Der Sachverhalt:
Am 9.1.2002 beauftragte der Kläger, der beruflich mit Wertpapieren und Derivaten handelt, die beklagte Bank als Kommissionärin mit dem Kauf zweier von der S emittierter Optionsscheine. Die Beklagte erwarb daraufhin für den Kläger über die EUWAX Broker AG bei der Wertpapierbörse Stuttgart um 15.35 Uhr 20.000 Stück ERGO-Call-Optionsscheine mit der WKN 753409 zu je 0,84 € und um 15.36 Uhr 50.000 Stück ERGO-Call-Optionsscheine mit der WKN 709562 zu je 0,20 €. Um 15.47 Uhr bestätigte ein Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge H, dem Kläger telefonisch die Kaufabschlüsse. Die Optionsscheine waren jeweils bezogen auf die Aktie der ERGO Versicherungsgruppe AG mit einer Laufzeit bis zum 22.3.2002 und einem Basispreis von 160 € bzw. 120 € bei einem Bezugsverhältnis von 50:1. Die vom Kläger gezahlten Kurse entsprachen den in den vorangegangenen Tagen veröffentlichten Kursen, die zwischen 0,80 € und 0,90 € bzw. zwischen 0,19 € und 0,24 € betragen hatten.
Der Kläger nahm zunächst die S als Emittentin der Optionsscheine auf Schadensersatz in Anspruch. In der Berufungsinstanz schloss er mit dieser einen Vergleich, in dem sich diese zur Zahlung von 220.000 € verpflichtete. Mit der Klage begehrt der Kläger von der Beklagten den Ersatz des weiteren ihm entstandenen Schadens, den er einschließlich Zinsen sowie Anwalts- und Gerichtskosten auf rd. 446.000 € beziffert, so dass er von der Beklagten unter Anrechnung der Vergleichssumme die Zahlung von rd. 226.000 € nebst Zinsen verlangt. Insoweit macht er geltend, dass die Stornierung der Kaufverträge unberechtigt gewesen sei, weil kein sog. Mistrade-Fall vorgelegen habe. Außerdem hafte ihm die Beklagte aus § 384 Abs. 3 HGB, weil sie ihm nicht zugleich mit der Ausführung der Kommission den Dritten namhaft gemacht habe, mit dem er das Geschäft abgeschlossen habe.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 384 Abs. 3 HGB zu Recht verneint.
Nach § 384 Abs. 3 HGB haftet der Kommissionär dem Kommittenten für die Erfüllung des Geschäfts, wenn er ihm nicht zugleich mit der Anzeige von der Ausführung der Kommission den Dritten namhaft macht, mit dem er das Geschäft abgeschlossen hat. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nach ihrem Wortlaut erfüllt. Zwischen den Parteien ist ein Kommissionsvertrag über die Beschaffung der streitgegenständlichen Optionsscheine zustande gekommen. Bei der am 9.1.2002 um 15.47 Uhr erfolgten telefonischen Mitteilung des Zeugen H über die Ausführung der beiden Geschäfte handelt es sich um eine Ausführungsanzeige i.S.d. § 384 Abs. 2 Halbs. 1 HGB. Danach war die Beklagte verpflichtet, dem Kläger als Kommittenten auch den Dritten, mit dem sie die Optionsgeschäfte abgeschlossen hatte, zu benennen. Dies ist nicht erfolgt.
Allerdings hat das OLG zutreffend angenommen, dass die Vorschrift des § 384 Abs. 3 HGB nach ihrem Sinn und Zweck vorliegend nicht anwendbar ist. Die Selbsthaftung des Kommissionärs nach § 384 Abs. 3 HGB soll den Kommittenten vor Spekulationen des Kommissionärs schützen, ihm nach der Anzeige der Ausführung des Geschäfts ohne Nennung des Dritten einen weniger leistungsfähigen Vertragspartner unterzuschieben oder das Geschäft mit dem leistungsfähigen Kontrahenten für sich oder einen anderen Kommittenten in Anspruch zu nehmen. Die Nennung des Dritten soll dem Kommissionär ermöglichen, eigenverantwortlich die Leistungsfähigkeit des Dritten zu überprüfen oder sich mit ihm in Verbindung zu setzen, um festzustellen, ob tatsächlich ein Ausführungsgeschäft zu den angezeigten Konditionen abgeschlossen worden ist.
Der Zweck des § 384 Abs. 3 HGB erschöpft sich damit darin, den Kommittenten so zu stellen, als habe der Kommissionär den Dritten benannt und ihm darüber den Vollzug des Geschäfts ermöglicht. Eine Haftung des Kommissionärs nach § 384 Abs. 3 HGB scheidet demnach etwa aus, wenn er von dem Geschäft hätte zurücktreten können oder ihm die Ausführung des Geschäfts unmöglich geworden ist. So liegt der Fall hier. Die Aufhebung der nicht marktgerechten Options-scheingeschäfte (sog. Mistrades) wird vom Schutzzweck des § 384 Abs. 3 HGB nicht erfasst. Die Stornierung wäre auch dann erfolgt, wenn die Beklagte dem Kläger den Dritten zugleich mit der Ausführungsanzeige vom 9.1.2002 namhaft gemacht hätte. Eine Besserstellung des Kommittenten im Vergleich zu dieser Rechtslage wird mit § 384 Abs. 3 HGB nicht bezweckt.
Dem steht nicht entgegen, dass bei der vorliegenden Fallkonstellation dem Kunden einer Bank erhebliche Vermögensschäden drohen, wenn er im Daytrading Gewinne sofort in neue Geschäfte investiert, dabei verliert und sodann das erste, gewinnbringende Geschäft als "Mistrade" rückabgewickelt wird. Der dadurch dem Kunden entstehende Schaden wird nicht von der Haftung aus § 384 Abs. 3 HGB erfasst. Vielmehr wird der Kommittent insoweit dadurch ausreichend geschützt, dass der Kommissionär in Erfüllung der ihm obliegenden Interessenwahrungspflicht nach § 384 Abs. 1 Halbs. 2 HGB in dem Ausführungsgeschäft einen dem § 122 BGB entsprechenden Schadensersatzanspruch zu vereinbaren hat.
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