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Keine erweiterte Kürzung für im Rahmen einer Betriebsaufspaltung überlassenen Grundbesitz

BFH 15.6.2016, I R 64/14

Ein Be­sitz-Ein­zel­un­ter­neh­men, das im Rah­men ei­ner Be­triebs­auf­spal­tung Grund­be­sitz an eine Be­triebs-Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ver­pach­tet, kann die er­wei­terte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auch dann nicht in An­spruch neh­men, wenn die Be­triebs-Ka­pi­tal­ge­sell­schaft vermögens­ver­wal­tend tätig ist. Selbst wenn in einem der­ar­ti­gen Fall die Be­triebs-Ka­pi­tal­ge­sell­schaft die Vor­aus­set­zun­gen für die In­an­spruch­nahme der er­wei­ter­ten Kürzung erfüllt, kommt eine An­wen­dung die­ser Kürzungs­vor­schrift auf das Be­sitz-Ein­zel­un­ter­neh­men im Wege ei­ner "Merk­malsüber­tra­gung" nicht in Be­tracht.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ver­pach­tet seit vie­len Jah­ren ein Grundstück an eine GmbH, de­ren Al­lein­ge­sell­schaf­te­rin sie ist. Die GmbH hat das Grundstück zunächst ei­gen­ge­werb­lich ge­nutzt. Später er­rich­tete sie auf dem Pacht­grundstück - so­wie auf einem un­mit­tel­bar an­gren­zen­den Grundstück, das ihr selbst gehört - meh­rere Büro- und La­ger­gebäude, die sie an Dritte zu ge­werb­li­chen Zwecken ver­mie­tet. Diese Gebäude wer­den - an­ders als der Grund und Bo­den - be­wer­tungs­recht­lich der GmbH zu­ge­rech­net. Zwi­schen den Be­tei­lig­ten ist un­strei­tig, dass sie im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum der GmbH ste­hen. Die GmbH nimmt die er­wei­terte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG in An­spruch.

Die Ver­pach­tungstätig­keit wurde zunächst als vermögens­ver­wal­tend be­han­delt. Ab 1978 nah­men die Be­tei­lig­ten an, es han­dele sich um eine Be­triebs­auf­spal­tung. Die Kläge­rin er­stellte in der Fol­ge­zeit ent­spre­chende Bi­lan­zen. Für das Jahr 1988 ver­trat das da­mals zuständige Fi­nanz­amt X. er­neut die Auf­fas­sung, die Kläge­rin sei - sinn­gemäß: von An­fang an - vermögens­ver­wal­tend tätig, da das Grundstück nicht für die be­son­de­ren Zwecke der GmbH her­ge­rich­tet wor­den sei. Eine steu­er­li­che Aus­wir­kung hatte dies - mit Aus­nahme der un­ter­blie­be­nen Fest­set­zung von Ge­wer­be­steuer für die­ses Jahr - nicht; ins­be­son­dere wurde kein Ent­nah­me­ge­winn er­mit­telt.

Die Be­triebsprüfun­gen für die Streit­jahre 1989 bis 2005 würdig­ten den Sach­ver­halt recht­lich er­neut da­hin­ge­hend, dass die Kläge­rin das Grundstück im Rah­men ei­ner Be­triebs­auf­spal­tung ver­pachte; der Prüfer nahm zum 1.1.1989 eine "Ein­lage" an, die er mit dem ak­tu­el­len Teil­wert be­wer­tete. Für die Jahre 1989 bis 2001 er­ließ das Fi­nanz­amt X., für die Jahre 2002 bis 2005 das be­klagte Fi­nanz­amt ent­spre­chende Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheide. Darin wur­den die er­mit­tel­ten Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb um die Ge­winn­aus­schüttun­gen aus den GmbH-An­tei­len, die eben­falls dem Be­triebs­vermögen des Be­sitz­un­ter­neh­mens der Kläge­rin zu­ge­ord­net wor­den wa­ren, ge­min­dert. Fer­ner wurde der Kläge­rin für die Jahre 1989 bis 2001, nicht aber für die Jahre 2002 bis 2005, die sog. "ein­fa­che" Kürzung für Grund­be­sitz gem. § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG gewährt.

