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Steuerberatung

Keine Nachholbarkeit von früher unterlassener Einlage

BFH v. 17.6.2019 - IV R 19/16

Wer­den Son­der­be­triebs­aus­ga­ben, die aus pri­va­ten Mit­teln be­strit­ten wur­den, im Jahr der Ent­ste­hung des Auf­wands nicht berück­sich­tigt, kommt eine er­folgs­wirk­same Nach­ho­lung in einem Fol­ge­jahr nach den Grundsätzen des for­mel­len Bi­lan­zen­zu­sam­men­hangs nicht in Be­tracht. Die Grundsätze des for­mel­len Bi­lan­zen­zu­sam­men­hangs können keine Grund­lage dafür sein können, einen im Vor­jahr zu Un­recht un­ter­blie­be­nen Aus­weis ei­ner Ein­lage nach­zu­ho­len.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine KG, die eine So­lar­an­lage be­treibt und ih­ren Ge­winn durch Be­triebs­vermögens­ver­gleich er­mit­telt. Ihre Kom­ple­mentärin ist die P-GmbH. Kom­man­di­tis­ten der Kläge­rin wa­ren ur­sprüng­lich je zur Hälfte die Bei­ge­la­dene und ihr da­ma­li­ger Ehe­mann (E). Eben­falls zu je 50 % hiel­ten die Bei­ge­la­dene und E die An­teile an der P-GmbH. Ge­schäftsführer der P-GmbH war ur­sprüng­lich E.

Als die Bei­ge­la­dene da­von er­fah­ren hatte, dass E sich, ohne einen Ge­sell­schaf­ter­be­schluss her­bei­geführt zu ha­ben, von der Kläge­rin ein Dar­le­hen über 50.000 € gewährt, ein auch von ihm pri­vat ge­nutz­tes Fahr­zeug ge­least und der Bei­ge­la­de­nen die Ein­sicht­nahme in die Buch­hal­tung der Kläge­rin ver­wei­gert hatte, be­auf­tragte sie die Rechts­an­walts­so­zietät LLP mit der Wahr­neh­mung ih­rer Rechte. Nach­dem die Ehe im No­vem­ber 2008 ge­schie­den wor­den war, er­warb die Bei­ge­la­dene im Juni 2009 den Kom­man­dit­an­teil des E an der Kläge­rin so­wie des­sen Ge­schäfts­an­teil an der P-GmbH und wurde Ge­schäftsführe­rin der P-GmbH.

Die LLP stellte der Bei­ge­la­de­nen im Jahr 2008 Rech­nun­gen für Leis­tun­gen be­tref­fend den Zeit­raum März 2008 bis No­vem­ber 2008 aus. Die ab­ge­rech­ne­ten Leis­tun­gen stan­den im Zu­sam­men­hang mit der Wahr­neh­mung von Ge­sell­schaf­ter­rech­ten bei der Kläge­rin wie auch der Kom­ple­mentär-GmbH. Die Bei­ge­la­dene be­glich die Rech­nungs­beträge noch im Jahr 2008 aus ih­ren pri­va­ten Mit­teln. Fortan stritt die Kläge­rin mit dem Fi­nanz­amt darüber, ob als Son­der­be­triebs­aus­ga­ben ent­stan­dene Rechts­be­ra­tungs­kos­ten nach den Grundsätzen des for­mel­len Bi­lan­zen­zu­sam­men­hangs noch im Fol­ge­jahr 2009 berück­sich­tigt wer­den können. Der BFH hat dies ausdrück­lich ver­neint.

Gründe:
Die noch strei­ti­gen Auf­wen­dun­gen der Bei­ge­la­de­nen für Rechts­be­ra­tung des Jah­res 2008 wa­ren nicht im Streit­jahr ge­winn­min­dernd zu berück­sich­ti­gen.

Bi­lan­zie­rungs­feh­ler sind grundsätz­lich und vor­ran­gig in der Bi­lanz des Wirt­schafts­jah­res zu be­rich­ti­gen, in dem es zu der feh­ler­haf­ten Bi­lan­zie­rung ge­kom­men ist. Liegt für das Jahr, in dem es zu der feh­ler­haf­ten Bi­lan­zie­rung ge­kom­men ist, be­reits ein Steu­er­be­scheid vor, der aus ver­fah­rens­recht­li­chen Gründen nicht mehr geändert wer­den kann, so ist nach dem Grund­satz des for­mel­len Bi­lan­zen­zu­sam­men­hangs der un­rich­tige Bi­lanz­an­satz grundsätz­lich in der ers­ten Schluss­bi­lanz rich­tig zu stel­len, in der dies un­ter Be­ach­tung der für den Ein­tritt der Be­stands­kraft und der Verjährung maßgeb­li­chen Vor­schrif­ten möglich ist.

