Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine KG, die eine Solaranlage betreibt und ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Ihre Komplementärin ist die P-GmbH. Kommanditisten der Klägerin waren ursprünglich je zur Hälfte die Beigeladene und ihr damaliger Ehemann (E). Ebenfalls zu je 50 % hielten die Beigeladene und E die Anteile an der P-GmbH. Geschäftsführer der P-GmbH war ursprünglich E.
Als die Beigeladene davon erfahren hatte, dass E sich, ohne einen Gesellschafterbeschluss herbeigeführt zu haben, von der Klägerin ein Darlehen über 50.000 € gewährt, ein auch von ihm privat genutztes Fahrzeug geleast und der Beigeladenen die Einsichtnahme in die Buchhaltung der Klägerin verweigert hatte, beauftragte sie die Rechtsanwaltssozietät LLP mit der Wahrnehmung ihrer Rechte. Nachdem die Ehe im November 2008 geschieden worden war, erwarb die Beigeladene im Juni 2009 den Kommanditanteil des E an der Klägerin sowie dessen Geschäftsanteil an der P-GmbH und wurde Geschäftsführerin der P-GmbH.
Die LLP stellte der Beigeladenen im Jahr 2008 Rechnungen für Leistungen betreffend den Zeitraum März 2008 bis November 2008 aus. Die abgerechneten Leistungen standen im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Gesellschafterrechten bei der Klägerin wie auch der Komplementär-GmbH. Die Beigeladene beglich die Rechnungsbeträge noch im Jahr 2008 aus ihren privaten Mitteln. Fortan stritt die Klägerin mit dem Finanzamt darüber, ob als Sonderbetriebsausgaben entstandene Rechtsberatungskosten nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs noch im Folgejahr 2009 berücksichtigt werden können. Der BFH hat dies ausdrücklich verneint.
Gründe:
Die noch streitigen Aufwendungen der Beigeladenen für Rechtsberatung des Jahres 2008 waren nicht im Streitjahr gewinnmindernd zu berücksichtigen.
Bilanzierungsfehler sind grundsätzlich und vorrangig in der Bilanz des Wirtschaftsjahres zu berichtigen, in dem es zu der fehlerhaften Bilanzierung gekommen ist. Liegt für das Jahr, in dem es zu der fehlerhaften Bilanzierung gekommen ist, bereits ein Steuerbescheid vor, der aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden kann, so ist nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs der unrichtige Bilanzansatz grundsätzlich in der ersten Schlussbilanz richtig zu stellen, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der Bestandskraft und der Verjährung maßgeblichen Vorschriften möglich ist.
Der formelle Bilanzenzusammenhang durchbricht nicht die Bestandskraft der Veranlagung des Fehlerjahres. Der Bilanzierungsfehler wird vielmehr unter Beachtung der Zweischneidigkeit der Bilanz (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB: Bilanzidentität zwischen Endvermögen des Wirtschaftsjahres und Anfangsvermögen des Folgejahres) sowohl im Interesse eines zutreffenden periodenübergreifenden Gesamtgewinns als auch im Interesse der Praktikabilität in die Folgejahre transportiert und dort - unter Wahrung der verfahrensrechtlichen Schranken für den Erlass von Steuer - und Steueränderungsbescheiden - korrigiert.
Infolgedessen kam im vorliegenden Fall die Berücksichtigung der streitbefangenen, 2008 angefallenen Anwaltskosten im Streitjahr 2009 nicht in Betracht. Zwar war die bilanzielle Behandlung der streitigen Anwaltskosten im Jahr 2008 fehlerhaft. Dies hatte sich jedoch zum Ende des Wirtschaftsjahres 2008 nicht in einem fehlerhaften Bilanzposten niedergeschlagen. Denn die Klägerin hatte die Anwaltskosten nicht in ihrer Buchhaltung, Steuerbilanz und Feststellungserklärung für das Jahr 2008 als Sonderbetriebsausgaben erfasst.
Richtigerweise hätte im Jahr 2008 zunächst eine Verbindlichkeit gegenüber der Rechtsanwaltsgesellschaft im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafterin passiviert und der Aufwand als Sonderbetriebsausgabe erfasst werden müssen. Die Verbindlichkeit ist dann durch Zahlung in Gestalt einer Einlage noch vor dem Bilanzstichtag 31.12.2008 erloschen, denn die Gesellschafterin hatte die Forderungen noch im Jahr 2008 mit Mitteln aus ihrem Privatvermögen erfüllt. Zum Bilanzstichtag 31.12.2008 - also in der Schlussbilanz des Vorjahres - war danach aus diesem Vorgang kein Wirtschaftsgut mehr zu bilanzieren.
Die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs können keine Grundlage dafür sein können, einen im Vorjahr zu Unrecht unterbliebenen Ausweis einer Einlage nachzuholen. In diesem Fall käme es nicht wegen der Zweischneidigkeit der Bilanz zur Nachholung eines Bilanzansatzes, sondern zur Nachholung des richtigen Unterschiedsbetrags als Saldoposten der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und Teil des auszuweisenden Eigenkapitals. Eine so weitgehende Außerachtlassung der richtigen zeitlichen Zuordnung des ermittelten Gewinns ist - zulasten wie auch zugunsten des Steuerpflichtigen - nicht mit dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs zu begründen.
Linkhinweis:
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