Während des Ein­spruchs­ver­fah­rens wurde zwi­schen den Be­tei­lig­ten un­strei­tig, dass die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Be­triebs­auf­spal­tung erfüllt sind. Die Kläge­rin be­gehrte aber, in An­wen­dung der "er­wei­ter­ten" Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ih­ren ge­sam­ten ver­blei­ben­den Ge­wer­be­er­trag ge­wer­be­steu­er­frei zu stel­len, was das Fi­nanz­amt ver­wei­gerte. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage für die Streit­jahre 1989 bis 2001 vollständig und für die Streit­jahre 2002 bis 2005 zum über­wie­gen­den Teil ab.

Gründe:
Das FG und die Be­tei­lig­ten gin­gen im Aus­gangs­punkt zu Recht da­von aus, dass zwi­schen der Kläge­rin und der GmbH eine Be­triebs­auf­spal­tung be­steht. In sol­chen Fällen erfüllt das Be­sitz­un­ter­neh­men die Vor­aus­set­zun­gen für die In­an­spruch­nahme der er­wei­ter­ten Kürzung auch dann nicht, wenn die Be­triebs-Ka­pi­tal­ge­sell­schaft vermögens­ver­wal­tend tätig ist. Ent­schei­dend dafür ist, dass die per­so­nelle und sach­li­che Ver­flech­tung, die für eine Be­triebs­auf­spal­tung kenn­zeich­nend ist, den Rah­men der bloßen Vermögens­ver­wal­tung über­schrei­tet. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin hat der BFH die­sen Rechts­satz nicht nur in Be­zug auf sol­che Sach­ver­halte aus­ge­spro­chen, in de­nen die Be­triebs­ge­sell­schaft ori­ginär ge­werb­lich tätig war.

Eine Über­tra­gung ge­wer­be­steu­er­recht­lich güns­ti­ger Merk­male der Be­triebs-Ka­pi­tal­ge­sell­schaft - selbst wenn diese im Streit­fall die Vor­aus­set­zun­gen des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG erfüllen sollte - kommt bei der er­wei­ter­ten Kürzung nicht in Be­tracht. Ein Be­sitz-Ein­zel­un­ter­neh­men, das im Rah­men ei­ner Be­triebs­auf­spal­tung Grund­be­sitz an eine Be­triebs-Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ver­pach­tet, kann die er­wei­terte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auch dann nicht in An­spruch neh­men, wenn die Be­triebs-Ka­pi­tal­ge­sell­schaft vermögens­ver­wal­tend tätig ist. Selbst wenn in einem der­ar­ti­gen Fall die Be­triebs-Ka­pi­tal­ge­sell­schaft die Vor­aus­set­zun­gen für die In­an­spruch­nahme der er­wei­ter­ten Kürzung erfüllt, kommt eine An­wen­dung die­ser Kürzungs­vor­schrift auf das Be­sitz-Ein­zel­un­ter­neh­men im Wege ei­ner "Merk­malsüber­tra­gung" nicht in Be­tracht (Ab­gren­zung zu dem zu § 3 Nr. 20 GewStG er­gan­ge­nen Se­nats­ur­teil v. 29.3.2006, Az.:  X R 59/00).

In­fol­ge­des­sen konnte im vor­lie­gen­den Fall of­fen blei­ben, ob der GmbH diese Begüns­ti­gung über­haupt zu Recht gewährt wor­den war. Al­ler­dings hat die Kläge­rin An­spruch auf die An­wen­dung der ein­fa­chen Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG. Da das Fi­nanz­amt für die Streit­jahre 2002 bis 2005 auch die­sen Kürzungs­be­trag nicht berück­sich­tigt hatte, war die Klage in die­sem Um­fang er­folg­reich.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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