Der for­melle Bi­lan­zen­zu­sam­men­hang durch­bricht nicht die Be­stands­kraft der Ver­an­la­gung des Feh­ler­jah­res. Der Bi­lan­zie­rungs­feh­ler wird viel­mehr un­ter Be­ach­tung der Zwei­schnei­dig­keit der Bi­lanz (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB: Bi­lan­zi­den­tität zwi­schen End­vermögen des Wirt­schafts­jah­res und An­fangs­vermögen des Fol­ge­jah­res) so­wohl im In­ter­esse ei­nes zu­tref­fen­den pe­rio­denüberg­rei­fen­den Ge­samt­ge­winns als auch im In­ter­esse der Prak­ti­ka­bi­lität in die Fol­ge­jahre trans­por­tiert und dort - un­ter Wah­rung der ver­fah­rens­recht­li­chen Schran­ken für den Er­lass von Steuer - und Steuerände­rungs­be­schei­den - kor­ri­giert.

In­fol­ge­des­sen kam im vor­lie­gen­den Fall die Berück­sich­ti­gung der streit­be­fan­ge­nen, 2008 an­ge­fal­le­nen An­walts­kos­ten im Streit­jahr 2009 nicht in Be­tracht. Zwar war die bi­lan­zi­elle Be­hand­lung der strei­ti­gen An­walts­kos­ten im Jahr 2008 feh­ler­haft. Dies hatte sich je­doch zum Ende des Wirt­schafts­jah­res 2008 nicht in einem feh­ler­haf­ten Bi­lanz­pos­ten nie­der­ge­schla­gen. Denn die Kläge­rin hatte die An­walts­kos­ten nicht in ih­rer Buch­hal­tung, Steu­er­bi­lanz und Fest­stel­lungs­erklärung für das Jahr 2008 als Son­der­be­triebs­aus­ga­ben er­fasst.

Rich­ti­ger­weise hätte im Jahr 2008 zunächst eine Ver­bind­lich­keit ge­genüber der Rechts­an­walts­ge­sell­schaft im Son­der­be­triebs­vermögen der Ge­sell­schaf­te­rin pas­si­viert und der Auf­wand als Son­der­be­triebs­aus­gabe er­fasst wer­den müssen. Die Ver­bind­lich­keit ist dann durch Zah­lung in Ge­stalt ei­ner Ein­lage noch vor dem Bi­lanz­stich­tag 31.12.2008 er­lo­schen, denn die Ge­sell­schaf­te­rin hatte die For­de­run­gen noch im Jahr 2008 mit Mit­teln aus ih­rem Pri­vat­vermögen erfüllt. Zum Bi­lanz­stich­tag 31.12.2008 - also in der Schluss­bi­lanz des Vor­jah­res - war da­nach aus die­sem Vor­gang kein Wirt­schafts­gut mehr zu bi­lan­zie­ren.

Die Grundsätze des for­mel­len Bi­lan­zen­zu­sam­men­hangs können keine Grund­lage dafür sein können, einen im Vor­jahr zu Un­recht un­ter­blie­be­nen Aus­weis ei­ner Ein­lage nach­zu­ho­len. In die­sem Fall käme es nicht we­gen der Zwei­schnei­dig­keit der Bi­lanz zur Nach­ho­lung ei­nes Bi­lanz­an­sat­zes, son­dern zur Nach­ho­lung des rich­ti­gen Un­ter­schieds­be­trags als Sal­do­pos­ten der Ge­winn­er­mitt­lung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und Teil des aus­zu­wei­sen­den Ei­gen­ka­pi­tals. Eine so weit­ge­hende Außer­acht­las­sung der rich­ti­gen zeit­li­chen Zu­ord­nung des er­mit­tel­ten Ge­winns ist - zu­las­ten wie auch zu­guns­ten des Steu­er­pflich­ti­gen - nicht mit dem Grund­satz des for­mel­len Bi­lan­zen­zu­sam­men­hangs zu begründen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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