In einem Sozialplan wurde - gestaffelt nach Länge der Betriebszugehörigkeit, Höhe des Bruttogehalts und Lebensalter - eine Abfindungssumme gebildet, die auf einen Höchstbetrag von 75.000 Euro gedeckelt wurde. Zusätzlich wurde bei Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage eine Klageverzichtsprämie gewährt. Ein mehr als 30 Jahre im Unternehmen beschäftigter, fast 60 Jahre alter Arbeitnehmer war von der „Kappung“ betroffen und klagte eine Abfindungserhöhung von rund 28.000 Euro brutto sowie die Klageverzichtsprämie von rund 27.000 Euro ein.
Das BAG gab ihm, anders als noch die beiden Vorinstanzen, teilweise Recht. Die Deckelung der Abfindung auf 75.000 Euro galt zwar für alle Arbeitnehmer, knüpfte also nicht unmittelbar an das Lebensalter an. Sie treffe aber wegen der beiden Faktoren Betriebszugehörigkeit und Alter in der Berechnungsformel typischerweise nur ältere Arbeitnehmer. Dennoch liege keine mittelbare Diskriminierung vor, da die Regelung das rechtmäßige Ziel nach den §§ 3 Abs. 2 Halbsatz 2, 10 Satz 1 AGG in Verbindung mit § 75 BetrVG verfolge, die zur Verfügung stehenden Mittel der Abwicklung gerecht zu verteilen. Auch sei sie geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, weil die Deckelung der Abfindung für die Alterskohorte der 51- bis 60-jährigen Arbeitnehmer erst eine Verteilung auch an die jüngeren Beschäftigten ermögliche.
Der Höchstbetrag betrifft laut BAG aber nicht die Klageverzichtsprämie. Die Auslegung der Vereinbarung ergebe, dass die Prämie extra geleistet und nicht von der „Kappung“ erfasst werden solle. Damit bekam der Arbeitnehmer neben den 75.000 Euro noch die Klageverzichtsprämie über rund 27.000 Euro zugesprochen.
Hinweis: Das BAG hat mit diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach Klageverzichtsprämien nicht aus dem „Sozialplantopf“ bezahlt werden durften. Die Betriebsparteien verfügen über ein Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung, inwieweit wirtschaftliche Nachteile der Arbeitnehmer abgemildert werden sollen. Daher dürfen die „an sich“ für einen Sozialplan zur Verfügung stehende Gelder auch für gesonderte Klageverzichtsprämien eingesetzt werden.