gebe sich ein Er­geb­nis von 18.898 €. Die fest­zu­set­zende Schen­kung­steuer aus (I) und (II) be­laufe sich da­her ins­ge­samt auf 24.148 €.

 

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion zum BFH wurde nicht zu­ge­las­sen.

 

Die Gründe:

Das Fi­nanz­amt hat in nicht zu be­an­stan­den­der Weise auf den steu­er­pflich­ti­gen Er­werb von 246.800 € gem. § 19 Abs. 1 ErbStG den für die Steu­er­klasse I gülti­gen Ta­bel­len­steu­er­steu­er­satz von 11 v.H. an­ge­wen­det. Dar­aus er­gibt sich eine fest­zu­set­zende Schen­kung­steuer i.H.v. rd. 27.000 €.

 

Gem. § 19 Abs. 1 ErbStG wird die Erb­schaft- und Schen­kung­steuer gemäß der dort ab­ge­druck­ten Ta­belle nach un­ter­schied­li­chen Pro­zent­punk­ten er­ho­ben, die sich zum einen an der Steu­er­klasse, zum an­de­ren aber auch am Wert des steu­er­pflich­ti­gen Er­werbs nach § 10 ErbStG ori­en­tie­ren. Die Steu­er­ta­belle enthält einen sog. Voll­men­gen­staf­fel­ta­rif, der den ge­sam­ten steu­er­pflich­ti­gen Er­werb in vol­lem Um­fang mit dem sei­ner Wert­stufe als Ober­grenze ent­spre­chen­den Steu­er­satz er­fasst. Da­durch er­gibt sich das Pro­blem, dass bei einem nur ge­ringfügi­gen Über­schrei­ten der je­wei­li­gen Ober­grenze und der da­mit ein­her­ge­hen­den Erhöhung des Steu­er­sat­zes auf den ge­sam­ten steu­er­pflich­ti­gen Er­werb ein Pro­gres­si­ons­ef­fekt ein­tre­ten kann.

 

Um der­ar­tige ab­rupte Sprünge der Steu­er­be­las­tung im un­mit­tel­ba­ren Um­feld der je­wei­li­gen oberen Be­trags­gren­zen des § 19 Abs. 1 ErbStG ab­zu­mil­dern, hat der Ge­setz­ge­ber in § 19 Abs. 3 ErbStG einen Härteaus­gleich ge­schaf­fen. Die­ser soll si­cher­stel­len, dass beim nur ge­ringfügi­gen Über­schrei­ten ei­ner Wert­stufe die Mehr­steuer, die der höhere Steu­er­satz zur Folge hat, aus einem be­stimm­ten Vom­hun­dert­satz des die Wert­grenze über­stei­gen­den Be­trags des Er­werbs ge­deckt wer­den kann. Der Kläger kommt hier je­doch nicht in den Ge­nuss des Härteaus­gleichs des § 19 Abs. 3 ErbStG.

 

Er möchte hin­ge­gen er­rei­chen, dass bei ihm der steu­er­pflich­tige Er­werb nach § 19 Abs. 1 ErbStG nach einem Teil­men­gen­ta­rif der je­wei­li­gen Ta­bel­len­stufe er­rech­net wird und meh­rere ver­wirk­lichte Teil­men­gen der Ta­bel­len­stu­fen ad­diert wer­den, was zu ei­ner Steu­er­fest­set­zung i.H.v. 24.148 € führen würde (s.o.). Die ge­setz­li­che Aus­ge­stal­tung des Härteaus­gleichs des § 19 Abs. 3 ErbStG zeigt al­ler­dings, dass die Norm des § 19 Abs. 1 ErbStG eine Be­rech­nung nach dem Voll­men­gen­staf­fel­ta­rif vor­sieht. Es ist da­her bezüglich des steu­er­pflich­ti­gen Er­werbs nur auf die je­weils ein­schlägige eine Ta­bel­len­stufe ab­zu­stel­len und an­schließend die Härte­fallprüfung nach § 19 Abs. 3 ErbStG vor­zu­neh­men. Für eine Be­rech­nung nach dem vom Kläger be­gehr­ten ad­di­ti­ven Teil­men­gen­ta­rif gibt es im ErbStG keine ge­setz­li­che Grund­lage. Da­bei ist un­er­heb­lich, ob der Härteaus­gleich des § 19 Abs. 3 ErbStG die re­guläre Steu­er­be­las­tung nach § 19 Abs. 1 ErbStG be­grenzt hat oder nicht.

 

Link­hin­weis:

 

nach oben